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Interview zum Hotel-RankingChristian Harisch: „Problematik der Lieferketten zieht auch beim Lanserhof Sylt von einem Teil ins andere“

Ein Hotel zu planen und zu bauen, hat unkalkulierbare Risiken. Mit einem guten Jahr Verspätung öffnete der Lanserhof Sylt. Der Chef über Technik, Lieferengpässe und Probebetrieb.Michael Raschke 27.11.2022 - 20:00 Uhr Artikel anhören

Teil des Medical Concepts sind Untersuchungen von Ärzten und Anwendungen - in schöner Natur.

Foto: PR

Der Lanserhof Sylt gilt als eines der teuersten Hotels Deutschlands. Gäste dürfen jedoch weder große Buffets, Weinkeller oder Pianobar erwarten. Im Zentrum des Aufenthalts steht die Gesundheit. Teil des Aufenthalts sind medizinische Untersuchungen und Anwendungen.

„Im Mittelpunkt des Lanserhof Concepts steht die Lanserhof Kur: die gründliche Regeneration des Darms zur Revitalisierung der Lebenskräfte. Am Beginn des Regenerationsprozesses stehen sensible Entgiftungs-, Entschlackungs- und Entsäuerungsprogramme“, heißt es auf der Homepage. Der Lanserhof Sylt ist das jüngste Haus der Gruppe von Health Resorts. (Das Ranking „Die 101 besten Hotels Deutschlands 2022“ lesen Sie hier.)

Herr Harisch, im Sommer haben Sie im Lanserhof einen Probetrieb gestartet, mussten aber Ende Juli dann auf Anordnung des Landkreises Nordfriesland noch einmal kurz schließen. Was war passiert?
Im Probebetrieb wurden einige Mängel festgestellt, die haben wir dann abgestellt. So ein Haus ist ja heute leider Gottes extrem techniklastig. Es wird alles programmiert, alles gesteuert. Es gibt keinen Schalter mehr, mit dem man das Licht einfach ein- und wieder ausschaltet. Im Probebetrieb haben wir auch festgestellt, dass unsere Maxime, auf gar keinen Fall Klimaanlagen zu verwenden, sondern natürliche Kühlungen durch Betonkernaktivierung und Wandkühlung, sich auf Sylt leider nicht mehr durchhalten lässt. Vor allem aufgrund des Reetdaches, das lässt sich halt nicht kühlen. Wir mussten also nachrüsten und in den Giebeln Klimageräte einbauen.

Waren das alle Überraschungen?

Wir sind sehr zufrieden mit dem Haus, auch wenn uns die Technik immer noch quält in einzelnen Bereichen. Wir haben immer noch Probleme mit der Heizung. An der Temperatursteuerung in den doppelstöckigen Zimmern arbeiten wir noch.

Fehleinschätzungen und Lieferprobleme führten zu Verzögerung

Was sagen die Gäste dazu?
Die sind ja sozusagen auf Kur hier, sind sehr sensibel in der Wahrnehmung. An einem Tag bekommen wir die Beschwerde, es sei zu heiß, am selben Tag, dass es zu kalt sei. Dennoch haben wir aktuell mehr Nachfrage als Kapazität. Wir wollten für einen ersten Zeitraum maximal 30 Gäste beherbergen, wir sind jetzt schon auf über 40.

Und was sagen die Bewohner von Sylt? Es gab viel Kritik vor dem Start des Projekts und auch während der Bauphase.
Ich bin regelmäßig auf Sylt und bekomme eigentlich nur positives Feedback aus den Geschäften und von den Nachbarn, obwohl die während des Baus wirklich gelitten haben. Wenn der Bürgermeister von List anruft und fragt, ob er mit den Senioren des Ortes vorbeikommen kann, um sich den Lanserhof anzuschauen, macht mich das schon ein wenig stolz.

Schon vor dem Probebetrieb musste die Eröffnung mehrfach verschoben werden. Was waren die Gründe?
Es gab zwei Hauptgründe. Der erste war eine komplette Fehleinschätzung meinerseits. Ich dachte, durch die Pandemie würde es zu einem wirtschaftlichen Rückschlag kommen und die Preise bei den Handwerkern würden sinken. Das genaue Gegenteil ist passiert. Es gab einen Bauboom, Handwerkerverfügbarkeiten sanken, Preise stiegen dramatisch. Das war auch der Grund dafür, dass das Projekt teurer wurde.

Und der zweite?
Die Problematik der Lieferketten zieht sich auch beim Lanserhof Sylt von einem Teil ins andere. Wir haben eine komplexe Architektur, aber manchmal betrifft es auch die kleineren Teile. Für den Shop beispielsweise wurde statt eines glatten Blechs ein Lochblech geliefert. Ein Fehler, der passieren kann. Bis dann das richtige Teil kommt, dauert es Wochen. Es ist ein Wahnsinn.

Harisch setzt mit dem Lanserhof auf Sylt sein bisher größtes Bauprojekt um. 100 Millionen Euro soll das Gesundheitsresort kosten.

Foto: Carsten Dammann für Handelsblatt

Beim Thema der weltweit gestörten Lieferketten denken viele Menschen zunächst an Prozessoren für Computer. Wie stark waren Sie mit Ihrer ausgeklügelten Architektur davon betroffen?
Darunter leiden wir noch immer. Für die Steuerung von Energie, Elektrik oder Lüftung braucht man Chips, und die wurden nicht geliefert. Ein kleines Unternehmen wie wir ist natürlich nicht der prioritäre Kunde, im Gegensatz zu Porsche, Mercedes oder VW. Ich könnte diese Geschichte endlos fortsetzen.

