Dax-Umfrage Anleger-Stimmung sinkt – die Basis für eine Fortsetzung der Rally ist damit gelegt

Die Stimmung ist getrübt, parallel dazu steigt aber der Optimismus.
Düsseldorf In den vergangenen zwei Wochen war der Dax auf Rekordjagd. An sechs von zehn Handelstagen hat der deutsche Leitindex einen Rekord aufgestellt. Trotzdem hat sich die Stimmung unter den Anlegern verschlechtert. Das zeigt die aktuelle Auswertung der wöchentlichen Handelsblatt-Dax-Umfrage unter mehr als 4500 Anlegern.
Zwar weist die Stimmung mit einem Wert von 4,2 noch immer Euphorie auf, doch im Vergleich zur Vorwoche (4,8) ist sie gesunken. Nach Ansicht des Sentimentexperten Stephan Heibel, der die Umfrage für das Handelsblatt auswertet, ist damit die Basis für eine Fortsetzung der Rally gelegt: „Am Freitag haben wir eine kleine Konsolidierung der Wochengewinne gesehen, was vor einem Wochenende nicht weiter ungewöhnlich ist. Technisch betrachtet könnte die Rally fortgesetzt werden.“
Euphorie unter den Anlegern gilt als Kontraindikator. Ist die Stimmung zu gut, haben die meisten schon investiert und es fehlen neue Käufer, die die Kurse weiter nach oben treiben.
Der Geschäftsführer des Analysehauses AnimusX führt die sinkende Stimmung auf zwei Punkte zurück: „Auf der einen Seite sehen viele Anleger die hohen Allzeithochs in den Indizes und sichern sich ab. Auf der anderen Seite fehlen bei vielen Anlegern die Glücksgefühle, die zu einer gefährlichen Euphorie bei Allzeithochs führen.“
Denn die Rekordjagd des Dax ist auf wenige Titel zurückzuführen: Nur elf der 30 Dax-Titel schlossen die vergangene Woche im Plus. Vor allem die Autowerte schoben den Index an: VW legte 16,4 Prozent zu, BMW 6,5 Prozent, Daimler 4,3 Prozent und Continental 4,8 Prozent.
Ist die Rally noch gesund?
Diese Entwicklung sollten Anleger aufmerksam beobachten. Denn technisch betrachtet ist es kein gutes Zeichen, wenn eine Rally von immer weniger Titeln getragen wird, erklärt Heibel. „Es fehlt die Marktbreite, sagt man. Oder kurz gesagt, die Rally ist nicht mehr sonderlich gesund.“
Ähnlich sieht die Entwicklung im Nebenwerteindex MDax aus, wo 22 von 60 Werten ein Plus verzeichneten. Im Kleinwerteindex SDax liegt das Verhältnis bei 29 zu 41. „Kein Wunder also, dass ein Teil der Anleger sich zwar über die vielen Allzeithochs freut, aber das Ganze irgendwie im eigenen Depot nicht sieht“, erklärt Heibel.
Das spiegeln auch die Ergebnisse der Handelsblatt-Umfrage wider. Die Selbstzufriedenheit ist mit einem Wert von 1,7 eher als neutral einzustufen. Fast jeder dritte Privatanleger sagt, dass sich seine Erwartungen in der vergangenen Woche kaum oder gar nicht erfüllt haben.
Gleichzeitig ist die Erwartungshaltung weiter abgerutscht. Mit einem Wert von null halten sich Optimisten und Pessimisten die Waage. 34 Prozent der Umfrageteilnehmer sehen in der aktuellen Entwicklung im Dax eine Topbildung.
Auch der Blick in die Zukunft ist von Skepsis geprägt: 35 Prozent der Umfrageteilnehmer sehen den Dax in drei Monaten in einer Seitwärtsbewegung, 25 erwarten einen Abwärtsimpuls. Insgesamt rechnen fast zwei Drittel der Anleger damit, dass die Kurse in drei Monaten nicht mehr steigen.
