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Kampf gegen Covid-19 Warnsignal von Sanofi: Für die Impfstoff-Nachzügler schwinden die Chancen

Der Pharmakonzern hat die Entwicklung eines mRNA-Vakzins wegen mangelnder Vermarktungsaussichten gestoppt. Welche Perspektiven Impfstoff-Projekte jetzt noch haben.
29.09.2021 - 15:54 Uhr Kommentieren
Der französische Pharmakonzern hat die Entwicklung eines eigenen mRNA-Impfstoffs gegen das Coronavirus aufgegeben. Quelle: imago images/Hans Lucas
Biotech-Labor von Sanofi

Der französische Pharmakonzern hat die Entwicklung eines eigenen mRNA-Impfstoffs gegen das Coronavirus aufgegeben.

(Foto: imago images/Hans Lucas)

Frankfurt, Paris Noch warten weltweit Milliarden Menschen auf eine Impfung gegen das Coronavirus. Die Produktion der zugelassenen Vakzine wird kontinuierlich ausgebaut, viele Unternehmen treiben auch die Forschung nach Covid-19-Impfstoffen weiter voran. Nun hat mit Sanofi allerdings ein erster großer Anbieter entschieden, seinen mRNA-Impfstoffkandidaten trotz erfolgreicher Daten zu stoppen – mangels Vermarktungsaussichten.

Die Entscheidung des französischen Pharmakonzerns vom Dienstag ist ein Signal für die ganze Branche. Manch ein Impfstoffentwickler dürfte nun die Marktaussichten seiner Kandidaten neu bewerten.

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden aktuell 121 Covid-19-Impfstoffe in der klinischen Entwicklung am Menschen erprobt, weitere 194 befinden sich im präklinischen Stadium. Insbesondere die Projekte in den frühen Phasen dürften noch Monate, wenn nicht Jahre brauchen, um die für eine Zulassung erforderlichen Daten überhaupt einzusammeln.

Denn es wird immer schwieriger, angesichts der wachsenden Durchimpfung ausreichend Patienten für Studien zu rekrutieren. Hinzu kommt das Problem der Virusvarianten, die sich ausbreiten und auf die viele Impfstoffkandidaten nicht ausgerichtet sind.

Sanofi will die Arbeit an seinem auf der mRNA-Technologie basierenden Impfstoff einzustellen, obwohl die Forschungsergebnisse vielversprechend waren. Bei mehr als 90 Prozent der Probanden in den Studien der Phasen 1 und 2 hätten sich Antikörper gebildet. Außerdem habe es keine Hinweise auf schwere Nebenwirkungen gegeben.

Dennoch verzichtet der Konzern auf die aufwendige Phase-3-Studie, in der ein neues Mittel an einer großen Zahl von Probanden klinisch erprobt wird.

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Mit seinem mRNA-Impfstoff wäre Sanofi nicht nur zu spät auf den Markt gekommen. Thomas Triomphe, Vizechef der Impfsparte, gab unumwunden zu: Der Markt sei gesättigt. „Wir brauchen keine neuen Covid-Impfstoffe mit mRNA-Technologie mehr“, sagte Triomphe. Stattdessen wolle man sich auf die Entwicklung eines proteinbasierten Covid-19-Impfstoffs konzentrieren.

Das könnte auch Folgen für die deutsche Biotech-Firma Curevac haben, deren mRNA-Vakzin sich noch im Zulassungsprozess in Europa befindet. Glaubt man der Marktanalyse von Sanofi, dann können sich die Tübinger kaum noch Hoffnungen auf einen Geschäftserfolg machen.

Angesichts der starken Stellung der Mainzer Firma Biontech mit seinem Partner Pfizer sowie des US-Unternehmens Moderna sieht der französische Pharmariese zumindest bei der mRNA-Technologie keine Lücke mehr. Bis Ende des Jahres dürfte die Zahl der produzierten Dosen der genbasierten Vakzine auf zwölf Milliarden steigen, im kommenden Jahr wird die Herstellung von 24 Milliarden weiteren Dosen erwartet.

Curevac hatte Mitte September bereits auf die Marktsättigung bei Impfstoffen in Europa reagiert und angekündigt, Produktionspartnerschaften aufzugeben. Konkret wurden die Vertragsvereinbarungen mit dem Chemieunternehmen Wacker und dem Schweizer Biopharmaunternehmen Celonic innerhalb der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist aufgehoben.

