Erben ohne Streit: Mediatoren können helfen
Mediator Erbengemeinschaft
- 02.10.2024
Obwohl es in Deutschland klare gesetzliche Vorgaben gibt, wie der Nachlass aufgeteilt werden soll, kann die praktische Umsetzung recht kompliziert werden und manchmal fast schon ins Absurde abdriften. So kann in einer Erbengemeinschaft mit 20 Personen ein Teilerbe mit nur einem Prozent Erbanteil den gesamten Abwicklungsprozess blockieren. "Das kostet nicht nur Zeit", erklärt Ira Kröswang, Mitglied des Bundes Deutscher Nachlasspfleger e.V. (BDN), "sondern sorgt unter Umständen auch für Konflikte, die zu dauerhaften Zerwürfnissen führen."
Erben kann auch einfach sein
Wenn nach der gesetzlichen Erbfolge oder aufgrund eines Testaments mehrere Personen gemeinsam erben, entsteht automatisch eine Erbengemeinschaft. Auf Gedeih und Verderb übrigens. Denn die Gemeinschaft muss sich in allen Punkten einig sein. So kann etwa eine Immobile nur dann verkauft werden, wenn alle Erben diesem Verkauf zugestimmt haben. Eine Erbengemeinschaft muss also gemeinschaftlich handeln – und zwar so lange, bis der Nachlass aufgeteilt ist. Und hier liegt der entscheidende Punkt: Wer erbt was? In welcher Höhe? Und: Ist die Aufteilung wirklich gerecht? Da jeder Mensch einer solchen (Zwangs-)Gemeinschaft ganz eigene Bedürfnisse, Wünsche und Vorstellungen hat, ist die unkomplizierte Nachlass-Verteilung zwar erstrebenswert, aber selten erreichbar. Denn während die juristischen Gründe für den Streit ums Erbe eher sachlicher Natur und damit regelbar sind, liegen die wahren Streitursachen meist tiefer. Hier hilft ein Mediator als neutrale Instanz zwischen den Parteien.Der Neutralität verpflichtet
Die Aufgabe eines Mediators ist es also, die Bedürfnisse und Interesse jedes Mitglieds einer Erbengemeinschaft zu ermitteln. Er begleitet den Prozess der Nachlassverteilung, stellt die Kommunikation zwischen den Beteiligten und ihre Organisation sicher. Ira Kröswang erläutert: "Für meine Arbeit als Mediatorin steht immer der Mensch im Mittelpunkt. Sachliche Aspekte bleiben zunächst außen vor." Das Ziel einer Mediation: eine Lösung, mit der alle Beteiligten leben können und sich niemand benachteiligt fühlt. Der Mediator stellt dabei zentrale Fragen: Welche Wünsche haben die einzelnen Erben? Welche Möglichkeiten gibt es, um möglichst alle zufriedenzutellen? Wie kann die Gesamtsituation für alle Beteiligten optimal gelöst werden? Im Idealfall schaltet eine Erbengemeinschaft einen Mediator noch vor jeder juristischen Auseinandersetzung ein und einigt sich einvernehmlich auf eine eigene Lösung.
Im Fokus: die Interessenermittlung
"Ich muss herausfinden, was jeder Einzelne konkret möchte und wie diese Ziele optimal erreicht werden können", beschreibt Ira Kröswang ihre Arbeit. "Auch wenn das bedeutet, sich außerhalb der gesetzlichen Bestimmungen zu einigen. Im Orangen-Beispiel hätte die juristische Lösung möglicherweise eine Teilung der Orange in zwei Hälften bedeutet. Eine Lösung, die sicher keine der Schwestern wirklich zufriedengestellt hätte. Ein Gespräch hätte in diesem Fall offenbart, wo die Interessen der beiden liegen. Beide hätten davon profitiert: die eine vom Saft, die andere von der Schale der Orange." Die große Kunst liegt also daran, die wahren Bedürfnisse aller Beteiligten herauszufiltern und so einen Weg zu finden, der alle Interessen berücksichtigt.Mit dieser Strategie ist auch Ira Kröswang mit ihrem Team unterwegs. Seit 2007 hat sich die Kanzlei auf die Begleitung von Erbengemeinschaften spezialisiert. "Unbewusst", so Kröswang, "wünschen sich viele Erben eine ausgleichende Instanz in Form einer Mediation. Viele wissen aber gar nicht, dass das eine Lösung von Konflikten sein kann."