Mobilfunkmesse Mobile World Congress in Barcelona wegen Coronavirus abgesagt
World Mobile Congress in Barcelona wegen Coronavirus abgesagt
Düsseldorf, Madrid, Frankfurt, London Seit 14 Uhr am Mittwoch hat der Branchenverband GSMA in diversen Krisensitzungen getagt. Sechs Stunden später stand die Entscheidung fest: Die weltweit größte Mobilfunkmesse, der Mobile World Congress (MWC) in Barcelona, findet in diesem Jahr wegen des Coronavirus nicht statt. Vorausgegangen waren der Entscheidung zahlreiche Absagen von Teilnehmern der Messe.
So hatten Intel, Facebook und AT&T ebenso wie Sony, LG und Vivo ihre Teilnahme abgeblasen und ihre Entscheidung damit begründet, dass sie ihre Mitarbeiter und Gäste nicht dem gesundheitlichen Risiko durch die Infektionskrankheit aussetzen wollten.
Die Messe war vom 24. bis 27. Februar geplant. Auch mehrere europäische Schwergewichte der Telekommunikationsbranche hatten sich entschlossen, auf einen Auftritt zu verzichten: So sagten am Mittwoch mit der Deutschen Telekom, Vodafone und der BT Group drei große Mobilfunkanbieter ab. Zudem machten der Netzausrüster Nokia und der Gerätehersteller HMD Global Rückzieher.
Bitkom-Präsident Achim Berg bedauerte die Absage: „Gerade in diesem Jahr wäre der Mobile World Congress besonders wichtig gewesen. Weltweit steht der Aufbau der 5G-Netze an. Technologie und Markt sind extrem stark in Bewegung, es geht um Milliardeninvestitionen. Für dieses Thema fehlt nun die wichtigste Plattform.“ Denn gehe sein Verband davon aus, „dass sich der Netzaufbau dadurch nicht signifikant verzögert.“
Der MWC ist die weltgrößte Mobilfunkmesse, der Verband GSMA erwartete in diesem Jahr ursprünglich mehr als 100.000 Besucher und mehr als 2800 Aussteller in Barcelona. Für die katalanische Hauptstadt ist die Veranstaltung ein wichtiger Wirtschaftsfaktor – der Effekt für das Gastgewerbe und andere Branchen wird von der Organisation auf knapp eine halbe Milliarde Euro geschätzt.
„Total vorbereitet“
Daher verbreitete die Politik zuletzt noch Zweckoptimismus. Bürgermeisterin Ada Colau versicherte am Mittwoch, die Stadt sei „total vorbereitet“, um die weltweit größte Mobilfunkmesse trotz des Coronavirus auszurichten. Sie verwies auf Wissenschaftler, die keinen Anlass für einen Notfall sähen. Ähnlich äußerte sich die spanische Regierung. Vizepräsidentin Teresa Ribera sagte, man solle wegen des Coronavirus nicht in Alarmismus verfallen.
Durch die nun beschlossene Absage könnte auch dem Veranstalter GSMA hoher wirtschaftlicher Schaden entstehen, berichtete die spanische Zeitung „La Vanguardia“. Wenn es nach Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation WHO in Spanien keine gesundheitliche Gefährdung gebe, müsse die Organisation den mehr als 2000 Unternehmen, die an der Messe teilnehmen, hohe Entschädigungen zahlen. Nur wenn die WHO ihre Einschätzung ändere, könne die GSMA bei Versicherungen Kosten zurückfordern.
Die #Telekom hat sich entschieden, in diesem Jahr nicht am MWC teilzunehmen. Die Entscheidung ist uns sehr schwergefallen. Die Gesundheit unserer Mitarbeiter und all unserer Gäste dort geht vor. Der MWC ist eine großartige Messe. Wir freuen uns schon heute auf den nächsten MWC.
— Deutsche Telekom AG (@deutschetelekom) February 12, 2020
Daher hatte der Verband bis zuletzt versucht, die Messe zu ermöglichen. Um Infektionen vorzubeugen, hatte er zusätzliche Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen angekündigt. Außerdem sollte allen Reisenden aus der chinesischen Krisenprovinz Hubei der Zugang verwehrt werden. Personen, die sich in China aufgehalten haben, müssen nachweisen, dass sie das Land vor mindestens 14 Tagen verlassen haben.
