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Hoffnungsträger

Serie: Hoffnungsträger Dieser Designer macht jetzt Corona-Schutzanzüge statt Abendkleider

Puey Quiñones machte sich einen Namen mit Kleidern für Sänger und Models in Amerika. Nun gestaltet er modische Ganzkörperanzüge zur Virenabwehr.
16.06.2020 - 15:21 Uhr Kommentieren
Der  Designer entwirft jetzt Schutzuniformen statt Abendkleider. Für Asiens größte Billigfluglinie AirAsia hat er futuristische Ganzkörperanzüge für die Kabinencrew entworfen – inklusive Spuckschutz und Maske. Quelle: Air Asia
Puey Quiñones

Der Designer entwirft jetzt Schutzuniformen statt Abendkleider. Für Asiens größte Billigfluglinie AirAsia hat er futuristische Ganzkörperanzüge für die Kabinencrew entworfen – inklusive Spuckschutz und Maske.

(Foto: Air Asia)

Bangkok Die Flugbegleiter von Asiens größter Billigfluglinie sehen neuerdings aus wie Schokoweihnachtsmänner, denen man einen Mundschutz verpasst hat: von oben bis unten komplett eingepackt – und ganz in den Firmenfarben Rot und Weiß gehalten. Kapuzen, Handschuhe und ein Schutzschild vor dem Gesicht sorgen dafür, dass kein Stückchen Haut mehr mit der Außenwelt in Berührung kommt.

Als die Fluggesellschaft Air Asia die neuen Coronavirus-Schutzuniformen für das Bordpersonal ihrer philippinischen Maschinen vorstellte, landete sie damit in der PR-Welt einen Coup: Der ungewohnte Anblick stieß rund um den Globus auf Beachtung und wurde selbst in amerikanischen Late-Night-Shows diskutiert.

Die Aufmerksamkeit hat die Airline dem philippinischen Designer Puey Quiñones zu verdanken. Er hat die Uniformen für die Kabinencrew gestaltet. Für den 40-Jährigen ein völlig neues Betätigungsfeld: Er machte sich in der Vergangenheit einen Namen mit Kleidern für die US-Sängerin Katy Perry und die Teilnehmerinnen der Castingshow „America’s Next Topmodel“.

Doch in Zeiten, in denen schöne Kleider kaum nachgefragt werden, musste Quiñones umdenken: modische Schutzanzüge statt Haute Couture. Er will damit zeigen, dass sich Sicherheit und Ästhetik nicht ausschließen. Gleichzeitig führt er mit der neuen Produktlinie vor, wie ein kreativer Umgang mit der Krise ganz neue Erlösquellen eröffnen kann.

Denn Quiñones’ bisheriges Geschäftsmodell war mit Beginn der Pandemie wertlos. In seiner Wahlheimat Los Angeles kreiert er normalerweise extravagante Kleider für die High Society. Außerdem arbeitete er als Kreativdirektor für die globale Brautkleidermarke Cocomelody und betreibt seit dem vergangenen Jahr auch den Philippinen-Ableger des Franchiseunternehmens.

In dieser Serie stellen wir Menschen vor, die uns Mut und Hoffnung machen. Deren Ideen und Konzepte über die Pandemie hinausgehen. Männer und Frauen, die die Krise als Chance begreifen – und damit eine Branche oder die ganze Gesellschaft nach vorn bringen können. Alle Beiträge unter: www.handelsblatt.com/hoffnungstraeger
Serie: Hoffnungsträger

In dieser Serie stellen wir Menschen vor, die uns Mut und Hoffnung machen. Deren Ideen und Konzepte über die Pandemie hinausgehen. Männer und Frauen, die die Krise als Chance begreifen – und damit eine Branche oder die ganze Gesellschaft nach vorn bringen können. Alle Beiträge unter: www.handelsblatt.com/hoffnungstraeger

Quiñones’ Verkäufe brachen in der Pandemie auf einen Schlag ein: „Alle Hochzeiten wurden abgesagt, keiner braucht mehr Brautkleider“, sagt er im Gespräch mit dem Handelsblatt. Auch Bälle oder Empfänge auf rotem Teppich fielen aus. „Für mich als Designer war das mein Brot-und-Butter-Geschäft.“

Dem Modeschöpfer fehlten mit Ausbruch der Pandemie nicht nur die Aufträge. Er saß auch fest. Quiñones befand sich in Manila, als die philippinische Hauptstadt Mitte März von der Außenwelt abgeriegelt wurde und keine Flugzeuge mehr abhoben. Eine Rückkehr nach Kalifornien, wo er in den vergangenen Jahren den Großteil seiner Zeit verbrachte, war nicht mehr möglich. „Ich musste mich mit der Frage auseinandersetzen, womit ich nun meine Zeit füllen sollte.“

Das Ergebnis seiner Überlegungen: Statt einer traditionellen Modeschau startete er einen Livestream auf dem sozialen Netzwerk Facebook. „Ich hatte das Glück, eine Möglichkeit zu finden, auch während der Pandemie weiter arbeiten zu können“, sagte er in die Kamera und trug dabei einen glänzenden grauen Overall mit pinkfarbenem Reißverschluss.

