Auktion: „Bergpredigt“ aus Hitlerbesitz versteigert

Frans Franckens „Bergpredigt“ hat trotz brisanter Vorgeschichte für 58.500 Euro (inkl. Aufgeld) einen Käufer gefunden.
München. Bilder wie Frans Franckens „Bergpredigt“ sind ein heißes Eisen für den Kunsthandel. Es hat Jahre gedauert, bis sich die Eigentümer und der Kunstversteigerer Neumeister in einer juristisch unbedenklichen Lage befanden. Gestern Nachmittag ersteigerte ein ausländischer Privatsammler das frühbarocke Gemälde des bedeutenden Antwerpener Malers im Münchner Auktionshaus für 58500 Euro inklusive Aufgeld.
Lange stand die Frage nach Raubkunst im Raum. Heikel war die Provenienz aber in mehrfacher Hinsicht. Ende April 1945 hat eine Münchner Bande die Holztafel aus dem 17. Jahrhundert samt 600 anderer Bilder aus der Parteizentrale der NSDAP gestohlen.
„Die Bergpredigt“ aus dem Besitz Adolf Hitlers kam 2009 bei der Fernsehsendung „Kunst und Krempel“ wieder ans Licht. Bürger können dort Privatschätze begutachten lassen. Als TV-Zuschauer erkannte der Provenienzforscher Stephan Klingen das Gemälde als Werk aus diesem Raubzug.
Rechtsnachfolger des Eigentums von Adolf Hitler wäre die Bundesrepublik Deutschland. Ein Gericht befand jedoch, dass die damalige Eigentümerin, die das Bild geerbt hatte, es gutgläubig ersessen hat. Das Bild hat dennoch dunkle Flecken. Hildebrand Gurlitt, Kunsthändler im Dienst der Nazis, hatte das Gemälde im besetzten Frankreich erworben und an Hitler für dessen „Führermuseum“ in Linz weiterverkauft.
Die jahrelange zeit- und kostenaufwändige Recherche begann, als Neumeister-Chefin Katrin Stoll, die sich vehement für die Aufklärung von Verstrickungen des Kunsthandels während der Nazizeit engagiert, das Bild zum Verkauf anvertraut wurde. Alle Spuren zu möglichen jüdischen Sammlern liefen ins Leere. Es konnte kein Geschädigter gefunden werden.
Zumindest Nachteile musste wohl die Verkäuferin hinnehmen. Der Verkauf verzögerte sich um Jahre. Franckens Stern steht auf dem Altmeistermarkt nicht mehr so hoch wie 2010, als das Dorotheum mit dem Rekordpreis von 7 Millionen Euro die Preise pushte.
Empörend fand Katrin Stoll das Angebot zweier internationaler, in Sachen NS-entzogener Kunst engagierter Institutionen, deren Geschäftsmodell auf Restitutionsfragen fußt. „Sie wollten es zu einem Dumping-Preis rauskaufen und selbst vermarkten“, sagte Katrin Stoll dem Handelsblatt.



Der Fall Frans Francken ist für Katrin Stoll ein weiteres Signal für ein notwendiges Raubkunst-Rückgabe-Gesetz für Private. Sie bewegen sich weiterhin in juristischen Grauzonen. Denn die Washingtoner Erklärung gilt nur für museale Institutionen. „Es ist überfällig, dass die Bundesregierung proaktiv die Frage eines Reglements für Privatpersonen in die Hand nimmt“, sagte sie im Gespräch. Die „Bergpredigt“ hat in ihren Augen einmal mehr gezeigt, „dass im Handel sich vieles anders darstellt, als man es sich Berlin vorstellt.“