Vielleicht um das Thema „Bauen auf Sylt“? Es gibt in Deutschland sicher einfacher zu bebauende Flächen.
Stimmt. Beim Diagnostikzentrum unten auf der Meerebene hatten Experten die Messungen des Grundwassers falsch eingeschätzt. Es befand sich mehr Trinkwasser beziehungsweise Süßwasser im Boden als angenommen. Unsere Idee war, ein Loch zu graben, das Wasser herauszupumpen und es am eigenen Grund zu versickern. Das haben wir getan. Aber es ist nicht versickert, sondern stand zwei Tage später wieder im Loch.

Von den Vor- und Nachteilen der Naturverbundenheit

Wasser ist Segen und Problem?
Ja, es gab zudem noch die Problematik mit dem Deckwerk, das die Küste sichert. Wenn man dahinter ein Loch gräbt, kann es an Festigkeit verlieren. Wir dachten uns dann, dass wir das Wasser einfach ins Meer leiten. Im Verhältnis ist das ja keine Menge. Dann hieß es, dass das Wattenmeer Weltkulturerbe sei, dass man den Naturschutz beachten müsse und so weiter. Ich sagte dann, dass wir ja nicht irgendetwas einleiten, sondern sauberes Wasser. Es gab endlose Diskussionen. Am Ende durften wir eine bestimmte Menge einleiten. Der ganze Prozess hat ein Jahr gedauert.

Wie weit waren Sie hinter dem Zeitplan zurück?

Ursprünglich hatten wir geplant, Ende 2020 oder Anfang 2021 aufsperren zu können. Wir waren also ein deutliches Jahr verspätet, bevor der Probebetrieb begann. Das gesamte Jahr 2022 wird uns sicher noch beschäftigen. Wir lernen jeden Tag dazu, wir sind mit dieser komplett natürlichen Bauweise noch unerfahren. Und man lernt hier die Vorteile, aber auch die Nachteile der Natur kennen.

Auch über das Reetdach? Es soll das größte zusammenhängende Reetdach seiner Art in Europa sein.

Im Reet sitzen Reetläuse. Man konnte ein solches Dach sicherlich chemisch behandeln, dann sind die Läuse tot. Das ist für uns keine Option. Wenn man das also nicht macht, hat man eben eine Zeit lang Reetläuse im Dach. Dann kommt ein Gast und findet alles super, und dann fallt eine Reetlaus aus dem Dach.

Haben Gäste, die so viel Geld für den Aufenthalt bezahlen, Verständnis für die Probleme eines Neubaus?

In der ganzen Naturdiskussion muss man auch ein bisschen nachdenken. Materialien sind noch nicht so haltbar und funktionieren nicht so perfekt wie mit Chemie und Plastik. So ein Reet- oder Strohdach ist sicher das natürlichste Dach, das man bauen kann. Aber es gibt keine Dachrinne, und Holz knackt, bewegt sich mehr als ein Stahlträger. Wir sind dennoch überzeugt, dass natürliches und nachhaltiges Bauen für uns der einzige Weg ist.

Die beschriebenen Probleme haben auch die nötigen Investitionen auf, wie zu lesen ist, 150 Millionen Euro erhöht. Der Lanserhof Sylt gilt als das teuerste Hotel Deutschlands. Ein Problem?
Wir wussten schon vor zwei Jahren, dass es teurer wird, das überrascht uns nicht. Wenn man dann aber in diesem Gebäude sitzt und sich wie in einem Glashaus fühlt, oder anders ausgedrückt, im Grunde in der Düne mit Sonne, Sturm, Regen und Gewitter drumherum sitzt, ist das einzigartig. Das muss man nur erkennen. Ich weiß nicht, ob alle Gäste das wertschätzen. Aber die bisherigen zum größten Teil euphorischen Reaktionen unserer Gäste bestätigen uns.

Pläne mit Ingenhoven

Sie haben mit dem Stararchitekten Christoph Ingenhoven zusammengearbeitet, der schon ihre Betriebe in Lans, am Tegernsee und in London gestaltet hat. Er gilt als nicht einfach. Wie findet man zusammen?
Ich glaube, dass wir ein sehr gutes Team sind. Christoph hat ein unglaubliches Gespür für Architektur, Räume, für Proportionen. Aber er ist natürlich kein Gastronom. Ich komme dagegen von der Gastsicht. Er plant grundsätzlich keine Restaurants, Speisesäle oder Lobbys, sondern Hochhäuser, Bahnhöfe, Bürohäuser oder begrünte Fassaden. Aber hier geht es um ein spezielles Haus der Gesundheit mit einer Wohlfühlatmosphäre.

Die Methodik des Rankings
Methodik
Macher

Wo waren Sie denn unterschiedlicher Auffassung?
Sein Team wollte zum Beispiel in der Garage eine Decke abhängen, ich wollte sie offen lassen. Und dann sagte Christoph: Eigentlich hat Christian recht, lassen wir es offen. Das war gegen die Überlegungen seines eigenen Architektenteams.

Hotels zu bauen und zu eröffnen ist anstrengend. Sind weitere geplant?
Meine Konzentration und Arbeit im Jahr 2022 sind darauf gerichtet, Sylt fertigzustellen. Fertig heißt für uns: ein mangelfreier Betrieb. Das hat länger gedauert. Wir bauen ein Gebäude, das auf eine Lebensdauer von hundert Jahren ausgerichtet ist. Und wenn es ein paar Monate lang Probleme gibt, dann ist es eben so. Wenn wir das gut über die Bühne bringen, dann zieht es uns vom Norden in den Süden.

Wie weit südlich?
Nur so viel: Es wird wahrscheinlich das Mittelmeer sein.

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Herr Harisch, vielen Dank für das Interview.

Mehr: Wie ein Luxusdesigner Krieg und Gewalt dokumentiert

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