Vorstandsgehälter Trotz Milliardenverlust: Delivery-Hero-Chef ist Dax-Topverdiener

Der Delivery-Hero-Chef erhält ein Grundgehalt von 375.000 Euro – und millionenschwere Aktienoptionen.
Hamburg Delivery Hero ist der einzige Dax-Konzern, der noch nie Gewinn geschrieben hat. 1,4 Milliarden Euro Verlust fielen allein 2020 an. Dennoch gehört Vorstandschef Niklas Östberg zu den wohlhabendsten Dax-Managern. Gut 45 Millionen Euro flossen ihm 2020 aus seiner Tätigkeit zu. Grund dafür sind die Aktienoptionen, mit denen der Konzern seinen Mitgründer üppig ausstattet.
Dabei ist sein Grundgehalt vergleichsweise niedrig, wie der Geschäftsbericht zeigt. Es lag inklusive Nebenleistungen bei 375.000 Euro. Dazu erhielt Östberg noch eine variable Vergütung mit einer Laufzeit von vier Jahren. Diese macht vier Millionen Euro aus – und wird in Aktienoptionen ausgegeben.
Bemerkenswerter sind die älteren Aktienoptionen aus den Vorjahren, die Östberg 2020 ausübte. Sie brachten ihm im Jahr 2020 einen Mittelzufluss von insgesamt 45,7 Millionen Euro ein. Sein Finanzchef Emmanuel Thomassin kam immerhin noch auf 13,4 Millionen Euro. Zum Vergleich: Als bestverdienender Dax-Chef gilt ansonsten Post-Manager Frank Appel mit gut zehn Millionen Euro Einkünften.
Die Aktienoptionen für Östberg stammen aus einem Optionsprogramm zum Börsengang 2017. Damals ging Delivery Hero zum Ausgabepreis von 25,50 Euro an die Börse. Seitdem hat sich die Aktie auf aktuell gut 138 Euro mehr als verfünffacht. Damit hat das Optionsprogramm offensichtlich den Zweck erfüllt, den Vorstand auf Kurssteigerungen auszurichten. Weitere Aktienoptionen erhält Östberg seitdem regelmäßig im Rahmen seines Langfrist-Bonus.
Aktienoptionen sind in der Start-up-Welt beliebt. Sie ermöglichen es, Gründer und Fachkräfte mit der Aussicht auf spätere hohe Erlöse an das Unternehmen zu binden – selbst wenn sie anderswo mit weniger Risiko mehr Gehalt erhalten würden. Östberg ist als Mitgründer seit zehn Jahren mit dem Aufbau von Delivery Hero beschäftigt. Auch als Gesicht des Unternehmens ist der 40-jährige gebürtige Schwede wertvoll.
Gelingt Delivery Hero eine Gründergeschichte nach dem Vorbild von Amazon?
Für einen börsennotierten Konzern wie Delivery Hero sind Optionen als Bezahlung zudem kapitalschonend: Die Begünstigten können die Aktien in einem festgelegten Zeitraum zu einem definierten Preis kaufen. Meist halten Konzerne sowieso eigene Aktien, die sie dann ausgeben können – oder sie schaffen per Kapitalerhöhung neue.
Konkret übte Östberg im Jahr 2020 exakt 566.600 Optionen zu einem durchschnittlichen Ausübungspreis von 5,83 Euro aus. Er zahlte also gut 3,3 Millionen Euro und erhielt dafür Aktien, die ein Vielfaches davon wert sind. Diese hält er nicht komplett: Immer wieder taucht er in der Liste derjenigen Führungskräfte von Dax-Konzernen auf, die Aktien verkaufen.
Die Optionen, die Östberg 2020 als Langzeitanreiz neu erhielt, sind nicht ganz so lukrativ. Hier liegt der Ausübungspreis inzwischen im Schnitt bei 70,11 Euro – das spiegelt den stark gestiegenen Aktienkurs wider. Insgesamt hielt Östberg aus beiden Programmen Ende 2020 noch die Option auf knapp 700.000 Aktien. Nach aktuellem Kurs wäre das ein Aktienpaket von 96,37 Millionen Euro, für das Östberg rund 20 Millionen Euro einsetzen müsste. Er käme also auf eine Entlohnung von weiteren gut 76 Millionen Euro.
Doch das ist lediglich ein Rechenspiel: Tatsächlich ist er bis zur realen Ausübung den Risiken von Kursschwankungen ausgesetzt. Er muss die Optionen zudem eine bestimmte Zeit halten, ohne sie auszuüben – sonst wären sie ja kein Langzeitanreiz.
Für die Aktionäre ist also gut zu wissen: Östberg hat eine hohe Motivation, den Aktienkurs oben zu halten oder weiter zu steigern.
Das ist auch eine Sicherheitsmaßnahme für die Anleger. Schließlich bleibt Delivery Hero eine Wette auf die Zukunft. Der Konzern ist an die Börse gegangen, um sich über Kapitalerhöhungen immer wieder Geld für das teure Wachstum holen zu können. Auszahlen in Form von Dividenden, die aus Konzerngewinnen an die Aktionäre ausgeschüttet werden könnten, wird sich das womöglich erst in einigen Jahren.
Eines der Vorbilder bei dieser Langfriststrategie des deutschen Dax-Start-ups Delivery Hero: der Internetkonzern Amazon. Der Onlinehändler ist nach vielen verlustreichen Aufbaujahren inzwischen eine stabile Gewinnmaschine – und hat seinen Gründer Jeff Bezos zu einem der reichsten Menschen der Welt gemacht. Delivery Hero könnte seinen Kritikern beweisen, dass eine ähnliche Gründergeschichte auch in Deutschland gelingen kann – und dabei sogar den Dax antreibt.
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