Kenneth Feinberg „Es ist ein großes Puzzle“ – So geht Star-Anwalt Ken Feinberg im Glyphosat-Streit vor

Der Anwalt auch Washington hat langjährige Erfahrung in Vergleichen.
New York Ob Agent Orange, Deepwater Horizon, der 11. September oder der Diesel-Skandal: Wenn es knifflig wird, dann kommt der 74-jährige Ausnahme-Jurist Kenneth Feinberg ins Spiel. Auch in diesen Tagen sind in dem Glyphosat-Streit von Bayer alle Augen auf den Anwalt aus Washington gerichtet.
Er hat die schwierige Aufgabe übernommen, einen Vergleich zwischen der Monsanto-Mutter Bayer und den Klägern auszuhandeln, die ihre Krebserkrankung auf den Gebrauch des Glyphosat-haltigen Unkrautvernichters Roundup zurückführen. Jetzt scheint der Vergleich näher zu rücken: „Es ist ein großes Puzzle und die Teile des Puzzles kommen langsam zusammen“ sagte Feinberg dem Handelsblatt.
Er will sich nicht darauf festlegen, dass der Vergleich innerhalb eines Monats möglich sei, wie er zuvor zitiert wurde. „Aber ich bin verhalten optimistisch, dass wir einen umfassenden Vergleich eher früher als später haben werden“, sagte er. Zur Höhe eines möglichen Vergleichs wollte er sich nicht äußern.
Feinberg ist vom Gericht eingesetzt worden und muss zwischen beiden Seiten verhandeln. Schließlich hat er langjährige Erfahrung in Vergleichen – auch mit deutschen Unternehmen: Als Volkswagen im Zuge des Diesel-Skandal dem Strudel der Klagen entkommen wollte, erreichte der Jurist einen milliardenschweren Vergleich, der für Klarheit sorgte.
Trotz seiner Berühmtheit arbeitet Feinberg in dem Land der Mega-Kanzleien lieber als Ein-Mann-Büro. „Ich arbeite allein, und ich stütze mich auf die Anwälte der Kläger und die von Monsanto“, bestätigte er dem Handelsblatt. Seiner Reputation tut das keinen Abbruch. „Feinberg hat sich einen Ruf erarbeitet, als kreativer Mediator, der auch schwierige Fälle meistern kann“, sagt die Jura-Professorin Elizabeth Chamblee Burch über den Anwalt aus Washington, und weist auf seine historischen Fälle hin.
Geachteter Einzelkämpfer
Er vermittelte, als es darum ging, die Opfer von Agent Orange zu entschädigen. Er war dabei, als es um das Öl-Desaster Deepwater Horizon und den Terroranschlag vom 11. September ging: Jedes Mal leitete er die Verhandlungen und verteilte die Opferfonds. Das ist keine einfache Aufgabe. Vor allem wenn es um Kranke oder Tote geht, muss er den Menschen einen Preis geben.
Warum bekommt die Witwe eines Investmentbankers mehr als die eines Feuerwehrmanns? Es sind kühle Kalkulationen über Verdienstausfall oder eben körperliche Leiden, die solche Summen bestimmen. Sie werden in Klauseln festgelegt, die Feinberg aushandelt. „Es ist die Art und Weise, wie unser kapitalistisches System Schmerz lindert“, hat er einmal dazu gesagt.
Jetzt muss er Schmerzen im Fall Monsanto lindern. Feinberg spricht stets von Monsanto und nicht von Bayer, das das US-Unternehmen 2018 übernommen hat. Die Zahl der Roundup-Klagen ist enorm: Feinberg selbst hat kürzlich eine Zahl von potenziellen Klagen in Höhe von 75.000 bis 85.000 in den Raum gestellt. Nach Angaben von Bayer liegt sie aber „deutlich unter 50.000“.
Gegenüber dem Handelsblatt stellte Feinberg dazu klar, dass nicht alle Klagen als „echte Klagen“ zu werten zu seien: „Bayers Präzisierung ist absolut akkurat. Sie wissen viel besser, wie viele der Klagen wirklich Chancen haben, die Kriterien eines Vergleichs zu erfüllen“. Kriterien, an denen Feinberg in diesen Wochen arbeitet.
Drei neue Roundup-Klagen kommen in diesen Tagen vor Gericht. „Das erhöht den Druck, einen Vergleich zu schließen“, meint die Schadensersatz-Expertin Burch. Feinberg müsse auch versuchen, eine Formel zu finden, die Bayer vor zukünftigen Klagen schützt oder diese abdeckt. „Die Zeitspanne zwischen Benutzung des Produkts und Ausbruch der Krankheit ist in diesem Fall extrem lang“, gibt Burch zu bedenken. Daher könnten auch heute noch gesunde Menschen in der Zukunft klagen. Kann Feinberg zukünftige Klagen mit seinem Vergleich verhindern? „Das ist noch unsicher. Aber das wäre das Ziel“, sagt er.
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