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Russland Ausschluss von Opposition und Wahlbeobachtern: Kreml baut Erfolgsgarantie in Duma-Wahl ein

Die nächste Duma soll Putins neue Verfassung und Amtszeit sichern. Vor der Wahl wurden unabhängige Kandidaten, Wahlbeobachter und Medien ausgesiebt.
12.09.2021 - 15:13 Uhr Kommentieren
Russland wählt Mitte September ein neues Parlament. Quelle: imago images/ITAR-TASS
Duma

Russland wählt Mitte September ein neues Parlament.

(Foto: imago images/ITAR-TASS)

Moskau Eine geleakte Tonaufnahme aus Russland konnte selbst die Zentrale Wahlkommission des Landes nicht ignorieren: Auf dem Mitschnitt ist zu hören, wie eine hochgestellte Beamtin in der Moskauer Satellitenstadt Koroljow ihre unterstellten Kollegen auffordert, ein Resultat von 42 bis 45 Prozent der Stimmen für die Kremlpartei „Einiges Russland“ sicherzustellen. Da alles „sauber aussehen“ müsse, dürften als Wahlbeobachter „nur unsere Leute“ den Urnengang überwachen.

Der Mitschnitt erzeugte ein solches Echo, dass die Behörden handeln mussten. Die Gebietsregierung dementierte, Vorgaben zum Wahlergebnis gemacht zu haben. Die Zentrale Wahlkommission bat die Justiz, den Fall zu untersuchen. Konsequenzen gibt es bislang nicht.

Was in Koroljow aufflog, ist prinzipiell überall in Russland möglich, da der Kreml selbst eine faire Abstimmung sabotiert und eine unabhängige Wahlbeobachtung erschwert. So haben die politischen Säuberungen im Vorfeld der Duma-Wahl, die vom 17. bis zum 19. September stattfindet, ein bis dato beispielloses Ausmaß angenommen. Kremlkritiker Alexej Nawalny wurde bereits zu Jahresbeginn weggesperrt, alle seine Organisationen für extremistisch erklärt.

Praktisch alle Kandidaten, die in irgendeiner Beziehung zum Oppositionellen standen, wurden von der Wahl ausgeschlossen. Das betrifft nicht nur enge Vertraute, sondern sogar gemäßigte Oppositionelle wie Lew Schlosberg oder Dmitri Gudkow, die kritisch zu Nawalny stehen, trotzdem aber seine Freilassung forderten. Gegen beide leiteten die Behörden unter verschiedenen Vorwänden Strafverfahren ein.

Anderen Bewerbern erkannte die Wahlkommission Unterstützerunterschriften ab oder fand ausländischen Besitz, wie beim kommunistischen Ex-Präsidentschaftskandidaten Pawel Grudinin. Teilweise reichte der Besitz von Apple-Aktien, um Kandidaten auszuschließen.

Behörden befürworten Onlinewahl

Seit April hat das Justizministerium 30 kritische Medien und Journalisten auf die Liste ausländischer Agenten gesetzt, um deren Arbeit zu behindern. Wahlbeobachter von der Nichtregierungsorganisation (NGO) „Golos“ wurden ebenfalls als „ausländische Agenten“ gebrandmarkt und aus den Wahllokalen verbannt. Andere Wahlbeobachter sind hilflos angesichts der nun drei Tage dauernden Abstimmung.

Der Kremlkritiker Alexej Nawalny wurde zu Jahresbeginn inhaftiert. Quelle: dpa
Kremlkritiker Alexej Nawalny

Der Kremlkritiker Alexej Nawalny wurde zu Jahresbeginn inhaftiert.

(Foto: dpa)

Zudem haben die russischen Behörden eine neue Methode entdeckt, um sich die Kontrolle über die Wahl zu sichern: Das Onlinewahlverfahren. Es kommt gerade in Moskau vermehrt zum Einsatz. Bürgermeister Sergej Sobjanin warb, es sei „schneller, bequem und zuverlässig“ und angesichts von Covid auch „das sicherste“ Verfahren.

1,5 Millionen oder 20 Prozent der Wähler sind in Moskau so schon registriert. Meist sind es Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes, oft von der Obrigkeit dazu gedrängt. Die Internetzeitung „Meduza“ berichtet unter Verweis auf einen Informanten aus der Präsidialverwaltung, die Onlinewahl diene der stärkeren Mobilisierung. Es könnten Oberärzte, Direktoren oder Verwaltungsleiter während der dreitägigen Abstimmung sehen, wer von ihren Krankenschwestern, Lehrern oder Angestellten bereits abgestimmt hat.

Ein hochrangiges Mitglied der Kremlpartei sprach gegenüber Meduza zynisch von einer „eleganten korporativen und administrativen Mobilisierung unter der Bezeichnung ,Stimme direkt am Computer des Kaderchefs deines Betriebs ab‘.“

Auch wenn es angeblich keine direkten Vorgaben gibt, wen die Angestellten wählen sollen, ist ziemlich klar, wie die Abstimmung unter so scharfer Kontrolle ausfällt. Zumal erhöht auch das Gerücht, dass die virtuellen Wahlergebnisse Abstimmenden konkret zugeordnet werden können, die Disziplin der Abstimmenden.

Bei der Moskauer Stadtratswahl 2019 hat die von Nawalnys Team entworfene Strategie „intelligente Abstimmung“ die Kremlpartei stark geschwächt. Die Strategie gilt der Bündelung aller oppositionellen Stimmen auf den im Wahlkreis jeweils stärksten Herausforderer des Kremls.

Damit sich dies nicht wiederholt, hat nun ein Gericht, die Suchmaschinen Yandex und Google dazu verdonnert, wegen angeblicher Copyright-Verstöße den Verweis auf die entsprechende Webseite in ihren Suchmaschinen zu sperren. Pikant: Das Copyright auf die „intelligente Abstimmung“ beantragte vor Gericht ausgerechnet eine Firma, die Schafsfelle verkauft.

Mehr: Warum Putins Abschottungskurs Russland schadet

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