Jürgens Weinlese: Gaumenschmeichler vom Discounter

Weinliebhaber Jürgen Röder.
Düsseldorf. Seit fünf Jahren hat Autorin Cordula Eich eine Mission: Sie bewertet Weine aus dem Supermarkt. Sie schreibt die Ergebnisse alljährlich in ihrem Buch „Super Schoppen Shopper“ nieder, dessen neueste Ausgabe seit Anfang September erhältlich ist. Von Aldi bis Rossmann sind alle mit einem bundesweitem Filialnetz dabei. Insgesamt hat sie mehr als 1500 Weine verkostet.
Die Bewertungen passen natürlich auch in kein Schema von Weinkritikern. So wird ein Weißwein Baron de Rothschild aus dem Bordeaux mit den Einschätzung „Gute Übung für diejenigen, die gehört haben, dass ein Glas Morgenurin der Gesundheit gut täte, sich aber noch nicht trauen…“ veralbert. Oder einen Biowein mit der Rebsorte Chardonnay tituliert sie als „Biologischen Pinselreiniger“. Dass kann man lustig finden, muss man aber nicht.
In dieser Ausgabe steht alles unter dem einen Agenten-Motto. Sie selbst bezeichnet sich als Agentin 0.75 im Auftrag seiner Majestät, dem Kunden. Jeder Supermarkt trägt einen Filmtitel aus einem der 007-Filme; dieses wirkt auf mich in vielen Fällen etwas gekünstelt. Aber, um bei ihrer Sprache zu bleiben, das Buch ordnet die Weinwelt der Supermärkte in Gut und Böse.
Natürlich bewertet sie die Weine nicht nach dem System von Robert Parker, dem einflussreichsten Weinkritiker weltweit. Für den fangen die Weine mit 50 Punkte an, ab 90 Punkte sind seine Weine hervorragend, ab 95 bis 100 Punkte außerordentlich. Eich hingegen vergibt bis zu vier Gläser in aufsteigender Reihenfolge für die jeweiligen Qualitäten. Kryptologie des Agentencodes nennt sie das.
Das Super Shoppen Zeichen als höchste Auszeichnung gibt es mit vier Gläsern, unterhalb der Einstufung mit einem Glas erhält der Wein einen Blitz. „Elender Lumpenhund, der nicht nur mit unfairen Mitteln kämpft, sondern offensichtlich auch noch Spaß am Leiden seiner Opfer hat“, schreibt die Kritikerin bei solchen Weinen und empfiehlt kurzen Prozess: „Wie wäre es mit Waterboarding mit Verschnitt aus Weinen der Europäischen Gemeinschaft“.
Laut Eich-Statistik zählen die Discounter Aldi (Nord und Süd), Lidl, Netto, Penny sowie der Drogeriemarkt Rossmann zu den Top-Anbietern. Keiner ihrer Weine wurde mit einem Blitz als nicht trinkbar abqualifiziert und der Anteil der „Super Schoppen Shopper“ am gesamten Angebot liegt im zweistelligen Prozentbereich – angeführt von Lidl mit 22,6 Prozent.
Inhaltlich kann ich nicht alle Super Schoppen bewerten, einige kenne ich aber dennoch. So habe ich beispielsweise den Grauburgunder vom Weingut Steitz aus Rheinhessen dem SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück geschickt.
Der hatte behauptet, dass es keinen vernünftigen Grauburgunder für unter fünf Euro gibt. Der Tropfen von Steitz für 4,99 Euro bei Rewe beweist offenbar nicht nur für mich, sondern auch für Cordula Eich das Gegenteil. Auch die Weißweine vom Kloster Eberbach sind mir noch in guter Erinnerung; diese gibt es bei Edeka, Kaufland und Rewe.






Von der Qualität der Weine der Winzergenossenschaft Cleebronn & Güglingen in Württemberg konnte ich mich noch dieses Jahr überzeugen. Dort wird unter neuer Führung auf Qualität gesetzt. Die Belohnung für die Winzergenossenschaft war die Auszeichnung als Entdeckung des Jahres 2012 im Weinguide Gault Millau. So verkauft Rewe von der Genossenschaft den halbtrockenen Lemberger Rosé, die für die Region typische Traube.
Von den spanischen Weinen ist auf jeden Fall das Weingut Luis Cañas zu empfehlen. Den Reserva für rund 15 Euro gibt es allerdings nicht bei Discountern, dafür ist der Crianza für knapp 10 Euro aber bei Lidl erhältlich. Und wer auf Überseeweine steht, kann mit den Tropfen von Montgras aus Chile (Rewe) und Rawson Retreats (Edeka) vom australischen Weingut Penfolds meiner Meinung nach für den Preis nichts verkehrt machen.
Was ich an diesem Buch gut finde, ist die extra Auflistung von einigen Super Shoppen Weinen, die einen guten Einblick in die Eigenheiten bestimmter Rebsorten oder Anbaugebiete gibt. Denn für jeden Weinfreund gilt es, doch immer wieder Neues zu entdecken. Da stimmt die Devise aus einem 007-Film: „Die Welt ist nicht genug“.





