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MesseberichtInnovationen in 
schwierigen Zeiten

Die bis zum 18. Mai laufende zehnte Ausgabe der „Photo London“ führt die Vielfalt der zeitgenössischen Fotografie vor Augen.Stephanie Dieckvoss 15.05.2025 - 15:38 Uhr aktualisiert Artikel anhören
Fragile Motive: Die Hamburger Galerie Persiehl & Heine präsentiert Bäume, Blätter, Insekten und Unterseewelten von Gregor Törzs. Foto: © Gregor Törzs

London. Auch der Bereich Kunstfotografie hat es gerade nicht leicht. Das sagte der Mitbegründer der „Photo London“, Michael Benson, auf der Pressekonferenz zur zehnten Ausgabe der Fachmesse im Somerset House. Im anschließenden Gespräch mit dem Handelsblatt nannte er die Gründe für die angespannte Lage: Neben den allgemeinen Schwierigkeiten im Kunstmarkt leide der Sektor unter dem Wegbruch einiger etablierter Player wie der Münchener Galerie Daniel Blau. Neue und junge Galerien kämen nach, aber es sei ein schwieriger Prozess. Fotografie werde oft in allgemeine Kunstgalerien integriert, gehe dort aber unter.

Vor diesem komplexen Hintergrund kann man das Messeteam nur beglückwünschen, den Besuchern einen interessanten Einblick in die Vielfalt der zeitgenössischen Fotografie zu geben. Dieser gelingt nicht nur durch die sorgsame Auswahl der Aussteller und die Vielzahl an Sonderausstellungen und Projekten. Das Besondere an der Londoner Fotomesse war von Anfang an ihre einzigartige Verbindung zur institutionellen Welt. Dass die Messe auch deshalb eine loyale Besucherschaft hat, konnte man an der guten Atmosphäre am Eröffnungstag spüren, an dem sich viele, vor allem auch junge Besucher in den Gängen und Kojen tummelten.

Der Markt hat sich verändert

Viele Aussteller sind der Messe seit langer Zeit treu. Der etablierte Galerist Sundaram Tagore ist optimistisch, neue Kunden zu gewinnen, betont aber auch, wie sich der Markt verändert hat. „Fotografie ist heute mehr Mainstream. Leute sammeln sie wie andere Kunst auch.“ In der Tat sieht man, dass viele Galerien, darunter auch Tagore, keine spezialisierten Fotogalerien sind. Fotos sind aber immer noch ein attraktives Vehikel, neue Sammler zu gewinnen. Die meisten der angebotenen Arbeiten kosten weniger als 10.000 Pfund und sind thematisch gefällig. Wer Blumen, Landschaften oder auch Meeransichten mag, hat auf der Messe eine Fülle von Optionen.

Dass man als Besucher von der Fülle der rund 130 Aussteller nicht überwältigt wird, liegt an der Präsentation der Werke. Zahlreiche Galerien präsentieren in den großzügigen Ständen und Räumen nur ein oder zwei Künstler. So kann man sich auf deren spezifisches Werk konzentrieren. Viele, auch aktuelle Positionen sind in Schwarz-Weiß gehalten und experimentieren oftmals mit Techniken aus dem 19. Jahrhundert wie Fotogrammen und anderen analogen Techniken.

Santiago Porter „Piezas #9“: Die Arbeiten des Argentiniers stehen bei Rolf Art aus Buenos Aires zum Verkauf. Foto: © 2025 Rolf Art, Buenos Aires

Ein Beispiel dafür sind die Arbeiten des Deutschen Gregor Törzs, der von der Hamburger Galerie Persiehl & Heine gezeigt wird. Törzs entwickelt seine Bäume und Blätter, Insekten und Unterseewelten von Hand und benutzt oftmals hauchdünnes Japanpapier, um die Fragilität seiner Motive im Objekt selbst widerzuspiegeln – „Thuja“ aus dem Jahr 2020 aus einer Edition von sechs Exemplaren kostet 5500 Pfund. Die Galerie, ein Arm der etablierten Galerie Commeter, ist zum zweiten Mal auf der Messe. Sie kämen gern nach London, betont ein Galeriemitarbeiter, nicht zuletzt deshalb, weil die Veranstalter einen Teil der mühsamen Arbeit mit den Einfuhrpapieren übernähmen.

Dass diese Unterstützung nicht immer ganz reibungslos funktioniert, musste die Galerie Tanit aus München erleben, die ihre Arbeiten erst kurz vor der Eröffnung geliefert bekam. Das sieht man dem sorgsam kuratierten Stand allerdings nicht an. Spannend ist die Bodeninstallation des Libanesen Tarek Haddad, in der Würfel aus Fotos in einer Kiste liegen, die wie im Spiel verschiedenartig angeordnet werden können.

Der Messe gelingt es noch immer, internationale Aussteller anzulocken. Im Bereich der jungen Galerien zeigt die türkische Şule Gazioglu Gallery poetisch-melancholische Stadtansichten der schwedisch-deutschen, in Istanbul lebenden Annette Louise Solakoglu. Rolf Art aus Buenos Aires präsentiert großformatige Fotogramme von Roberto Huarcaya aus Peru, bekannt von der letzten Biennale in Venedig. Kleinformatig arbeitet der Argentinier Santiago Porter, der zehn mal 13 Zentimeter große Filmplatten monochrom bemalt und die Frage nach dem Medium der Fotografie stellt. Technisch experimentell und beliebt sind die Arbeiten von Susanne Wellm, die bei der Galerie XII aus Paris zu finden sind. Die dänische Künstlerin verwebt ihre Fotografien in neue Bilder und kreiert damit Unikate. Von den vier Arbeiten waren am Eröffnungstag schon drei verkauft – zu Preisen um die 7000 Pfund.

Aus diesen Verkäufen kann man allerdings keinen Schluss auf die Umsätze zum Auftakt der Messe insgesamt ziehen. Rote Punkte gab es wenige, aber bei Auflagenarbeiten ist man vielleicht auch diskret. Das Interesse war da, die Preise stimmen, und zu entdecken gibt es vieles. Am Wochenende wird ein neuer Büchermarkt mit unabhängigen Verlegern das Angebot bereichern. Spätestens da kann man auch etwas für den kleinen Geldbeutel finden.

Eines ist sicher: An Ideen, auch in schwierigen Zeiten mit Innovationen die Messe zu bereichern, fehlt es nicht. Für die Messegründer Benson und Fariba Farshad ist die Veranstaltung eine Leidenschaft und kein Finanzvehikel. Davon profitieren Aussteller und Besucher. Und besonders dazu muss man den Organisatoren im Jubiläumsjahr gratulieren.

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