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Bilanzcheck Merck scheint immun gegen Corona zu sein

Das krisenfeste Produktangebot hält Merck auf Kurs. Pharma, Biotech und Elektronik laufen gut – auch wenn einige Teilbereiche schwächeln.
28.05.2020 - 04:05 Uhr Kommentieren
Das Unternehmen ist auch in Corona-Zeiten stabil aufgestellt. Quelle: dpa
Merck-Chef Stefan Oschmann

Das Unternehmen ist auch in Corona-Zeiten stabil aufgestellt.

(Foto: dpa)

Frankfurt Eine neue Wachstumsphase nach dem eher schwachen Jubiläumsjahr 2018. So lautete die Prognose, die Merck-Chef Stefan Oschmann den Anteilseignern des Darmstädter Pharma- und Spezialchemiekonzerns vor zwei Jahren zur 350-Jahr-Feier des Unternehmens präsentierte. Zur Hauptversammlung 2020 kann er nun Vollzug melden – wenn auch in einem ganz anderen Umfeld als erwartet.

Und das hat nicht nur damit zu tun, dass sich die Aktionäre in diesem Jahr – wie bei den meisten Aktiengesellschaften – nur virtuell treffen. Auch operativ geht die Corona-Pandemie nicht völlig spurlos an Merck vorbei. Seine anfängliche Zuversicht für 2020 musste das Merck-Management nach unten korrigieren.

Insgesamt jedoch kann sich der Darmstädter Konzern in solider Verfassung präsentieren. Er hat 2019 operativ deutlich zugelegt und wird im laufenden Jahr wohl weiterwachsen, wenn auch weniger schwungvoll als ursprünglich erhofft.
Alles in allem trägt der akquisitionsgetriebene Umbau der letzten Jahre und die Ausrichtung auf innovative Geschäftsfelder in den Bereichen Pharma, Lifescience und Elektronikmaterialien Früchte für den Traditionskonzern. Merck ist insgesamt robuster geworden und hat sich fast durchweg in Segmenten positioniert, die langfristiges Wachstumspotenzial bieten.

Das signalisiert auch die relativ stabile Börsenperformance. Der Darmstädter Konzern, der zu 70 Prozent von der Gründerfamilie kontrolliert wird, gehört weiter zu den Gewinnern im Dax und wird inzwischen ähnlich hoch bewertet wie der Chemieriese BASF.

Gemessen an den letzten Prognosen dürfte der Umsatz von Merck im Coronajahr 2020 insgesamt um vier bis zehn Prozent und organisch leicht bis moderat wachsen. Ähnliche Trends zeichnen sich für den operativen Gewinn und den Cashflow ab.
Betrachtet man allein die Zahlen, die Merck für 2019 und das erste Quartal 2020 vorgelegt hat, könnte man den Konzern noch in einem weitaus steileren Aufschwung vermuten, der nun von der Coronakrise zusätzlich befeuert wird.

Immerhin weist Merck für das vergangene Jahr bei neun Prozent Umsatzplus eine Steigerung des operativen Gewinns (Ebit) um knapp 23 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro aus. Der um Sonderfaktoren bereinigte Betriebsgewinn vor Abschreibungen (Ebitda), die Ertragskennziffer, die das Merck-Management als zentralen Performance-Indikator betrachtet, verbesserte sich 2019 um 15 Prozent auf knapp 4,4 Milliarden Euro. Der operative Cashflow stieg um mehr als ein Viertel auf den Rekordwert von 2,8 Milliarden Euro.

Weit entfernt von Spitzenwerten

Im ersten Quartal 2020 folgte ein beschleunigtes Umsatzwachstum von 17 Prozent und eine Verbesserung des Ebitda um etwas mehr als ein Viertel. Doch diese Dynamik wird auch von Faktoren angetrieben, die über das Gesamtjahr kaum Bestand haben. So profitierte Merck im Pharmageschäft – ähnlich wie die gesamte Branche – davon, dass viele Abnehmer im Gesundheitssektor ihre Vorratshaltung verstärken. Das dürfte sich im Jahresverlauf egalisieren.

Ferner spielen auch Akquisitionseffekte eine Rolle, insbesondere die Übernahme der US-Spezialchemiefirma Versum Materials. Die Integration des Herstellers von Halbleiter-Materialien, der seit Anfang Oktober in den Abschluss von Merck einbezogen wird, steuerte 2019 rund 270 Millionen und im ersten Quartal 2020 mehr als 300 Millionen Euro Umsatz bei. Bereinigt um Akquisitions- und Währungseffekte legte der Konzern im letzten Jahr „nur“ um gut fünf Prozent und im ersten Quartal um 7,6 Prozent zu. Aber auch damit kann er sich im deutschen Industrieumfeld aktuell bestens sehen lassen.

Nach dem Kauf von Serono, Millipore, AZ Electronics und Sigma Aldrich repräsentiert die 5,8 Milliarden Euro schwere Versum-Übernahme die fünfte Großakquisition von Merck in zwölf Jahren. Hinzu kommen gewichtige F+E-Allianzen wie die Partnerschaft mit Pfizer für das Krebsmittel Bavencio sowie die Anfang 2019 mit Glaxo-Smithkline (GSK) besiegelte Kooperation zur Entwicklung des neuartigen Krebsimmun-Wirkstoffs Bintrafusp alfa.