Da ist es wenig überraschend, dass die Investitionsbereitschaft auf 0,2 gesunken ist, den niedrigsten Stand seit August 2020. Nur 19 Prozent der befragten Teilnehmer sagten, dass sie diese Woche kaufen wollen – noch einmal drei Prozentpunkte weniger als in der Vorwoche.
Dafür sichern sich immer mehr Anleger gegen fallende Kurse ab. Das Euwax-Sentiment der Privatanleger ist auf einen Wert von minus 11,5 eingebrochen. „Vor dem Hintergrund der Rekordstände kaufen Privatanleger überwiegend Absicherungsprodukte, mit denen sie ihre erzielten Buchgewinne absichern und sich vor fallenden Kursen schützen wollen“, sagt Heibel.
Die Frage ist allerdings, bei welchen Aktien sich Anleger absichern. Aktuell läuft ein Rotationsprozess: raus aus Technologie- und Wachstumsaktien, rein in Werte, die sich mit dem Konjunkturzyklus bewegen. Den bisherigen Höhepunkt gab es vor zwei Wochen, als der Dax sein damaliges Rekordhoch übersprang und gleichzeitig Technologieaktien korrigierten. „Um diesen Rotationsprozess zu beenden, fehlt noch eine weitere Eskalationsstufe im Ausverkauf der Technologietitel“, sagt Heibel.
Allerdings haben Tech-Titel in den 160 Aktien der Dax-Familie lediglich einen Marktanteil von zehn Prozent. Heibel empfiehlt daher den Blick in die USA. Dort hat der Nasdaq 100, der die 100 wichtigsten Tech-Titel zusammenfasst, seit seinem Höchststand Mitte März rund sieben Prozent verloren. In der vergangenen Woche bewegte sich der Indexkurs aber seitwärts.
Diese Entwicklung erschwert die Prognose für die weitere Entwicklung im Dax. „Der Dax dürfte als Export-Index überwiegend Titel enthalten, die vom Konjunkturoptimismus weiter nach oben getrieben werden. Ein heftiger Ausverkauf im Bereich der Technologietitel, und sei es auch nur in den USA, kann jedoch jederzeit den gesamten Markt mit nach unten reißen“, warnt Heibel, der gleichzeitig einschränkt: „Da Anleger starke Absicherungen eingegangen sind, würde ich davon ausgehen, dass eventuelle Rücksetzer nur kurz und moderat ausfallen.“
Stimmung in den USA
In den USA ist das Put-Call-Verhältnis an der Chicagoer Terminbörse CBOE leicht angestiegen – US-Anleger zocken also gehebelt auf steigende Kurse. Das Verhältnis notiert aber noch immer auf einem extrem niedrigen Niveau. Dieser Wert ist von einem sehr bullishen Niveau mit vielen Call-Optionen in den Depots der Anlageprofis in den vergangenen Wochen gefallen und zeigt eine Normalisierung an.
Gleichzeitig haben die US-Fondsmanager ihre Investitionsquote erhöht. In der vergangenen Woche war sie im Zuge des Ausverkaufs auf 48 Prozent gesunken, jetzt stieg sie wieder auf 78 Prozent. Mitte Februar lag die Investitionsquote noch bei 108 Prozent.
US-Privatanleger sind unverändert überwiegend optimistisch, wie das Bulle-Bär-Verhältnis von 26 Prozent anzeigt. Im Vergleich zur Vorwoche ist das Bullenlager leicht kleiner geworden, während das Bärenlager unverändert ist. Der technische Angst-und-Gier-Indikator des S&P 500 zeigt mit einem Wert von 61 Prozent eine neutrale Verfassung an.
Hinter Erhebungen wie dem Dax-Sentiment mit mehr als 4500 Teilnehmern stehen zwei Annahmen: Wenn viele Anleger optimistisch sind, haben sie bereits investiert. Dann bleiben nur wenige übrig, die noch kaufen und damit die Kurse in die Höhe treiben könnten. Umgekehrt gilt: Wenn die Anleger pessimistisch sind, haben sie mehrheitlich nicht investiert. Dann können nur noch wenige verkaufen und damit die Kurse drücken.
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