Curevac arbeitet an Impfstoff zweiter Generation

Mit beiden Unternehmen war die Herstellung von rund 150 Millionen Dosen für 2021 vereinbart worden. Das ist etwa die Hälfte der Menge, die Curevac ursprünglich in diesem Jahr herstellen wollte. Das Unternehmen hatte im Juni enttäuschende Studiendaten für seinen mRNA-Impfstoff vorgelegt, der eine deutlich niedrigere Wirksamkeit als die Vakzine von Moderna und Biontech zeigt.

Firmenchef Franz-Werner Haas bestätigte vergangene Woche jedoch auf einer Branchenveranstaltung, dass sich der Impfstoff weiterhin im EU-Zulassungsprozess befindet. „Jetzt nicht so sehr, um den Fokus auf Milliarden Dosen dieses Impfstoffs zu legen“, so Haas wörtlich. Durch das Verfahren würden viele Fragen auch für den nächsten Impfstoff gelöst, erklärte der Curevac-Chef.

Die Tübinger entwickeln mit Glaxo-Smithkline (GSK) einen Covid-19-Impfstoff der zweiten Generation, der allerdings bislang noch in der präklinischen Phase ist. Darüber hinaus arbeiten beide Partner an mRNA-Impfstoffen gegen andere Infektionskrankheiten und wollen neuartige proteinbasierte Therapien vereinbaren. Im Rahmen der Allianz soll laut Haas auch ein Kombinationspräparat gegen Covid-19 und Grippe entwickelt werden.

Der mRNA-Technologie gelang in der Pandemie der Durchbruch. Anders als bei klassischen Impfstoffen, bei denen die Hersteller vereinfacht gesagt mit Bauteilen des Virus einen Immunschutz erreichen, wird dem menschlichen Immunsystem bei den Vakzinen von Biontech und Moderna mithilfe der Gentechnik der Bauplan des Erregers geliefert. In Studien haben sich mRNA-Vakzine als sehr wirksam und sicher erwiesen – sie sind aber auch vergleichsweise teuer.

Während viele Industrieländer bei der Erstimpfung ihre Bevölkerung vor allem auf mRNA-Stoffen setzten, könnten die anderen Vakzine stärker in den ärmeren Teilen der Welt zum Einsatz kommen, die bislang kaum mit Impfstoff versorgt wurden. Die klassischen Vakzine könnten in den kommenden Jahren zudem eine wichtige Rolle bei Auffrischungsimpfungen spielen.

Auch deshalb setzt Sanofi jetzt auf den proteinbasierten Covid-19-Impfstoff, den die Franzosen zusammen mit GSK entwickeln. Der befindet sich aktuell in der entscheidenden dritten Phase und könnte vor Dezember verfügbar sein.

Novavax hat Antrag auf Notfallzulassung bei der WHO gestellt

Insgesamt gibt es derzeit noch mehr als 30 Covid-19-Impfstoffkandidaten in der letzten klinischen Studienphase, zeigt eine Analyse des Verbandes der forschenden Pharmaunternehmen. Neben dem Wirkstoff von Sanofi und GSK gilt auch noch das Vakzin von Novavax als aussichtsreicher Kandidat, der noch in diesem Jahr zugelassen werden könnte.

Dieser ist ein Protein-Wirkstoff, der auf einer im Labor hergestellten Version des Spike-Proteins von Sars-CoV-2 basiert. Der menschliche Körper muss das Spike-Protein also nicht selbst herstellen, wie es bei den mRNA-Impfstoffen der Fall ist. Vergangenen Freitag hatte Novavax gemeinsam mit dem Serum Institute of India den Antrag auf Notfallzulassung bei der WHO gestellt.

Novavax will insgesamt 1,1 Milliarden Dosen für das globale Impfprogramm Covax bereitstellen, das die WHO gemeinsam mit der Impfallianz Gavi und der Impfinitiative Cepi unterhält. Die Zulassungsanträge in den USA und in Europa sollen im vierten Quartal gestellt werden.

Die Entscheidung von Sanofi in dieser Woche bedeutet indes keine grundsätzliche Abkehr vom mRNA-Ansatz: Die Franzosen wollen die Technologie nutzen, um Impfstoffe für künftige Pandemien zu entwickeln. Auch in anderen medizinischen Bereichen wie der Krebstherapie gilt die neue Technologie als vielversprechend.

Sanofi hatte im August den mRNA-Spezialisten Translate Bio aus den USA gekauft und will jährlich 400 Millionen Euro in ein Forschungszentrum investieren, um in dem Bereich nicht erneut das Nachsehen zu haben.

Mehr: Tiefkühlschränke so groß wie eine Konzerthalle – Die geheimen Warenlager der Impfstofflogistiker

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