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Soziale Medien Terrorgruppe oder Regierung? Die Machtübernahme der Taliban stellt Facebook und Twitter vor Probleme

Die neuen Machthaber in Kabul verbreiten ihre Propaganda über soziale Medien. Das bringt die amerikanischen Internetplattformen in Erklärungsnot.
25.08.2021 - 13:08 Uhr 1 Kommentar
Auf einer bemalten Wand in Kabul sind Zalmay Khalilzad (l.), Friedensgesandter aus Washington, und Mullah Abdul Ghani Baradar, Leiter der Taliban-Delegation, zu sehen. Quelle: dpa
Taliban verstärken ihre Propaganda

Auf einer bemalten Wand in Kabul sind Zalmay Khalilzad (l.), Friedensgesandter aus Washington, und Mullah Abdul Ghani Baradar, Leiter der Taliban-Delegation, zu sehen.

(Foto: dpa)

San Francisco Ihre gesellschaftspolitischen Vorstellungen gelten als mittelalterlich. Technologisch sind die Taliban jedoch inzwischen im 21. Jahrhundert angekommen. So konnten Nutzer des Kurznachrichtendiensts Twitter in aller Welt in den vergangenen Wochen den Vormarsch der Gotteskrieger quer durch Afghanistan bis zum Präsidentenpalast in Kabul verfolgen. Ihr Sprecher Zabihullah Mujahid veröffentlichte fast täglich Fotos, Videos und Botschaften des Feldzugs. Mujahid allein hat auf der Plattform mehr als 300.000 Follower. Seinem Glaubensbruder Suhail Shaheen folgen auf Twitter gar mehr als 350.000 Personen.

Kanäle wie diese sind für die Taliban ein wichtiges Instrument, um ihre Propaganda zu verbreiten, Anhänger zu rekrutieren und auch Spenden einzunehmen.
Doch bedeutet die vollständige Machtergreifung der Taliban in Afghanistan nun, dass Twitter und andere soziale Medien die neuen Machthaber in Kabul als neue Regierung bewerten und ihnen die Übernahme der offiziellen Kanäle der afghanischen Regierung zubilligen? Damit würde sich der Eindruck verstärken, dass es sich bei den Taliban um eine legitime Regierung handelt.

Und wie lange soll sich umgekehrt der ins Ausland geflohene Ashraf Ghani seinen fast eine Million Twitter-Anhängern noch als „President of the Islamic Republic of Afghanistan“ präsentieren dürfen? Die Entwicklungen in Afghanistan stellen die sozialen Netzwerke vor schwierige politische Grundsatzfragen. Die Antworten darauf fallen sehr unterschiedlich aus.

Das weltgrößte soziale Netzwerk Facebook stuft die Taliban weiterhin als Terrororganisation ein und verbietet alle Inhalte der Organisation oder ihrer Anhänger. Man verfolge die Entwicklungen in Afghanistan genau und suche die Plattform proaktiv nach Beiträgen, Fotos, Videos und anderen Inhalten zu den Taliban ab, teilte der Konzern mit. Auch behalte man sich vor, Inhalte zu löschen und Konten zu sperren. „Wir verfügen über ein Team von Experten zu Afghanistan, die Muttersprachler in Dari und Pashto sind und sich im lokalen Kontext auskennen. Sie helfen uns dabei, sich abzeichnende Probleme aufzuspüren und uns darüber zu alarmieren.“

Das Verbot der Taliban sei Teil der unternehmensinternen Richtlinien mit Blick auf gefährliche, unter Sanktionen stehende Organisationen, so Facebook. In der Frage, wer die offiziellen Konten der afghanischen Regierung kontrollieren darf, ist der Konzern allerdings noch unentschieden. Man werde abwarten, wie sich die Dinge entwickelten, hieß es.

Schwieriger ist der Umgang mit den Taliban für die Facebook-Tochter WhatsApp. Der Dienst verschlüsselt alle Nachrichten Ende-zu-Ende, die Plattform selbst hat keine Einblicke in die Inhalte und kann nicht nachvollziehen, wer hinter den Konten steckt. Bekanntlich nutzen die Kämpfer der Taliban jedoch besonders die WhatsApp-Dienste, um sich intern zu koordinieren und zu organisieren.

Taliban nicht auf US-Liste ausländischer Terrororganisationen

„Wir haben keinen Zugriff auf die Inhalte der privaten Chats von Nutzern“, sagte ein Sprecher von WhatsApp. „Wenn uns jedoch auffällt, dass eine mit Sanktionen belegte Person oder Organisation auf WhatsApp aktiv ist, werden wir aktiv.“ Mithilfe Künstlicher Intelligenz analysiere man die Namen von WhatsApp-Gruppen und die dazugehörigen Fotos und Profilbeschreibungen, um Kanäle der Taliban aufzuspüren.

Anders als Facebook duldet Twitter die Taliban auf seiner Plattform. Das rechtfertigt das Unternehmen damit, dass die USA die Organisation nicht als Terrorgruppe eingestuft haben. Tatsächlich führt das amerikanische Außenministerium die Taliban in Afghanistan nicht auf seiner berüchtigten Liste von ausländischen Terrororganisationen (Foreign Terrorist Organisations, FTO). Dennoch stehen die Gotteskrieger unter Sanktionen als „Global Terrorist Entity“ und werden seit 2002 als „speziell einzuordnende globale Terrororganisation“ (Specially Designated Global Terrorist Entity) eingestuft. Die Regierung Biden hat die Sanktionen erst jüngst noch einmal verschärft.

Diese Sondereinordnung führt zu der bizarren Situation, dass Facebook mit Verweis auf die amerikanische Regierung die Taliban von seiner Plattform verbannt – und Twitter mit einem ähnlichen Verweis die Taliban erlaubt. Auch die Videoplattform Youtube teilt mit, dass man sich in seinen Entscheiden auf die FTO-Liste des Außenministeriums stütze. Gleichzeitig hat Youtube in den vergangenen Tagen aber mehrere Konten von Taliban-Anhängern gesperrt.

„Die Taliban sind ein in gewisser Weise anerkannter Akteur auf der Ebene der internationalen Beziehungen“, sagte Mohammed Sinan Siyech der Nachrichtenagentur Reuters. Siyech forscht an der Universität Edinburgh zu Sicherheitsbeziehungen in Südasien. „Wenn man diese Anerkennung berücksichtigt, dann bringt es für Firmen wie Twitter und Facebook nun einmal Probleme mit sich, wenn sie subjektiv entscheiden, eine Gruppe von ihrer Plattform zu verweisen.“

Bei einer Pressekonferenz in Kabul führte das zu der abstrusen Situation, dass die Taliban Facebook öffentlich kritisierten: Die Plattform stelle sich zwar als Verteidiger der Redefreiheit dar, gleichzeitig unterdrücke man aber Informationen ausländischer Medien.

Mehr: Taliban ernennen offenbar Finanz- und Innenminister – UN: Berichte über Gruppenhinrichtungen

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1 Kommentar zu "Soziale Medien: Terrorgruppe oder Regierung? Die Machtübernahme der Taliban stellt Facebook und Twitter vor Probleme"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Ein weiterer Beweis dafür, dass Linke mit zweierlei Maß messen und einfach ungerecht denken:

    Während der ach so böse Trump gesperrt bleibt, machen die Taliban Twitter glücklich.

    Auf Facebook werden trotz BGH-Anteil selbst harmlose Beiträge und Konten von Konservativen weiter gelöscht und zensiert, Antifa und Taliban dürfen nach belieben beleidigen und hetzen.

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