Kommentar: Warum sich Bernie Ecclestone freikaufen darf
Bernie Ecclestone: Der Formel-1-Boss verlässt das Gericht mit weißer Weste.
Foto: dpaDüsseldorf. Ich weiß schon, was heute Abend bei Ihnen Tischgespräch ist. Sie werden darüber reden, dass es eine neue Gleichung gibt vor unseren Gerichten. Sie heißt: Schuldig + reich = unschuldig. Bernie Ecclestone, der Formel-Eins-Boss, wendet sie gerade an. 75 Millionen Euro, umgerechnet 100 Millionen Dollar, zahlt er dem Staat dafür an, dass beim Handel mit Formel-Eins-Anteilen zwischen ihm und der Bayerischen Landesbank nicht alles mit rechten Dingen abgelaufen ist. Ist das schon wieder eine Form modernen Ablasshandels?
Handelsblatt-Online-Chefredakteur Oliver Stock.
Foto: HandelsblattMeine Antwort: Ja – es ist ein Ablasshandel, aber ja – er hat seine Berechtigung. In den vergangenen Verhandlungswochen ist es den Staatsanwälten nämlich nicht gelungen, Ecclestone zweifelsfrei nachzuweisen, dass er Bestechungsgeld ausgegeben hat, um zum Ziel zu kommen. Die Richter haben es mit einem 83-jährigen Fuchs zu tun, dessen Anwälte mit allen Wassern gewaschen sind.
Zweifel am Maß seiner Schuld, das hohe Alter des Angeklagten – all das würde nach deutscher Rechtsprechung dazu führen, dass am Ende eines ordentlichen Verfahrens eine Geldbuße steht, die vielleicht durch eine zur Bewährung ausgesetzte Gefängnisstrafe ergänzt wird.
Das allerdings wäre doppelt unbefriedigend: Ecclestone träfe die Bewährung nicht. In seiner Branche gilt so etwas eher als Ritterschlag. Und die Geldstrafe würde womöglich niedriger ausfallen, als das, was er jetzt bereit ist zu zahlen.
Das Ergebnis des Deals von heute ist da besser. Es lautet: Ecclestone bekennt seine Schuld. Das Gericht öffnet ihm aber eine Tür, um diese Schuld zu tilgen. 100 Millionen Dollar kostet dieser Weg. Juristisch geht der Ablasshandel damit völlig in Ordnung. Wir sollten unsere Aufregung heute Abend bei Tisch darüber zügeln.