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Unglück im Libanon SWP-Direktor Perthes: „Der Libanon leidet unter schlechter Führung“

Die politische Dauerkrise im Libanon hat zum tragischen Unglück beigetragen, sagt Volker Perthes, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik.
05.08.2020 - 19:35 Uhr 1 Kommentar
Prof. Dr. Volker Perthes (61) ist Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin. Quelle: SWP
Volker Perthes

Prof. Dr. Volker Perthes (61) ist Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin.

(Foto: SWP)

Berlin Durch die starke Explosion in Beirut, der Hauptstadt des Libanons, sind mindestens 135 Menschen getötet und über 5000 verletzt worden. Der Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik, Volker Perthes, hat selbst in Beirut gelebt. Perthes glaubt: Die Tragödie ist ein Symbol der politischen Krise.

Auch wirtschaftlich geht es dem Libanon schlecht. Grassierende Korruption führe dazu, dass Gesetze nicht eingehalten werden. „Auch wichtige Sicherheitsmaßnahmen werden offensichtlich ignoriert“, sagt der 61-Jährige. Hilfen, die nun von vielen Ländern angeboten wurden, sollten deshalb auch an die Bereitschaft zu Reformen geknüpft sein.

Lesen Sie hier das komplette Interview:

Herr Perthes, Sie haben in Beirut gelebt. Wie beurteilen Sie die Lage nach dem Unglück?
Einer meiner Freunde aus Beirut sagte mir heute Morgen, es sei eine große Tragödie und zeigt, wie schlecht der Libanon regiert werde. Dieser Eindruck wird bleiben, wenn die Scherben zusammengekehrt sind. Das Land leidet nicht nur unter einer Wirtschaftskrise und der Corona-Pandemie, sondern steckt in einer politischen Legitimationskrise.

Ist die schlechte Führung des Landes auch verantwortlich für das Unglück?
Ja, Korruption ist weitverbreitet und führt dazu, dass Gesetze nicht eingehalten werden. Auch wichtige Sicherheitsmaßnahmen werden offensichtlich ignoriert.

Was bedeutet die Tragödie für die Wirtschaft des Libanons?
Aktuell geht es um Soforthilfe. Das ist schwierig, weil das Land ökonomisch belastet und weder zahlungsfähig noch kreditwürdig ist. Das Gesundheitssystem war bereits vor der Explosion überlastet. Die Löhne der Menschen sinken, viele können sich weder Ärzte leisten noch ausreichend Lebensmittel besorgen. Jetzt sind auch noch große Teile des Hafens in Beirut zerstört, was die Importe erschwert.

Der Libanon beherbergt mehr als drei Millionen Flüchtlinge, die meisten aus Syrien. Werden die Menschen sich jetzt auf den Weg nach Europa machen?
Ich glaube nicht, dass es jetzt eine große Migrationswelle aus dem Libanon geben wird. Der Libanon bemüht sich seit einiger Zeit auch mit weniger freundlichen Maßnahmen, die syrischen Flüchtlinge zu einer Heimkehr zu bewegen. Andererseits halten viele syrische Flüchtlinge die Wirtschaft im Libanon am Laufen, weil sie zu sehr niedrigen Löhnen gerade den Kleinunternehmen helfen.

Was kann Europa jetzt tun, um dem Libanon zu helfen?
Die EU hat bereits Hilfe angeboten. Dabei geht es weniger um Geld als zum Beispiel um medizinische Hilfe. Die Vereinten Nationen sollten die internationale Hilfe koordinieren.

Wie lässt sich das Land langfristig stabilisieren?
Der Libanon verhandelt bereits mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der EU über ein längerfristiges Hilfsprogramm. Brüssel und der IWF haben dafür Reformanforderungen formuliert, die von der libanesischen Regierung akzeptiert werden. Nur sind sie bislang nicht umgesetzt worden, weshalb die IWF-Hilfe nun stockt.

Um was geht es dabei?
Es geht vor allem um eine bessere politische Führung des Landes. Um die Bekämpfung der Korruption, um zuverlässige Zolleinnahmen im Hafen von Beirut. Europa sollte deshalb nicht einfach Geld auf den Tisch legen, sondern dabei helfen, die notwendigen Reformen auf den Weg zu bringen.

Herr Perthes, vielen Dank für das Interview.

Mehr: Nach der Katastrophe im Hafen von Beirut muss sich das Land neu erfinden.

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1 Kommentar zu "Unglück im Libanon: SWP-Direktor Perthes: „Der Libanon leidet unter schlechter Führung“"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Es darf nur Geld aus Deutschland / Europa fließen, wenn sich an dem ganzen Staatswesen was ändert.
    Hier wäre in erster Linie der Iran gefordert - die Unterstützer der Hamas, wenn sie nicht selbst arge Probleme hätten.
    Ersthilfe für die menschliche Not und das Überleben - und dann Reformen gegen Geld.
    Sonst - sich nicht in die inneren Angelegenheiten des Libanon einmischen.
    Die Verantwortung ist klar. Wir können nur Angebote machen - entscheiden sollten die Menschen vor Ort.

    Die Flüchtlinge aus Syrien könnten - zumindest teilweise - zurückkehren. 90 % von Syrien sollen doch mittlerweile wieder befriedet sein.

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