Auktionsbericht: Der Stern Rembrandt leuchtet am Altmeister-Himmel
London. Wochenlang bewarb das Londoner Auktionshaus Sotheby’s seine Auktion Alter Meister mit einem wiederentdeckten Bild aus der Hand Rembrandts. 10 bis 15 Millionen Pfund sollte das nur 24.5 mal 18.5 cm große Frühwerk bringen. Erzielt wurden am 7. Dezember bei nur einem Gebot 11 Millionen Pfund (inklusive Aufgeld). Das lässt vermuten, dass das Gemälde an den Garanten der Arbeit ging. Er hatte sein Gebot vor der Auktion bestätigt und erhielt dafür Sonderkonditionen.
Das kleinformatige monochrome Bild, das die Anbetung der Könige darstellt, erschließt sich dem Betrachter nur langsam. Die intime Szene ist so dunkel gehalten, dass sich das Licht auf dem Jesuskind wie auch die Reflexpunkte auf der Kleidung erst langsam entfalten. Erst 2021 war das Gemälde von Christie’s Amsterdam als „Kreis um Rembrandt“ verkauft worden. Die Schätzung von 10.000 bis 15.000 Euro wurde damals um ein Vielfaches überboten.
Die damals erzielten 860.000 Euro legen nahe, dass es Vermutungen gab, es könne sich um ein Original handeln. Diese Vermutung bestätigt nun Sotheby’s nach monatelangen Recherchen. Warum der Markt auf den neuen Preis und die neue Zuschreibung nicht enthusiastischer reagierte, darauf kann man nur spekulieren. Aber eines ist klar, es lag nicht an Rembrandt und nicht an der christlichen Thematik. Denn nur einen Tag später zeigte der Konkurrent Christie’s bei der Versteigerung der Rembrandt-Grafiksammlung von Sam Josefowitz, wie begehrt Rembrandt nach wie vor ist – vor allem wenn die Provenienz stimmt!
Das Haus bot insgesamt 75 teilweise sehr seltene Grafiken an, die der Sammler über Jahrzehnte mit Kenner- und Leidenschaft sammelte. Fünf Blätter wurden erfolgreich in der Altmeisterauktion versteigert; die restlichen ließen sich in der Sonderauktion zu 100 Prozent absetzen. Selten sah man einen Saal bei einer Altmeister-Auktion vom ersten Los an so voller Energie und Spannung.
Die Auktion war die letzte, die Auktionator Jussi Pylkkänen leitete, denn er verlässt Christie’s. Die Auktion, die er wie immer meisterhaft am Rostrum orchestrierte, ist der würdige Abschluss einer langen Karriere. Sein Abgang ist ein herber Verlust für das Haus. Gebote kamen durchweg parallel von Online-Bietern aus der ganzen Welt, von den Telefonen und vor allem auch aus dem Saal.
Ein Sammler aus den USA, den Pylkkänen mit „Ted“ ansprach, bot auf mindestens zehn Lose und erwarb mindestens sechs. Nach der Auktion gab Christie’s bekannt, dass alle Lose über 500.000 Pfund mindestens vier Bieter per Los hatten. Und vor allem kamen die Bieter und Käufer immer wieder zurück für mehr, was dazu führte, dass fast 90 Prozent der Lose oberhalb der Schätzung versteigert wurden.
Das Interesse war gleich groß, ob es sich um religiöse Themen, Porträts oder Landschaften handelte. Das letzte Los, „Die Marmor-Kegelschnecke“, war auf 80.000 bis 120.000 Pfund geschätzt. Sie spielte bei mindestens sechs Bietern am Ende der zweistündigen Auktion 731.000 Pfund ein. Jeder wollte seinen Teil der legendären Sammlung mit nach Hause nehmen. Die Stimmung im Saal fühlte sich an wie eine Hommage an den Sammler. Das Endergebnis von acht Millionen Pfund spricht für sich und ist eine Glanzleistung für den Deutschen Tim Schmelcher, Grafikspezialist bei Christie’s London.
Wie einzigartig eine solche Sammlung ist, zeigten die regulären Abendauktionen Alter Meister. Sie erzielten zwar solide Ergebnisse. Ihr Angebot ragte aber im Großen und Ganzen nicht über das Mittelmaß hinaus. Sotheby’s rettete seine nur 27 Lose umfassende Auktion mit dem Rembrandt, der die Hälfte der Einnahmen ausmachte und das einzige Los war, das es über die 1 Million-Hürde schaffte.
Interesse fanden auch zwei Stillleben von zwei Künstlerinnen, eines von Louise Moillon und das andere von Clara Peters. Die Auktion bot einen Überblick über alle Epochen: von der Renaissance, mit einer frühen Cassonetafel aus Italien und kleinformatigen Goldgrundbildern über die Holländer des 17. Jahrhunderts bis zu den Malern des 19. Jahrhunderts. Man kann sich kaum vorstellen, dass diese bis vor einigen Jahren noch eine eigene Kategorie bespielen konnten.
Den internationalen Geschmack traf das „Portrait of a Mughal lady, seated in an interior“ von Francesco Renaldi. 1787 in Kalkutta gemalt, befand es sich seit über 50 Jahren in einer englischen Privatsammlung. Das auf 300.000 bis 600.000 Pfund geschätzte Los verdoppelte die untere Taxe. Drei Telefonbieter trieben den Preis auf 825.500 Pfund, ein Auktionsrekord für den Künstler. Insgesamt gab es drei Weltrekorde, neben dem Renaldi auch für Ambrosius Francken I. und Willem Cornelisz Duyster. Von 27 Losen fanden sieben keinen Käufer.
Das Gesamtergebnis von 19,4 Millionen Pfund wurde vom Haus zwar als durchschnittlich für Dezemberauktionen dieser Kategorie beschrieben; aber es zeigt dennoch an, wie dünn das Angebot an erstklassiger Ware zurzeit ist.
Christie’s brachte immerhin 39 Lose in die Abendauktion, die insgesamt 22 Millionen Pfund einbrachte. Ein Diptychon von Canaletto mit einer Vedute von Venedig war hier das Los mit der höchsten Schätzung. Das Bild aus der Mitte der 1730er-Jahre besticht durch seine Detailtreue auf kleinstem Raum, eine exzellente englische Provenienz und Marktfrische. Hier gab es zwei Gebote, die die Arbeit über die Garantie auf 10 Millionen Pfund in die Mitte der Schätzung brachte.

Zu wenig qualitätvolle Altmeister verfügbar
Ein Gemälde des Flamen Michael Sweerts zog wohl aufgrund seines faszinierenden Sujets des „Bild im Bild“ mehrere Gebote auf sich. Es zeigt einen Mann – vielleicht den Künstler – der das Gemälde einer betenden Frau präsentiert. Das Endergebnis von 1,7 Millionen Pfund liegt weit über der Schätzung von 400.000 bis 600.000.
Insgesamt spielte die Auktion 23,5 Millionen Pfund ein, ein respektables Ergebnis. Unverkauft blieben acht Lose. Der Altmeisterhändler Johnny van Haeften ersteigerte einige Lose bei beiden Auktionen, wie auch andere englische und kontinentale Händler. Das signalisiert zum einen, dass manches wieder auf den Markt kommen wird, und zum anderen, dass der Altmeisterhandel weiterhin aktiv ist. Das Problem im Markt liegt in der Qualität des Angebots, nicht in der Nachfrage.
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