Das Kleidungsstück nahm vorweg, was dann folgte: Quiñones’ Models führten die „Fashion for Protection“-Kollektion des Designers vor: eine Reihe von Ganzkörperschutzanzügen für Frauen und Männer in teils grellen Farben. Für Menschen, die sicher und gleichzeitig stilbewusst unterwegs sein wollen, seien die Anzüge in der Covid-19-Ära gedacht, sagte Quiñones in dem Livestream.

350 Dollar verlangt er in seinem Onlineshop für die teuerste Variante, die auf den ersten Blick so aussieht wie ein Businessanzug – nur dass Sakko und Hose fließend ineinander übergehen und der Stoff aus Mikrofasern statt aus Wolle oder Seide besteht.

„Als ich die Schutzanzüge auslieferte, sah ich Tränen in den Augen des Arztes“

Der Ansatz erfordert durchaus Mut: Schutzanzüge verbinden viele Menschen seit einigen Monaten mit überlasteten Krankenhäusern. Daraus nun eine neue Modekategorie für Bürobekleidung und Abendgarderoben zu machen, ist alles andere als naheliegend. Quiñones ist aber überzeugt davon, dass es dafür einen Markt gibt. Er denkt dabei etwa an Geschäftsreisende, die sich in Zügen und Flugzeugen vor Krankheitserregern schützen wollen.

Auch Autobauer und Hotelketten sind interessiert

Neben der Fluglinie Air Asia gibt es bereits mehrere Unternehmenskunden, die sich für seine Kreationen interessieren – um damit Mitarbeiter im Kundenkontakt auszustatten. Etwa für die Autohersteller Volvo und Chevrolet entwarf Quiñones Corona-Schutzanzüge, die in deren Ausstellungsräumen auf den Philippinen verwendet werden sollen. Auch mit Hotelketten befinde er sich in Gesprächen über eine Zusammenarbeit, sagt er.

„Für uns als Designer eröffnen sich nicht nur neue Geschäftsmodelle, sondern auch ganz neue Formen der Kreativität.“ Sätze, die einer ganzen Branche Hoffnung machen können.

Auf die Idee zu seiner Corona-Kollektion kam Quiñones durch ein Hilfsprojekt. Zu Beginn der Krise klagten Ärzte und Pfleger auf den Philippinen über einen akuten Mangel an Schutzausrüstung. „In den Nachrichten war zu sehen, wie sich Krankenschwestern in Müllsäcke eingehüllt haben, um sich zumindest irgendwie vor dem Virus zu schützen“, sagt Quiñones. „So etwas darf es doch nicht geben“, habe er sich gedacht.

Und so nutzte der Designer seine freie Zeit in Manila, um zu helfen: Er sah sich nach geeignetem Material um und informierte sich über die Anforderungen für Schutzausrüstung. „Es ist zum Beispiel wichtig, so wenige Nähte wie möglich zu verwenden.“ Die fertige Ausrüstung übergab er den Kliniken persönlich. Dabei traf er auf einen Doktor, der Tränen in den Augen hatte. „Er hatte Angst, ohne Schutzkleidung zur Arbeit zu gehen – und es hat ihm sehr viel bedeutet, nun Hilfe zu bekommen“, erzählt der Designer.

Die Aktion bezahlte Quiñones zunächst vorwiegend mit eigenem Geld. Als ihn immer mehr Anfragen erreichten, startete er eine Crowdfunding-Kampagne. Seinen Wunsch, sich in der Krise sozial zu betätigen, erklärt er auch mit seiner Biografie: „Ich komme aus einer sehr armen Familie, meine Eltern haben mir aber trotzdem beigebracht, wie wichtig es ist, großzügig zu sein.“

Sein aktuelles Mode-Experiment ist nicht das erste Mal, dass Quiñones seine Laufbahn in eine völlig neue Richtung lenkt. Nach einem Skandal im Jahr 2011, der ihn fast seine Karriere kostete, musste er sich ebenfalls neu erfinden. Damals war er auf den Philippinen in die Schlagzeilen geraten, nachdem herauskam, dass er an einen Kunden statt des bestellten Maßanzugs einen umgearbeiteten Anzug aus dem Einkaufszentrum geliefert hatte – und diesen als eigene Kreation ausgab.

Die öffentliche Kritik war massiv: Viele Kunden wollten mit Quiñones nichts mehr zu tun haben. Er verließ die Philippinen und machte sich an einen Neustart in den USA, wo er seitdem mit seinem Ehemann lebt und es mit seinen Kleidern bis auf die Met-Gala in New York schaffte.

Nun sieht Quiñones aber die Zeit für ein Comeback auf den Philippinen gekommen: „Ich habe einen Fehler gemacht“, sagt er rückblickend. „Aber ich bin auch nur ein Mensch.“ Einer allerdings, der Mut macht.

Alle Beiträge unter: www.handelsblatt.com/hoffnungstraeger

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