Kunstmarktplatz Wien Messe und Galerien wagen den Wandel

curated by "The Performance Agency" in der Galerie Zeller van Almsick.
Der Kunstmarktplatz Wien ist in Bewegung, und das liegt nicht nur an Corona. Die angestammte Kunstmesse Viennacontemporary (VC) erfindet sich gerade neu, während sich das Galerienformat „curated by“ demokratisiert und verjüngt.
Die Alte Post in hat eine Geschichte im Kunstzusammenhang. 2017 fand hier schon einmal die Satellitenmesse Parallel statt. Damals sollte das imposante Gebäude im Stadtzentrum nach dem Willen eines Investors in Luxusappartments umgewandelt werden.
Jetzt gehört das Gebäude der Hasso Plattner-Stiftung, die es kulturell nutzen will. In diesem Herbst schlägt zunächst die VC ihr Quartier in dem entkernten Bau auf. Dafür wurden professionelle Messestände eingebaut und 900 Quadratmeter Fußboden verlegt. Und rund zwei Dutzend Galerien für die Teilnahme gewonnen, vornehmlich aus Osteuropa, dem traditionellen Schwerpunkt der Messe.
In der Rekordzeit von lediglich sechs Wochen hat der neue künstlerische Leiter der Messe eine kleine, aber hochfeine Auswahl künstlerischer Positionen zusammengestellt, die sich wohltuend von der oft grell auftretenden Diskurskunst abhebt, die aktuell auch den Markt dominiert.
Boris Ondreička, der zuletzt unter anderem für die Thyssen-Bornemisza Art Contemporary-Stiftung, tba21, tätig war, setzt sich seit den frühen 1990er-Jahren mit der Kunst des ehemaligen Ostblocks und den wechselseitigen Beziehungen mit dem ehemaligen Westen, wie er es nennt, auseinander.
Zu Corona, der speziellen Wiener Situation, dem zumindest temporären Auszug aus der Marxhalle – in der inzwischen die vom Vermieter selbst organisierte Spark Art Fair ihre Premiere hatte – und der Notwendigkeit zum kontinuierlichen Wandel auch des eigenen Formats erklärt Markus Huber, Geschäftsführer der VC: „In der jetzigen Situation war es uns wichtig, die Kunst wieder ins Stadtzentrum zu bringen.“

"Maybe She Would Laugh", Video-Still. Das 2020 entstandene Werk gehört zur Ausstellung in der Galerie Charim, "Curated by" Olesya Turkina.
Damit sei allerdings noch nicht das letzte Wort gesprochen: „Wir erwägen durchaus, zukünftig wieder in die Marxhalle zurückzukehren. Wir glauben allerdings, dass eine Messe mit 60/70 Galerien eine gute Größe ist, und da eröffnen sich in Wien mehrere Optionen. Wir glauben auch nicht, dass das klassische Modell mit Kojen in einer Halle zwangsläufig ist.“
„Curated by“ erweist sich als Fels in der Brandung
Während die Wiener Messelandschaft eine turbulente Phase durchläuft, erweist sich das von den örtlichen Galerien entwickelte Ausstellungsformat curated by als Fels in der Brandung. Bildet bei den gemeinsamen Eröffnungswochenenden In Berlin, dem Rheinland, Frankfurt oder London eine Party, ein Dinner oder sonstiges Rahmenprogramm die Klammer, definiert sich Wien über Inhalte.
Im inzwischen 13. Jahr bespielen 24 eingeladene Kuratoren oder Teams ebenso viele Galerien mit über 180 Künstlern. Renommierte Namen wie Andrea Bellini (bei Christine König), Zdenek Felix (Meyer Kainer), Martin Germann (Nächst St. Stephan) stehen dabei neben experimentellen Positionen wie den Theoretikern Jörg Heiser und Sarah Khan (Gabriele Senn) oder den Kunstkollektiven SPATZI SPEZIAL (Sophia Süssmilch und Valentin Wagner bei Krobath), Studio for Propositional Cinema (LAYR) und The Performance Agency (Zeller van Almsick).
Neue Player treten auf den Plan, andere verschwinden
Curated by selbst hat sich ebenfalls ebenfalls eine Reform verordnet. Deren neu gegründeter Verein überlässt die Auswahl der Projekte allen Galerien, die jemals an curated by teilgenommen haben.
Der neue Obmann Robby Greif, Direktor der Galerie Christine König begreift die aktuelle Entwicklung als Herausforderung und Chance: „So, wie sich das curated by-Projekt über die Jahre entwickelt hat und gereift ist, so verändert sich auch die Galerien- und Messelandschaft. Es treten neue Player auf den Plan, andere verschwinden oder müssen sich ebenso weiter entwickeln.“ Einen so pragmatischen und kreativen Umgang mit der Realität wie in Wien wünscht man sich auch andernorts.
Mehr: Spark Art Fair: Wiens neue Kunstmesse debütiert mit gewagtem Konzept
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