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Depeche ModeMartin Gore erklärt, was es für einen guten Song braucht

Martin Gore von Depeche Mode beschreibt, wie sich Zeit mit Musik verlängern lässt.Martin Gore 23.03.2024 - 14:23 Uhr
Depeche-Mode-Gitarrist Martin Gore: Gedenke des Todes. Foto: Getty Images

„Memento Mori“ – Gedenke des Todes – ist der Titel unseres 15. Studioalbums, das wir als Duo aufnahmen. Keyboarder Andy Fletcher war bei den Demoaufnahmen dabei. Er verstarb unerwartet, kurz bevor wir ins Studio wollten. Das lässt einen über Zeit und wie wir sie nutzen nachdenken.

Die Zeit ist schließlich eines der grundlegenden Elemente der Musik in Form von Rhythmus. Dennoch ist es erst die Balance und das Zusammenspiel zwischen Rhythmus, Melodie und Harmonie, die den Charakter eines Stücks ausmachen.

Jede Säule stützt die anderen und schafft eine Struktur, die es der Musik ermöglicht, emotional und intellektuell den Hörer zu erreichen. Der darüber vielleicht die Zeit vergisst.

Denn wenn es um die Wahrnehmung von Zeit in der Musik geht, ist es faszinierend, wie ein langsameres Tempo dazu führen kann, dass sich drei Minuten ausgedehnt anfühlen, was zu Introspektion und einer tieferen emotionalen Verbindung führt. Während ein schnelleres Tempo die gleiche Zeitspanne in einem gefühlten Augenblick verstreichen lassen kann, energiegeladen und voller Bewegung.

Es ist ein faszinierender Gedanke, dass man sich mehr Lebenszeit verschaffen kann durch eine andere Wahrnehmung der Zeit. Das Tempo der Musik beeinflusst unsere Wahrnehmung von Zeit. Aber es sind die Emotionen und die Erfüllung, die wir aus dem Hören ziehen, die unser Leben wirklich bereichern.

Egal, ob ein Stück langsam und kontemplativ oder schnell und berauschend ist, es ist die Verbindung zur Musik, die am wichtigsten ist, nicht ihre Geschwindigkeit.

Sebastian Kienle

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Deswegen gibt es auch kein ideales Tempo für Musik, obwohl die Stunden, Minuten und Sekunden Einheiten sind, die sich auf Tag und Nacht und Mondphasen beziehen. Das „ideale“ Tempo hängt von den emotionalen und erzählerischen Absichten ab, die hinter dem Stück stehen. Sowohl 60 als auch 120 Schläge pro Minute dienen unterschiedlichen Zwecken und können unterschiedliche Gefühle hervorrufen.

Musik ist ein Spiegelbild menschlicher Emotionen und Erfahrungen, die sich nicht auf ein einziges Tempo beschränken lassen.

Die Songs von Depeche Mode wurden von Anfang an mit der Präzision elektronischer Rhythmen vorgetragen, während andere Welthits manchmal Temposchwankungen unterliegen. Bei der Präzision ging es uns schon immer darum, einen bestimmten Klang und ein bestimmtes Gefühl zu erreichen, nicht darum, den menschlichen Faktor zu eliminieren.

Depeche Mode: Der menschliche Faktor in der Musik

Die emotionale Tiefe und die menschliche Note in unserer Musik kommen von der Art und Weise, wie wir Melodien und Texte gestalten und wie sie mit den Rhythmen interagieren.

Deswegen wäre es auch falsch, frühere Hits mit programmierten Ungenauigkeiten neu aufzunehmen, um sie „menschlicher“ klingen zu lassen, was damals nicht möglich gewesen wäre.

Auch wenn moderne Drumcomputer diesen menschlichen Faktor programmiert haben – die Idee gefällt mir nicht besonders. Unsere Songs fangen die Essenz und Emotion des Augenblicks ein, in dem sie entstanden sind, einschließlich der Genauigkeit der Drumcomputer.

Dennoch entwickelt ein Musiker über die Jahre ein Gespür für Timing und braucht kein Metronom, um einen Song einzuzählen. Eine Uhr kann zwar Sekunden messen, aber sie kann nicht das Gefühl oder den Groove eines Songs erfassen, der aus der Intuition geboren wird.

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Unser Umgang mit Zeit sollte sich dessen stets bewusst sein. Wenn Freunde sagen, dass sie keine Zeit für dies oder jenes haben, erinnert mich das daran, darüber nachzudenken, wie wir unsere Zeit einteilen. Es geht im Leben um Entscheidungen und Prioritäten. Und manchmal müssen wir neu bewerten, um sicherzustellen, dass wir nicht nur beschäftigt, sondern auch erfüllt sind und uns mit dem beschäftigen, was uns wirklich wichtig ist.

Um unsere Zeit optimal zu nutzen, so wie es „Memento Mori“ nahelegt, müssen wir uns bewusst mit der Welt um uns herum auseinandersetzen. Es geht darum, das zu priorisieren, was wirklich wichtig ist, sei es das Verfolgen von Leidenschaften, das Pflegen von Beziehungen oder das Beitragen zur Gemeinschaft. Zeit ist endlich, und das Erkennen ihres Wertes ermutigt uns, sinnvoller zu leben.

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Ein Jahr nach Veröffentlichung des Albums „Memento Mori“ haben Dave Gahan und Martin Gore auch an der Gestaltung einer eigenen Uhr mitgewirkt, die einen Totenkopf zeigt und „Spirit of Depeche Mode“ heißt und von dem Uhrenhersteller Hublot hergestellt wird.

Mehr: Alle Ausgaben des Handelsblatt-Wochenendes finden Sie hier

Erstpublikation: 15.03.2024, 17:09 Uhr.

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