Grundsteuerreform – das ist jetzt zu tun!

Foto von Frank Baecke
Frank Baecke
24.07.2022 – 16:22 Uhr aktualisiert
geprüft: Sascha Burghardt Handelsblatt Media Group
✓ Link kopiert

Denken Sie an die Umwelt, bevor Sie drucken!

Wir möchten Sie daran erinnern, dass das Drucken von Artikeln durch den Verbrauch von Ressourcen Auswirkung auf unsere Umwelt hat. Sie können die Umwelt schonen, indem Sie Artikel digital nutzen und teilen.
Grundsteuer
Grundsteuer
Inhaltsverzeichnis

Das Wichtigste in Kürze: 

  • Die Reform der Grundsteuer beschert Eigentümern viel Arbeit. Zwischen Juli und Ende Oktober 2022 müssen umfangreiche Daten über das Steuerportal Elster an die Finanzämter übermittelt werden. 
  • Hinzu kommt ein föderaler Flickenteppich, denn viele Bundesländer haben eigene Berechnungsmodelle für die neue Grundsteuer geschaffen. 
  • Ab 2025 soll dann die neue Grundsteuer erhoben werden. 

Bislang hatten Grundeigentümer steuerlich gesehen ein recht ruhiges Leben. In der Regel flatterte Anfang eines jeden Jahres postalisch ein Steuerbescheid von der Gemeindeverwaltung ein. Die Rechnung musste pünktlich bezahlt werden. Das war‘s dann auch schon. Umfangreiche Datenermittlungen wie bei der Einkommensteuer blieben den Grundsteuerpflichtigen erspart – es sei denn, sie erwirtschafteten mit ihren Grundstücken laufende Umsätze und Gewinne, die natürlich als Einkommen versteuert werden mussten.   

In diesem Jahr aber wird es ungemütlich. Die Grundsteuerreform verlangt von jedem Grundbesitzer eine förmliche und umfangreiche Grundsteuererklärung. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2018. Darin haben die Karlsruher Richter die bisherige Form der Grundsteuer als verfassungswidrig beurteilt, weil die Daten für die Berechnungsgrundlage der Steuern schon damals längst veraltet waren. In den westlichen Bundesländern stammen diese aus dem Jahre 1964, im Osten sogar aus 1935. In der Zwischenzeit hat sich aber viel getan. Deshalb will der Fiskus nun aktuelle Daten sammeln und neu berechnen. 

Für die rund 24 Millionen Wohn- und rund 12 Millionen Gewerbeimmobilien müssen die Eigentümer zwischen Anfang Juli und Ende Oktober über das Steuerportal Elster ihre aktuellen Daten erklären. Für diese gilt als Stichtag der 1. Januar 2022. Welche Daten jeweils erhoben werden, hängt ganz wesentlich vom Bundesland ab, in dem sich ein Grundstück befindet. 

Flickenteppich der Bundesländer 

Es erinnert ein wenig an die Corona-Regeln, bei denen fast jedes Bundesland seine Ausnahmen und Sonderregelungen kreierte, bis am Ende kaum noch jemand einen Durchblick hatte. Ähnlich erscheint auch der föderale Flickenteppich bei der Grundsteuerreform. Es gibt ein Bundesmodell, dem sich Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Berlin, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Bremen und Mecklenburg-Vorpommern angeschlossen haben. 

Dass Bayern ein eigenes Landesmodell entwickelt hat, dürfte kaum überraschen. Aber auch Baden-Württemberg weicht mit seinem Grundsteuerkonstrukt von der Bundeslinie ab. Sonderregelungen gibt es auch in Hamburg, Hessen und Niedersachsen. 

In den Bundesländern, die dem Bundesmodell folgen, dürfte für die Grundbesitzer der größte Aufwand entstehen. Denn der Fiskus will über das Elster-Portal nicht nur die Grundbuchdaten und die Nutzungsart des zu versteuernden Grundstückes erklärt haben, sondern zusätzlich auch den Bodenrichtwert, das Aktenzeichen des Einheitswertes, die Wohnfläche, die Art der Immobilie, die Anzahl der Wohnungen und deren Größe, ebenso die Anzahl der Garagen und Stellplätze, das Gebäudealter sowie verständlicherweise auch die Grundstücksfläche. 

