Kommentar Die Indien-Wette von Facebook ist riskant, aber zukunftsweisend

Hinter dem Mischkonzern Reliance Jio steht einer der reichsten Männer Asiens.
Mark Zuckerberg schreckt nicht vor großen Wetten zurück. 2014 kaufte er die Plattform Instagram für eine Milliarde Dollar. Zwei Jahre später folgten die Übernahme der Virtual-Reality-Firma Oculus für zwei Milliarden Dollar und der Aufkauf von WhatsApp für 19 Milliarden Dollar.
Wenn der Facebook-Chef zuschlägt, sichert er sich meist die Kontrolle. Nicht so beim jüngsten Deal. Für 5,7 Milliarden Dollar kaufte sich Facebook zehn Prozent der Anteile am Mischkonzern Reliance Jio. Der Schritt steht für ein wichtiges Experiment des Unternehmens.
Jio ist ein Angreifer auf dem indischen Markt. Der Mobilfunkmarke ist es mit Kampfpreisen gelungen, den indischen Telekommunikationsmarkt zu verändern. Heute ist die Marke Marktführer, setzt Rivalen wie Vodafone unter Druck. Hinter der Firma steht einer der reichsten Männer Asiens: Mukesh Ambani. Im Zuge des Aufstiegs von Jio hat das Unternehmen viele Schulden angehäuft. Da kommt das Geld von Facebook gerade recht.
Aber Zuckerberg würde nicht solche Summen investieren, wenn er nicht ein langfristiges Geschäftsmodell im Auge hätte. Mit 1,3 Milliarden Menschen ist Indien einer der wichtigsten Zukunftsmärkte der Welt. Lediglich China hat eine größere Bevölkerung, aber Peking versperrt Facebook den Marktzugang. In Indien hat die Gruppe zwar 400 Millionen Nutzer auf WhatsApp. Doch Expansionspläne scheiterten immer wieder an Bedenken von Regulierungsbehörden.
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Mit der neuen Allianz von Facebook und Jio könnte das anders aussehen. Das erklärte Ziel von Facebook besteht darin, WhatsApp zu einem wichtigen Kanal für Geschäftsleute zu etablieren. Dazu passt die Verbindung mit Jios Online-Marktplatz JioMart. Zudem könnte die Allianz dabei helfen, in Indien ein Bezahlsystem auf Basis von WhatsApp auszurollen. Das ist nicht nur für Indien interessant. Denn bislang sind die Versuche von Facebook weitgehend gescheitert, mit WhatsApp ein signifikantes Einkommen zu generieren.
Die Frage ist, ob Facebook eine solche Partnerschaft nicht auch billiger hätte haben können. Für eine Allianz ist nicht unbedingt eine strategische Beteiligung nötig. Der Grund für den Schritt könnte in China liegen. Facebook-Rivale Tencent versucht seine Kommunikations- und Bezahlplattform WeChat stärker global auszurollen. Andere chinesische Technologiekonzerne wie Xiaomi oder Huawei sind bereits stark in Indien vertreten. Vermutlich wollte Facebook damit seinen Konkurrenten aus China zuvorkommen.
Die künftigen Initiativen von Facebook und Jio dürften nicht nur für Indien interessant sein. Gelingt Facebook der Ausbau von WhatsApp als Bezahl- und Geschäftsplattform, dürfte der Konzern das Konzept auch in andere Länder kopieren. Tech-Unternehmen in Europa sollte die Entwicklung in Indien daher sehr genau verfolgen.
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