Schweizer Großbank Credit Suisse: Interne Aufarbeitung des Greensill-Skandals verzögert sich offenbar

Der Abschlussbericht zu den Untersuchungen wird von Investoren mit Spannung erwartet.
Zürich, Frankfurt Die interne Aufarbeitung der Credit Suisse rund um die Milliardenverluste mit den Greensill-Fonds stockt offenbar. In Finanzkreisen war erwartet worden, dass die Schweizer Großbank Anfang November, bei der Präsentation der Quartalszahlen, auch Auszüge aus den internen Ermittlungen zum Greensill-Skandal vorlegen wird.
Doch einem Bericht der „Financial Times“ zufolge wird der Abschlussbericht zu den Untersuchungen nicht rechtzeitig fertig. Die Credit Suisse lehnte einen Kommentar ab.
Das könnte Folgen haben für den Zeitplan der strategischen Neuausrichtung. In Bankkreisen ging man bisher davon aus, dass Verwaltungsratschef Antonio Horta-Osorio im November seine neue Strategie vorstellen will. Offiziell hat die Credit Suisse das Ziel, bis Ende des Jahres eine neue Strategie zu erarbeiten. Es ist jedoch fraglich, ob sich Horta-Osorio vor der Bewältigung der Altlasten zu Zukunftsthemen äußert.
Die Bank hatte vier Fonds mit insgesamt zehn Milliarden Dollar verwaltetem Vermögen zusammen mit dem Pleite-Fintech Greensill betrieben. Dieses war vor dem Zusammenbruch im Frühjahr 2021 im Bereich Lieferkettenfinanzierung aktiv.
Das Unternehmen kaufte Lieferantenforderungen von Industrieunternehmen auf und verpackte sie in festverzinsliche Wertpapiere. Die Credit Suisse sammelte Geld bei Profi-Investoren ein und legte Fonds mit den Greensill-Papieren auf.
Schweizer Behörden greifen durch
Anfang März musste die Bank die Fonds abwickeln. Sie warnte ihre Anleger kürzlich, dass gut 2,3 Milliarden Dollar Anlegergeld nur schwer wiederzuerlangen seien. Rund sieben Milliarden sind bereits gesichert oder zurück an die Investoren geflossen.
Für die interne Untersuchung, wie es zu dem Milliardenverlust kommen konnte, hatte die Credit Suisse die Wirtschaftsprüfer von Deloitte sowie die Kanzlei Walder Wyss verpflichtet. Ein offizielles Datum, wann der Report vorliegen soll, hatte die Bank jedoch nie bekannt gegeben.
Die Credit Suisse war in der Greensill-Affäre erneut in die Schlagzeilen geraten, nachdem die Staatsanwaltschaft Zürich vor zwei Wochen die Geschäftsräume der Bank durchsucht und Unterlagen beschlagnahmt hatte. Das Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hatte zuvor einen Strafantrag wegen des Verdachts auf unlauteren Wettbewerb gegen einen Mitarbeiter von Greensill sowie gegen unbekannt gestellt. Zu den konkreten Vorwürfen wollte sich die Behörde auf Anfrage nicht äußern.
Dass eine Bundesbehörde eine Strafanzeige stellt, die nicht direkt in den Fall Greensill involviert ist, ist ein seltener Vorgang. Das Gesetz sieht vor, dass der Bund klagen kann, etwa wenn das Ansehen der Schweiz im Ausland bedroht oder verletzt ist. Der Schritt des Seco wird am Zürcher Finanzplatz als Indiz gesehen, dass nun auch die Schweizer Behörden ihren Druck bei der Aufklärung des Falls Greensill erhöhen.
Mehr: Credit Suisse schüttet weitere Cash-Tranche aus Greensill-Fonds aus.
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