Dem gegenüber versucht Baden-Württemberg mit seinem Bodenwertmodell den Aufwand zu minimieren. Für Grundstücke im Ländle müssen die Eigentümer in „Mein Elster“ nur die Grundbuchdaten, die Art der Nutzung, den Bodenrichtwert, das Aktenzeichen des Einheitswertes und die Grundstücksfläche erklären. Die Grundsteuer wird dann über die beiden Faktoren Bodenrichtwert und Fläche ermittelt. In Bayern, Hessen, Niedersachsen und Hamburg muss bei Wohnimmobilien auch die Wohnfläche angegeben werden. 

Die Steuerdaten suchen und finden

Eine Menge Fragen müssen beantwortet werden. Es sind viele Daten und Zahlen, die nun eifrig recherchiert werden müssen. Im Grunde genommen geht es darum, amtlich ohnehin schon bekannte Daten bei der einen Behörde zu erfragen und diese anschließend der Finanzbehörde mitzuteilen. Eine bürokratische Fleißarbeit eben, die aber vollbracht werden muss. 

Grundeigentümer, die die erforderlichen Daten von Grund auf recherchieren müssen, sollten sich zunächst an das zuständige Grundbuchamt jener Gemeinde wenden, in der sich das Grundstück befindet. Dort kann jeder Eigentümer einen Grundbuchauszug für seine Grundstücke erhalten. Im Grundbuchauszug sind bereits die wesentlichen Kennziffern wie Fläche und Flurnummer enthalten. 

Grundbuchauszüge gibt es auch beim zuständigen Katasteramt, das mitunter auch Vermessungsamt oder Amt für Bodenmanagement genannt wird. Der in allen Bundesländern geforderte Bodenrichtwert lässt sich bundesweit über das Online-System „Boris“ abrufen,  www.bodenrichtwerte-boris.de

Die genaueren Daten zur Wohnfläche bei Wohnhäusern finden sich in der Regel im Kaufvertrag, in Bauplänen oder in den Versicherungspolicen. Liegen keine offiziellen Flächenangaben vor, dann müssen die Wohnungen neu vermessen werden. Empfehlenswert dürfte der Einsatz eines professionellen Vermessers sein. Denn bei der Vermessung von Wohnraum sind komplizierte  Bestimmungen der Wohnflächenverordnung zu beachten. Bei der Angabe des Baujahrs gilt das Jahr des Erstbezugs. 

Die Finanzverwaltungen unterstützen die Grundeigentümer bei der Recherche ihrer Daten und der Klärung weiterer Fragen mit einem Chatbot, auf dem Fragen und Antworten abgerufen werden können: www.steuerchatbot.de

Darüber hinaus bieten die meisten Bundesländer auf den Homepages ihrer Finanzbehörden umfangreiche Informationen zu den neuen Herausforderungen der Grundsteuerreform. 

Alle Grundstücksdaten müssen mit dem Stand vom Stichtag 1. Januar 2022 erklärt werden, auch wenn sich ein paar Wochen später etwas verändert haben sollte. Ab 2025 soll dann die neue Grundsteuer nach den aktualisierten Daten erstmals erhoben werden. 

Für einige kann es teuer werden

Ob die neue Grundsteuer für die Eigentümer teurer oder günstiger werden wird, lässt sich allgemein noch nicht abschätzen. In der Summe und im Durchschnitt wollte der Gesetzgeber eine Nullsummenbilanz erreichen. Es dürfte aber von den unterschiedlichen Berechnungsmodellen der Bundesländer, der jeweiligen Gemeinde und den individuellen Eigenschaften einer Immobilie abhängen, wie die neue Grundsteuer ausfallen wird. 

Für Grundstücksspekulanten dürfte zumindest in Hamburg, Hessen und Baden-Württemberg die neue Grundsteuer teurer werden. Denn dort werden baureife, aber dennoch unbebaute Grundstücke höher besteuert. In manchen Großstädten dürfte auch die Lage einer Wohnimmobilie Einfluss auf die künftige Steuer haben. Doch entscheidend wird auch künftig der Hebesatz sein, den die Kommunen für ihre Gebiete festlegen. 

Der Hebesatz für die Grundsteuer ist neben dem Grundsteuerwert und der Steuermesszahl einer von drei Faktoren, mit denen die Grundsteuerhöhe berechnet wird. 

Die Anfangsgröße ist der Grundsteuerwert. Dieser soll nun auf Grundlage der neuen Daten von den Finanzämtern für jedes Grundstück neu ermittelt werden und den aktuellen Realwerten einigermaßen nahe kommen. 