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Wie schon in den Vorjahren hinterlässt die Deal-Aktivität auch 2019 ihre Spuren im Abschluss. Die im Vorjahr noch deutlich reduzierte Nettoverschuldung ist durch die Versum-Übernahme wieder kräftig, auf mehr als zwölf Milliarden Euro angestiegen.
In der Gewinnrechnung schlug sich der Zukauf durch höhere Integrationskosten und ein deutlich schwächeres Finanzergebnis nieder. Dem standen zusätzliche Erträge aus dem Deal mit GSK gegenüber. Die Abschlagszahlungen des britischen Konzerns besserten den operativen Gewinn um gut 90 Millionen Euro und den Cashflow um 300 Millionen Euro auf. Ertragsbelastend wirkte dagegen eine Abschreibung auf Forschungsprojekte, die man mit dem Biotechunternehmen F-Star verfolgt.

Die Entwicklung des Nettogewinns dagegen wird maßgeblich durch den hohen Veräußerungsgewinn von 2,6 Milliarden Euro beeinflusst, den Merck 2018 beim Verkauf der Consumer Health Sparte erzielte. Da sich dieser Ertrag 2019 nicht wiederholte, sank das Ergebnis nach Steuern um mehr als die Hälfte auf rund 1,3 Milliarden Euro. Die meisten anderen Kennziffern dagegen haben sich dank steigender Umsätze und Roherträge und relativ stabiler operativer Kosten verbessert. Die Ebit-Marge etwa stieg um 1,5 Punkte auf 13 Prozent, die Ebitda-Rendite legte von 25,6 auf 27 Prozent zu.

Von den früheren Spitzenwerten ist der Konzern damit allerdings immer noch zwei Punkte entfernt. Und für 2020 zeichnet sich, gemessen an den bisherigen Prognosen, eher eine leichte Verschlechterung der Margen ab als eine Verbesserung.
Denn ungeachtet des positiven Gesamttrends kämpft Merck in einzelnen Teilbereichen durchaus auch mit Gegenwind und Schwächen.

Aussichtsreiche Entwicklungen

Die Pharmasparte etwa wird aktuell von sinkenden Umsätzen bei Fruchtbarkeitsmedikamenten gebremst. Zudem sorgt der weiter rückläufige Trend bei Altprodukten wie dem Multiple-Sklerose-Medikament Rebif tendenziell für Druck auf die Pharmamargen. Ungeachtet eines 15-prozentigen Wachstums im ersten Quartal stellt der Konzern für seine Gesundheitssparte für das Gesamtjahr nur stabile Erlöse bei leicht rückläufigen Erträgen in Aussicht.

Tendenziell haben sich dabei Produktportfolio und Forschungspipeline in den letzten Jahren klar verbessert. Das neue MS-Medikament Mavenclad konnte seinen Umsatz 2019 dank der erfolgreichen Einführung auf dem US-Markt auf 320 Millionen Euro mehr als verdreifachen und dürfte im laufenden Jahr weitere kräftige Umsatzsteigerungen verbuchen. Das Krebsimmunmedikament Bavencio, das in klinischen Studien zuletzt eher enttäuschte, legte immerhin noch um 44 Prozent auf 103 Millionen Euro zu.

Mit dem MS-Wirkstoff Evobrutinib und dem Krebsmittel Bintrafusp bearbeitet Merck zwei aussichtsreiche Moleküle in fortgeschrittener klinischer Entwicklung, die im Erfolgsfall mittelfristig einiges an Wachstumspotenzial bieten könnten.

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Ähnlich solide gerüstet erscheint die inzwischen knapp sieben Milliarden Euro Umsatz starke Life-Science-Sparte, die das Geschäft von Merck mit Produkten und Dienstleistungen für die Biotechproduktion und Pharmaforschung umfasst. Sie steigerte ihr Ebitda 2019 erstmals auf mehr als zwei Milliarden Euro und das Ebit um fast ein Viertel auf 1,3 Milliarden Euro. Sie dürfte auch 2020 weiter kräftig wachsen, obwohl das Geschäft mit akademischen Forschungslaboren aktuell durch die Pandemie gebremst wird.

Zwiespältiger dagegen präsentiert sich die Performance-Materials-Sparte, die das Geschäft von Merck mit Display-Materialien, Pigmenten und Elektronikchemikalien umfasst. Während die Integration von Versum hier für einen akquisitionsbedingten Umsatzsprung sorgt, wird vor allem das Pigmentgeschäft mit der Auto- und Kosmetikindustrie heftig von der aktuellen Konjunkturflaute getroffen.

Bei Display-Materialien reichen steigende Erlöse im Oled-Bereich nicht, um die weiter rückläufigen Umsätze mit Flüssigkristallen zu kompensieren. Die Hoffnung, schon im laufenden Jahr auch organisch wieder auf Wachstumskurs zurückzukehren, hat sich damit zerschlagen.

Immerhin sind mit dem Kauf von Versum und der Neuordnung der Sparte die Weichen für eine Trendwende gestellt. Die Hälfte des Geschäfts entfällt inzwischen auf den wachstumsstärkeren Bereich der Halbleitermaterialien. Kleinere Zukäufe und auch Desinvestitionen könnten die Struktur zusätzlich verbessern. Ein Verkauf der Pigment‧sparte etwa wäre ein für Merck typischer Schritt, um zugleich das Profil zu schärfen und die Bilanz zu entlasten.

Mehr: Merck startet mit Gewinnsprung

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