Die Zahl der Infizierten und Toten durch das Coronavirus steigt, weltweit haben sich mittlerweile 45.000 Menschen infiziert. Die Angst vor der Lungenkrankheit hat daher die internationale Messewirtschaft erfasst, auch außerhalb von China.
In Deutschland finden rund 60 Prozent der Weltleitmessen statt.
Die Volksrepublik ist mit jährlich rund 17.000 Ausstellern und rund 100.000 Besuchern hierzulande ein wichtiger Teilnehmer. Die Aussteller sorgen sich um ihre Mitarbeiter und Gäste: Angesichts der langen Inkubationszeit von bis zu 14 Tagen fallen Infektionen nicht direkt auf, Erkrankte können das Virus unwissentlich weitertragen.
So spürt die Anfang März stattfindende Tourismusmesse ITB in Berlin die Folgen des Virus, aber in einem deutlich geringeren Umfang als der MWC. „Bislang haben zwei chinesische Aussteller ihre Teilnahme abgesagt. Ein Großteil der chinesischen Messestände wird von Personal aus Europa oder Deutschland besetzt, sodass diese nicht von Absagen betroffen sind“, erklärte der für die ITB verantwortliche Manager David Ruetz. „Insgesamt ist der Anteil der Teilnehmer aus der Volksrepublik China gering“, ergänzte er.
Die Sicherheit der Besucher und Aussteller habe höchste Priorität. Vorbeugend sollen auf dem Messegelände zusätzliches medizinisches Fachpersonal und Notfallkräfte bereitgestellt werden. Die Sanitäreinrichtungen sollen zudem häufiger gereinigt und desinfiziert werden. Nach Angaben des Veranstalters ist die ITB mit 10.000 Ausstellern aus mehr als 180 Ländern ausgebucht.
Messen weltweit leiden
In Düsseldorf beginnt am Sonntag die Euroshop, die weltgrößte Fachmesse für den Einzelhandel. Von 353 chinesischen Ausstellern haben 42 ihre Teilnahme abgesagt. Insgesamt werden 2 300 Aussteller erwartet. „Wir gehen davon aus, dass einige Besucher nicht zur Euroshop kommen werden – ähnlich wie bei den Veranstaltungen anderer Messegesellschaften. Wir rechnen nicht mit größeren Rückgängen und erwarten mehr als 100.000 Besucher“, sagte Erhard Wienkamp, Operativer Geschäftsführer der Messe Düsseldorf.
Ihre Messebüros in Peking und Schanghai haben die Düsseldorfer wegen des Coronavirus vorerst geschlossen und die rund 70 Mitarbeiter ins Homeoffice geschickt.
Auch die am Mittwoch in Nürnberg gestartete Biofach, Weltleitmesse für Bio-Lebensmittel, und Vivaness, Internationale Fachmesse für Naturkosmetik, sind vom Coronavirus in Mitleidenschaft gezogen. 3 800 Aussteller aus mehr als 100 Ländern wurden erwartet. Doch von 73 angemeldeten Ausstellern aus China haben 31 kurzfristig storniert. Aussteller und Besucher seien durch ein Bündel an Maßnahmen geschützt, versichert die Messe Nürnberg.
Viele deutsche Messegesellschaften sind mit Ablegern im Ausland aktiv. Etliche mussten ihre Veranstaltungen in China bereits verschieben. Dazu zählen die Sportmesse Ispo in Peking der Messe München oder die Prolight + Sound in Guangzhou der Messe Frankfurt. Die Kölnmesse musste die Messe für Möbelfertigung Interzum in Guangzhou auf unbestimmte Zeit verschieben.
„Das Coronavirus ist höhere Gewalt“, stellt die Kölnmesse klar. „Somit können keine Schadensersatzansprüche, die durch die Verschiebung einer Messe für Aussteller, Veranstalter oder andere Betroffene entstehen, geltend gemacht werden.“
Fraglich ist auch, ob die Beijing Motor Show Ende April stattfinden kann. Auch Sportveranstaltungen sind betroffen. Jüngstes Beispiel: Wegen des Coronavirus hat die Rennserie Formel 1 den Grand Prix in Schanghai Mitte April abgesagt.
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