Photofairs: Saisonstart in New York: Die neue Fotomesse gibt sich jung
Eine Hymne an die Schönheit des Ornaments in der afrikanischen Kultur. Die Fotografin stammt aus Nairobi (Ausschnitt).
New York. Das dürfte jeden Flaneur jäh stoppen, der sich auf einen großen Bildschirm projiziert sieht: zahlreiche bunte AR-Gesichtsfilter verwandelten ihn in ein wundersames exotisches Wesen. ”I’ll be Your Mirror“, der erste Messeauftritt der jungen Medien-Künstlerin Huntrezz Janos zeigt, was die neue New Yorker Messe „Photofairs" für digitale und neue Medien leisten kann.
„Bisher boten Messen keinen Raum für Werke dieser Art“, sagt die Galeristin Kelani Nichole, die bereits seit 2013 die auf prozessorientierte Werke fokussierte Galerie Transfer betreibt. 12.000 Dollar soll Janos“ Arbeit kosten; sie hat bereits die auf digitale Kunst spezialisierte Thoma Foundation begeistert.
Während sich führende amerikanische Galerien in dieser Woche in Seoul um asiatische Sammler bemühen, möchte die 2014 in Shanghai gegründete Messe Photofairs jetzt New York erobern. Für Gründer und CEO Scott Gray ist es bereits der zweite Anlauf auf dem weltgrößten Fotomarkt USA.
Zunächst hatte Gray 2017 auf San Francisco gesetzt, wo Großsammler des Mediums zu Hause sind. Er gab aber nach nur zwei Ausgaben wieder auf. Die jetzige Ostküsten-Ausgabe wird von einem Konsortium unter der Leitung des auf Film und Fotografie spezialisierten britischen Eventveranstalters Creo und dem ebenfalls aus London stammenden internationalen Messemacher Angus Montgomery Arts als Mehrheitseigner verantwortet.
Der Fokus auf neue Medien und Videokunst zielt vor allem auf ein junges Publikum. Jung sind auch die meisten der 56 internationalen Galerien, darunter 37 aus den USA. Nur drei reisten aus Asien an. Viele präsentierten sich bisher nur auf Kunstmessen, wie etwa Elijah Wheat Showroom, wo aufwändige Polaroid-Collagen von Rhiannon Adam hängen, oder Management mit den rätselhaft düsteren Digitalfotografien von Merik Goma.
Verblüffend ästhetisch präsentieren sich die aus der Luft fotografierten Umweltverschmutzungen, hier in der Kohleregion Mpumalanga in Südafrika.
Dagegen sind manche Teilnehmer wie Throckmorton, Robert Mann oder Howard Greenberg als traditionelle Fotohändler regelmäßig auf der seit 1980 in New York laufenden „Photography Show“ der Händlerorganisation Aipad (Association of International Photography Dealers) zu Gast. Auf Photofairs unterfüttern sie neueste Technologien mit historischen Beispielen. Greenberg zeigt etwa Edward Westons berühmten Abzug „Nude on Sand (Charis, Oceano, California) „ von 1936. NFTs, ein Markt, der zuletzt rapide schwindenden Enthusiasmus bei Investoren und Kreativen sieht, sucht man dagegen vergeblich.
Hier und da gibt es Videos. Den weitaus meisten Raum nehmen jedoch zweidimensionale Arbeiten ein. Da lohnt sich ein zweiter Blick. Sarp Kerem Yavuz etwa setzt bei Von Lintel Gallery ein AI-Programm für seine neue fotorealistische Serie „Polaroids from the Ottoman Empire“ ein. Sie erträumt eine queere Partyszene im orientalistischen Ambiente.
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Nur wenige Meter entfernt eröffnet die Armory Show die New Yorker Herbstsaison mit frischer Energie. Sie feiert im nächsten Jahr ihre 30. Ausgabe. Mit 225 Ausstellern aus 35 Ländern gibt sie sich in diesem Jahr noch internationaler. Dass sie seit Juli zur Londoner Marke Frieze gehört, die dem Immobilien-Investment-Trust Vornado angeblich 24,3 Millionen Dollar zahlte, darauf deutet bisher nur der mit den Frieze-Messen vereinheitlichte Netzauftritt hin.
Auf die Ränder des kunstgeschichtlichen Kanons fokussiert zum zweiten Mal die vielbeachtete Messe „Independent 20th Century“. Downtown erinnert Beck & Eggeling an Hal Busse (1926—2018) , die in den 1950er-Jahren in engem Kontakt mit der ZERO-Gruppe stand.
Fortes D’Aloia & Gabriel zeigen zwischen Abstraktion und Figuration changierende Gemälde der Brasilianerin Wanda Pimentel (1943-2019) und auch die berühmten kürbisförmigen Körbe Louisa Keysers (1835-1925) finden hier einen Platz. Die Donald Ellis Gallery verlangt für die musealen Klassiker aus den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts bis zu 1,5 Millionen Dollar.