Kommentar: Die Homeschooling-Bilanz ist vor allem für die Bildungspolitiker peinlich

Jeder 20. Schüler hat keinen Laptop zur Verfügung.
Das Homeschooling für Deutschlands zehn Millionen Schüler läuft in der dritten Pandemiewelle deutlich besser als im Frühjahr 2020, meldet das Ifo-Institut. Ist das jetzt eine gute Nachricht? Nein. Dass das System in einem Jahr Pandemie dazugelernt hat, ist das Mindeste, was man erwarten darf.
Die schlechte Nachricht ist, dass die Lage weit davon entfernt ist, auch nur befriedigend zu sein. 23 Prozent der Kinder beschäftigen sich nicht mehr als zwei Stunden am Tag mit der Schule. Nur jeder siebte Grundschüler hat täglich Online-Unterricht. Nach allem, was man aus der Praxis hört, bemühen sich sehr viele Lehrer enorm. Aber es gibt auch eine nennenswerte Gruppe, die das nicht tut – und deren Vorgesetzte offenbar hilflos sind.
Noch immer hat jeder 20. Schüler keinen Laptop – rund 500.000 junge Menschen, die schlicht abgeschnitten sind vom Unterricht. Und das, obwohl der Bund im Sommer 2020 zusätzlich eine halbe Milliarde Euro für Leih-Laptops frei gemacht hat.
Das kann eigentlich nicht sein. Man kann es sich nur mit völliger Unfähigkeit der Verantwortlichen erklären – oder mit Gleichgültigkeit. Inakzeptabel ist beides.
Dazu kommen die Verbindungsprobleme: Jeder dritte Schüler hat regelmäßig Probleme bei der Nutzung der digitalen Lernplattformen– jeder 20. sogar täglich. Unternehmen, die für solche Probleme keine Lösung finden, wären längst vom Markt verschwunden.
Die massiven Defizite alarmieren vor allem auch deshalb, weil die Pandemie ja noch lange nicht ausgestanden ist. Erstens sind die Infektionszahlen anhaltend hoch. Zweitens wird in Kürze nach der neuen Bundes-Notbremse schon ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 165 Infektionen pro 100.000 Bürger der Distanzunterricht Pflicht sein, nicht erst ab 200.
Plan für die Zukunft fehlt
Die Bildungspolitiker, die Rektoren und Lehrer können also nicht hoffen, dass der Spuk in wenigen Wochen vorbei ist. Auch eine vierte Welle ist angesichts der Meldungen von der Mutanten-Front nicht ausgeschlossen.
Und selbst für die Zeit nach Corona, wenn wieder normaler Unterricht möglich ist, haben die Bildungspolitiker und Bildungspolitikerinnen noch immer keinen schlagkräftigen Plan, wie sie die Wissenslücken, die bis dahin stetig größer werden, füllen wollen. Sonderschuljahre? Verkürzte Ferien? Massenhaft Nachhilfe? Bisher gibt es – wieder einmal – nur die Zusage des Bundes für Geld. Eine Milliarde Euro soll fließen.



Das Nachholen wird eine Mammutaufgabe – nicht nur, weil die Lücken groß sind, sondern auch, weil mit Corona die ohnehin schon große soziale Kluft in den Schulen noch deutlich gewachsen ist. Man hat nicht den Eindruck, dass die Zunft den Ernst der Lage erkannt hätte.
Mehr: Lesen Sie hier, welche massiven Probleme das Ifo beim Homeschooling feststellt.





