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AusstellungEin frommer Wunsch – Zwiegespräche mit der unberührten Natur

Das Museum Frieder Burda aktiviert seine Besucher in vier begehbaren Installationen. In der Ausstellung soll er sich mit der Natur, ihren Gerüchen und Klängen verbinden.Susanne Schreiber 08.08.2024 - 15:57 Uhr Artikel anhören
Ernesto Netos Installation "The Birth Off Contemporous Blue Tree" Foto: N. Kazakov; Tanya Bonakdar Gallery

Baden-Baden. Der fortgesetzte Raubbau an der Natur und der Klimawandel sind die beherrschenden gesellschaftspolitischen Themen unserer Zeit. Auch ohne aktuelle Hitzewelle oder Flutkatastrophe reflektieren viele Künstlerinnen und Künstler in ihren Arbeiten ihre große Sorge vor einem Kollaps der Ökosysteme.

Julian Charrière reist für seine Projekte meist in entlegene Weltgegenden. Diesmal nimmt der Künstler die Museumsbesucherin scheinbar mit in den tropischen Regenwald an der Küste Ecuadors. Vor einer Großleinwand vernimmt sie eine große Oper der Sounds: Zirpen, Piepen, schwirrendes Flügelklappern, Vogelgezwitscher. Dabei blickt sie auf Nebelwände im Urwald, Lianengeflecht und Blätterdächer in verschiedenen Höhen.

Die Besucherin liegt auf einer Ruhestatt im Museum Frieder Burda in Baden-Baden und hört in der Live-Videoverbindung den Tau tropfen. „Calls for Action“ heißt die spielerisch-kritische Intervention des 37-jährigen Shootingstars im Kunstmarkt. Die Besuchenden sind optisch und akustisch dabei, wenn die aufgehende Sonne das Grau-in-Grau der Nacht auflöst in vielerlei Grün und das Vogelgezwitscher anschwillt.

In den Saal hat Charrière auch eine Telefonkabine platziert. Er „wollte der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, sich intensiv mit gefährdeten Ökosystemen auseinanderzusetzen und ihre eigenen Stimmen darin zu hören“. Bei unserem Besuch klappte das Zwiegespräch mit der unberührten Natur nicht. Es wirkte wie eine tote Verbindung oder eben eine schöne Metapher.

Aber natürlich gilt, was der Schweizer Künstler auf der website callsforaction.net schreibt: Die Installation „ist eine Erinnerung daran, dass unsere Anwesenheit auch an Orten spürbar ist, die wir für abgelegen halten. Alles ist miteinander verbunden.“

Für die Serie „Waldeinsamkeit“ lässt Sam Falls die in einem Wald ausgelegten Leinwände unter Blättern und Farn „belichten“. So entstehen berückende Abdrücke der Naturschönheit. Foto: N. Kazakov

Wenn ein Museumsbesucher dem Regenwald, der CO2 speichert, etwas wünscht, so die Aufforderung in der Schau, verbinde er sich emotional mit ihm. Ausdrucksformen der Natur wiederzuentdecken und sich auf einen Heilungsprozess zu begeben, statt eine Herrschaftsbeziehung einzugehen, ist der – fromme – Wunsch der Ausstellung „I Feel the Earth Whisper“.

Ökologie und Umweltfragen sind längst auch in anderen Museen und sogar auf Messen angekommen, wenn wir an das Remake der Installation „Weizenfeld“ von Agnes Denes auf dem Platz vor der diesjährigen „Art Basel“ denken. Eine Ausstellung über Kunst und Ökologie muss nicht immer so groß und umfassend sein wie jene mit dem Titel „1,5 Grad“ in der Kunsthalle Mannheim.

Das private Museum Frieder Burda in Baden-Baden feiert damit in diesem Sommer seine Gründung von 20 Jahren. 2004 hatte der Unternehmer und Kunstsammler Frieder Burda (1936-2019) sein von Richard Meier errichtetes Privatmuseum eröffnet. Zunächst der Schwerpunkt der Ausstellungen auf Expressionismus und Nachkriegskunst. Dann wurde die Hinwendung zur zeitgenössischen Kunst immer stärker.

Die Kraft dahinter war oft Patricia Kamp, Burdas Stieftochter. Sie hat jetzt zusammen mit dem freien Kurator Jérôme Sans vier Installationskünstler eingeladen. Ihre Aufgabe: Sich der weitgehend kommerzialisierten Natur auf spirituellem Weg anzunähern. Und den Besuchenden die Chance geben, ihre Sinne zu wecken.

Das gelingt gut mit Bildern, die buchstäblich im Rahmen bleiben. Für die Serie „Waldeinsamkeit“ lässt Sam Falls die in einem Wald ausgelegten Leinwände unter Blättern und Farn „belichten“. So entstehen berückende Abdrücke der Naturschönheit.

Bei Ernesto Netos Installation aus einem zeltartigen Textilnetz schnuppert die Besucherin Nelken, Rosmarin und Zitronenmelisse in Töpfen. Trommeln und Klangschalen laden ein zum Verweilen und Musizieren. Ob solch ein die Sinne ansprechendes Kunsterlebnis wirklich zu mehr sozialem Gleichgewicht führt, wie der Künstler hofft, sei dahingestellt.

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Caspar David Friedrich war kein Ökokritiker

Die von den Veranstaltern als immersiv gepriesene Installation „Salt kisses my lichens away“ von Bianca Bondi erscheint dann doch arg gezähmt. Moose und Flechten wuchern artig nicht in den Raum, sondern nur entlang der Bilderrahmen. Salz in Kupferschüsseln stößt lediglich eine Mini-Metamorphose auf dem Boden an.

Das Thema Kunst und Ökologie liegt im Trend. Doch wie sieht es mit dem noch nicht energiesparend gebauten Haus und seinen Kuratoren aus? Wir fragen nach. Das Museum selbst hat der Nachhaltigkeit wegen, seine Klimaanlage nachgebessert und spart so 40 Prozent seiner Energie ein.

Direktion und Mitarbeitende versuchen, Leihgaben aus Übersee zu vermeiden und lassen Drucksachen mit Biofarbe drucken. Noch kann die Kuratorin kann nicht auf Flüge verzichten. Sie nehme Anregungen aus der Kunst mit, lässt Patricia Kamp auf Nachfrage wissen.

„I Feel the Earth Whisper“ im Museum Frieder Burda, Baden-Baden,
bis 3. November 2024
Di bis So 10 bis 18 Uhr; An allen Feiertagen geöffnet
Eintritt: 14 Euro, ermäßigt: 11 Euro
Audioguide 5 Euro; Der Katalog soll im September erscheinen

Mehr: Der neue Maßstab – Klimaschutz im Kunstbetrieb

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