Im nächsten Schritt wird der Grundsteuerwert mit der Steuermesszahl multipliziert. Die Steuermesszahl ist je nach Immobilienart ein unterschiedlicher Promillewert. Für Ein- und Zweifamilienhäuser, Wohnungen und Mehrfamilienhäuser beträgt die Steuermesszahl 0,31 Promille. Für die anderen Grundstücksarten sind es 0,34 Promille. Doch es gibt auch da jede Menge Ausnahmen und Vergünstigungen, durch die Übersicht erschwert wird. 

Grundsteuerwert multipliziert mit der Steuermesszahl ergibt nach dieser Berechnung zunächst den Steuermessbetrag. Doch das ist noch nicht das Ende der Rechnung. Die Steuermesszahl muss noch mit dem Hebesatz der zuständigen Gemeinde multipliziert werden, um die abschließende Steuerrechnung zu erhalten. Die Hebesätze sind bundesweit äußerst unterschiedlich. Nach einer Statistik des Immobiliendienstleisters Dr. Klein lag der Hebesatz 2020 in Berlin mit 810 Prozent an der Spitze. In Schleswig-Holstein betrug er durchschnittlich nur 338 Prozent.

Ein Beispiel: Ein Wohngebäude mit einem Grundsteuerwert von 1 Million Euro in Berlin. 

Bei einer Steuermesszahl von 0,31 Promille beträgt der Steuermessbetrag für das Haus 310 Euro. Multipliziert man diese Summe mit dem Hebesatz von 810 Prozent, so ergibt sich eine Grundsteuer von 2.511 Euro pro Jahr. 

Nachlässigkeit kann teuer werden

Für die meisten Grundbesitzer dürfte die diesjährige Grundsteuererklärung ein Novum sein. Eine ungewohnte Belastung, die so manchen nerven mag. Doch unnötiges Aufschieben kann teuer werden. Wer die Frist Ende Oktober versäumt, dem droht eine Geldstrafe bis zu 25.000 Euro (Quelle: immobilien-erfahrung.de/grundsteuerreform-anderungen-berechnung-haus-wohnung-grundstueck). Und das Finanzamt muss dann die Daten selber schätzen, was für den Steuerzahler ungünstig sein dürfte. 

Zu beachten ist auch, dass die Grundsteuererklärung elektronisch über das Steuerportal „Mein Elster“ erfasst werden muss. Wer noch kein Konto dort eröffnet hat, sollte sich beeilen, denn das Elster-System erfordert eine zeitaufwändige Registrierung. 

Nur in begründeten Härtefällen dürfen die Daten zur Grundsteuer in Papierform abgegeben werden.  Dies ist möglich, wenn die technische Infrastruktur fehlt oder wenn die steuerpflichtige Person an einer kognitiven Beeinträchtigung leidet.   


Häufig gestellte Fragen: 

Warum gibt es eine Grundsteuerreform? 

Die bisherige Berechnung der Grundsteuer fußt auf Daten, die längst veraltet sind. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht 2018 das alte Modell für verfassungswidrig erklärt. Mit dem neuen Gesetz müssen jetzt alle Grundeigentümer aktuelle Daten an die Finanzämter melden. 

Wird die Grundsteuer teurer? 

Mit der Grundsteuerreform soll die Grundsteuer nach dem Willen des Gesetzgebers im Durchschnitt gleich bleiben. Doch es wird Verschiebungen geben. Auf jeden Fall dürften Eigentümer, die ihre bebaubaren Grundstücke brach liegen lassen, in vielen Großstädten höher besteuert werden. 

Bis wann muss die Grundsteuererklärung abgegeben werden? 

Die umfangreichen Daten für die neue Grundsteuer müssen im Zeitraum zwischen Anfang Juli und Ende Oktober 2022 über das Steuerportal “Mein Elster” dem Fiskus mitgeteilt werden. Eine Übermittlung in Papierform ist nur noch in Ausnahmefällen zulässig. Versäumnisse können mit bis zu 25.000 Euro Strafe geahndet werden. 

Die beliebtesten Artikel

Diese Seite enthält Affiliate-Links. Bei Abschluss eines Produkts über diese Links erhalten wir eine Vergütung vom Anbieter, ohne dass Ihnen zusätzliche Kosten entstehen. Dadurch können wir ausführliche Recherchen, unabhängige Vergleiche und nützliche Informationen kostenfrei für Sie bereitstellen.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf dieser Website das generische Maskulinum verwendet. Alle Personenbezeichnungen beziehen sich – sofern nicht anders kenntlich gemacht – auf alle Geschlechter gleichermaßen. Die gewählte Form dient ausschließlich der sprachlichen Vereinfachung und beinhaltet keinerlei Wertung.