Medienbranche RTL investiert kräftig in Streaming-Dienste

Die Mediengruppe setzt auf Streaming.
Düsseldorf Geister-Shows beim TV-Sender RTL: Die Bertelsmann-Tochter wird aktuelle Unterhaltungssendungen wie „Let’s Dance“ und „DSDS“ ohne Publikum aufzeichnen und damit einen Beitrag der Verhinderung einer schnellen Ausbreitung des Coronavirus leisten. „Da bei großen Shows viele Zuschauer im Studio sind, geht das leider nicht anders“, sagte Thomas Rabe, in Personalunion Chef von Bertelsmann sowie der RTL Group, am Freitag dem Handelsblatt. Er sieht Schutzmaßnahmen wie diese aber auch als „gesellschaftliche Verantwortung“.
Die Auswirkungen des Coronavirus auf das Werbegeschäft lassen sich nach Aussagen von Rabe derzeit nicht quantifizieren. Die RTL Group registriert allerdings die ersten Stornierungen für Werbebuchungen und Auswirkungen auf Produktionen. Während die Werbebranche vorsichtig wird und sich zurückhält, steigt parallel die Mediennutzung der Menschen in Zeiten von Corona rapide an.
„Wir sehen einen deutlich gestiegenen Informationsbedarf zum Thema Coronavirus, aber auch ein erhöhtes Bedürfnis nach Unterhaltung und Ablenkung.“ RTL und die Schwestersender werden auch künftig Unterhaltungssendungen produzieren. Der Fernsehmanager hält es für wichtig, eine gewisse Normalität im Alltag aufrechtzuerhalten.
Licht und Schatten bei der RTL Group. Am Freitag stellte der Fernsehkonzern die Geschäftszahlen des vergangenen Jahres vor. Ein Rekorderlös: Der Umsatz der RTL Group stieg um 2,2 Prozent auf 6,7 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis (Ebitda) blieb bei 1,1 Milliarden Euro stabil. Inwieweit die Verlangsamung der wirtschaftlichen Aktivitäten die Umsätze in diesem Jahr beeinflussen, vermag Rabe noch nicht prognostizieren. Ohne den Corona-Effekt geht RTL von einem Umsatzwachstum 2020 um zwei bis drei Prozent aus – trotz leicht rückläufiger Werbeumsätze.
Analysten sind zufrieden
Nach aktuellen Geschäftszahlen und einem vorherigen Kursrutsch um fast ein Drittel seit Mitte Februar haben am Freitag einige Anleger bei RTL-Aktien zugegriffen. Das Papier stieg spürbar. Analystin Lisa Yang von Goldman Sachs sah die Ergebnisse für das Vorjahr über den Erwartungen.
Auf der Ergebnisseite rechnet der Fernsehsender in diesem Jahr allerdings mit einem Dämpfer – bedingt durch höhere Investitionen im wachsenden Streaming-Markt. Nach Anlaufverlusten der Streamingdienste TV Now und Videoland erwartet die RTL Group einen Rückgang des bereinigten Ebitda um bis zu minus sieben Prozent.
Der Ausbau des Streaming-Geschäftes steht im Fokus des Unternehmens. Mit dem Dienst TV Now in Deutschland und Videoland in den Niederlanden hat die RTL Group aktuell 1,4 Millionen zahlende Abonnenten. Diese Zahl soll sich in den nächsten fünf Jahren mehr als verdreifachen – auf dann fünf bis sieben Millionen Nutzer. Der Streaming-Umsatz soll von 135 Millionen Euro auf 500 Millionen Euro steigen. „Den Break-even von TV Now und Videoland erwarten wir für das Jahr 2025“, sagte Rabe.
CEO Rabe setzt im Ausbau seines Streaming-Geschäftes auf einen insgesamt weiter wachsenden Markt, der immer mehr Nutzer anzieht. RTL positioniere sich als breit aufgestellter, lokaler Anbieter für das Streaming, meinte er. Für die Produktion der Streaming-Inhalte gibt der Konzern viel Geld aus: Im vergangenen Jahr waren es 85 Millionen Euro, in fünf Jahren sollen die jährlichen Ausgaben bei 350 Millionen Euro liegen.
Zudem setzt die RTL Group auf eine offene europäische Technologie-Plattform für Streaming-Dienste: Mit Bedrock entwickelt die ebenfalls zur RTL Group gehörende französische Groupe M6 die technische Plattform für den Bezahl- Streamingdienst Salto. Die Plattform soll dieses Jahr im Markt eingeführt werden. Sie soll künftig von Videoland in den Niederlanden sowie von den RTL-Streamingdiensten in Belgien, Ungarn und Kroatien genutzt werden. Die RTL Group wird mit einem Anteil von 50 Prozent zudem Gesellschafter von Bedrock.
Diese neu entwickelte Plattform stehe auch anderen Sendern in Europa offen, sagte Rabe. Entsprechende Gespräche würden aktuell geführt werden. Nach Ansicht von Rabe müssen die Ressourcen in Europa gebündelt werden, um ein Gegengewicht zu den amerikanischen Plattformen zu bilden. „Ein einzelner Anbieter ist dazu nicht in der Lage.“
Gerade im Streaming-Markt wird sich die Lage in Deutschland in den nächsten Wochen und Monaten weiter verschärfen: Am 24. März startet der Streaming-Dienst Disney+ in Deutschland. Der Start des neuen Streamingdienstes, der dem weltgrößten Unterhaltungskonzern gehört, lief in den USA im vergangenen Jahr bereits erfolgreich an, entsprechend hoch sind die Erwartungen hierzulande. Doch Rabe bleibt gelassen. „Disney+ unterscheidet sich erheblich von unseren Angeboten, insofern sehe ich von dieser Seite keine großen Effekte auf unser Geschäft.“
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