Genossenschaftsbanken Auch kerngesunde Volksbanken müssen fusionieren – Große Hochzeit in Frankfurt
Frankfurt Die Frankfurter Volksbank, eine der größten Genossenschaftsbanken in Deutschland, wird noch größer. Sie fusioniert mit der Volksbank Griesheim und der Vereinigten Volksbank Maingau. Es sei „der größte Zusammenschluss, den der IT-Dienstleister der Genossenschaftsbanken, Fiducia GAD, jemals abwickeln musste“, sagte die Chefin der Frankfurter Volksbank, Eva Wunsch-Weber.
Die beiden kleineren Geldhäuser stehen zwar jetzt noch gut da, glauben aber, dass sie künftig nicht allein bestehen können. „Für eine Volksbank unserer Größe sehe ich in diesem Marktumfeld dauerhaft keine Chance“, sagte Armin Papst, Chef der Volksbank Griesheim, am Mittwoch.
Die Bank sei zwar „kerngesund“. Papst begründet den Schritt aber mit enormen Lasten durch die Niedrigzinsen, der Digitalisierung des Bankgeschäfts und zunehmender Regulierung.
Besonders die regulatorischen Anforderungen, die Papst als „überbordend“ bezeichnet, belasten die Volksbank aus Griesheim, einem Frankfurter Stadtteil. Ein großer Teil der 36 Mitarbeiter sei mit diesen Themen befasst. „Eine Richtlinie folgt der anderen“, sagte Papst. „All dies steht in keinem Verhältnis zur Größe unseres Hauses.“ Auch Michael Mengler, Chef der Maingauer Volksbank, sagte, mit dem Schritt wolle man die Zukunftsfähigkeit nachhaltig und langfristig sichern.
Die Volksbank Griesheim hat eine Bilanzsumme von rund 330 Millionen Euro, die Vereinigte Volksbank Maingau kommt auf zwei Milliarden Euro. Die Frankfurter Volksbank erreicht nach der Fusion mit den beiden kleineren Häusern die Bilanzsumme von 11,6 Milliarden Euro. Sie hat gut 1.700 Mitarbeiter. Der Zusammenschluss wird im Mai rechtlich festgezurrt und gilt rückwirkend zum 1. Januar.
Dadurch wird die Frankfurter Volksbank zur viertgrößten Genossenschaftsbank – nach der Ärzte- und Apothekerbank, der Berliner Volksbank und der Sparda-Bank Baden-Württemberg. Sie ist mit dann 260.000 Mitgliedern – also Kunden, die auch Anteile gezeichnet haben – die Volksbank mit den meisten Mitgliedern in Deutschland.
„Größe haben wir mit der Fusion nicht angestrebt“, sagte Wunsch-Weber aber. Das Geldhaus ist in den vergangenen 20 Jahren rund 20 Fusionen eingegangen. Oftmals behalten die übernommenen Volksbanken vor Ort dabei ihren alten Namen.
Insgesamt stehen die Genossenschaftsbanken zwar gut da. Im vergangenen Jahr verdienten sie nach Steuern 1,6 Milliarden Euro und hielten ihren Gewinn damit stabil. Keine andere Bankengruppe ist so gut durch die Finanzkrise gekommen und hat seitdem so sehr auf Wachstum geschaltet wie die Volks- und Raiffeisenbanken, die auch 2017 wieder mehr Kredite vergaben.
„Dramatische Entwicklung“ erwartet
Trotzdem ist deren Erfolgsmodell in Gefahr, denn die Regulierung und die Geldpolitik treffen die Genossen empfindlich. Die Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank trocknet die wichtigste Einnahmequelle der Gruppe aus – 80 Prozent ihrer Erträge stammen aus dem Geschäft mit Krediten und Einlagen.
Ein vielleicht noch gefährlicherer Gegner ist die Bürokratie: Immer neue Datenabfragen und Meldepflichten der Aufseher drohen vor allem die kleinen Institute zu überfordern. Schwierig ist es für kleine Geldhäuser auch, größere Firmenkunden zu bedienen.
Papst erwartet eine „dramatische Entwicklung“ und viele weitere Fusionen in der Branche. Er sei froh, dass er die Mindestliquiditätsquote nicht mehr täglich allein ausrechnen müsse, sagte Papst. Diese Kennzahlen zum Liquiditätspuffer müssen Banken der Aufsicht darlegen. „Sie glauben nicht, wie belastend das ist.“
Er bewundere alle Vorstände kleinerer Banken, wie diese selbstständig bestünden, erklärt Papst. Und kleine Banken gibt es noch viele: Allein rund 370 Volks- und Raiffeisenbanken sind kleiner als die Griesheimer.
Die Zahl der genossenschaftlichen Banken ging 2017 fusionsbedingt um 57 auf insgesamt 915 zurück. Im laufenden Jahr rechnet ihr Bundesverband BVR allerdings mit etwas weniger Zusammenschlüssen. Zur Gruppe gehören neben den Volks- und Raiffeisenbanken, auch die Sparda-Banken, die PSD Banken sowie einige Spezialinstitute.
Die kleinste Volks- und Raiffeisenbank nimmt sich selbst gegen die Griesheimer winzig aus. So hat die Raiffeisenbank aus Struvenhütten, gelegen zwischen Hamburg und Neumünster, eine Bilanzsumme von gerade einmal 19 Millionen Euro. Es gibt gleich mehrere Genossenschaftsbanken, die nur wenig größer sind und mit einer Handvoll Mitarbeitern auskommen.
Dabei sind Zusammenschlüsse kein neues Phänomen. Die Zahl der Genossenschaftsbanken sinkt schon seit langem. Gab es 1970 noch mehr als 7.000 Häuser, waren es 1990 noch gut 3.000. 2016 sank die Zahl unter 1.000.
Auch die Zahl der Sparkassen nimmt ab. Ende 2017 gab es bundesweit noch 390 Sparkassen. Ein Jahr zuvor waren es noch 403. Die kleinste Sparkasse ist indes weitaus größer als die kleinste Genossenschaftsbank. Die Stadtsparkasse Bad Sachsa aus dem Harz hat eine Bilanzsumme von gut 130 Millionen Euro.
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