Zahlungsverkehr Deutsche Bank verliert Zahlungsverkehrsmandat der Hypo-Vereinsbank

Künftig soll der Zahlungsverkehr der Hypo-Vereinsbank nicht mehr durch eine Tochter der Deutschen Bank abgewickelt werden.
Frankfurt Die italienische Großbank Unicredit will ihren Zahlungsverkehr konzernweit bündeln und in diesem Bereich künftig mit dem IT-Dienstleister Equens-Worldline zusammenarbeiten. Dadurch verliert die Deutsche Bank einen prestigeträchtigen Auftrag, sagten mehrere Insider dem Handelsblatt.
Bislang ließ die Unicredit-Tochter Hypo-Vereinsbank den Zahlungsverkehr ihres deutschen Privatkundengeschäfts durch die Betriebs Center für Banken (BCB) AG abwickeln, die zu 100 Prozent der Privatkundensparte der Deutschen Bank gehört.
Die Hypo-Vereinsbank habe ihren Vertrag mit BCB bereits 2018 gekündigt, mit Equens-Worldline sei eine Absichtserklärung (Letter of Intent) über einen entsprechenden Auftrag unterzeichnet, heißt es in Branchenkreisen. Etwa 200 Mitarbeiter der BCB, die bislang für das Hypo-Vereinsbank-Geschäft zuständig waren, würden im Zuge des Anbieterwechsels von Equens-Worldline übernommen. Die endgültigen Verträge darüber seien aber noch nicht unterzeichnet.
Die Frankfurter BCB beschäftigte Ende 2019 laut Unternehmensangaben rund 1400 Mitarbeiter und wickelt im Jahr etwa sieben Milliarden Transaktionen ab. Equens-Worldline hat seinen Hauptsitz in den Niederlanden und gehört zum französischen IT-Dienstleister Worldline. Wettbewerber sind beispielsweise die US-Konzerne FIS und Fiserv.
Die Hypo-Vereinsbank wollte sich zu den Informationen nicht äußern. Auch ein Sprecher der Deutschen Bank bat um Verständnis dafür, „dass wir uns zu vertraglichen Dingen in Bezug auf unser Mandantengeschäft nicht öffentlich äußern“. Eine Sprecherin von Equens-Worldline sagte: „Als europäischer Marktführer sind wir natürlich laufend mit den großen Bankengruppen im Gespräch, so auch mit der Unicredit. Bezüglich einer konkreten Zusammenarbeit können wir keine Angaben machen.“
Deutscher Markt ist umkämpft
In den vergangenen Jahren hatte BCB das Zahlungsverkehrsgeschäft im deutschen Privatkundensegment kontinuierlich ausgebaut: 2007 gewann das Unternehmen, das damals noch Teil der Postbank war, den Auftrag der Hypovereinsbank. Drei Jahre später folgte ein Mandat für die Zahlungsverkehrsabwicklung für die HSH Nordbank, die heute als Hamburg Commercial Bank firmiert. Mittlerweile heißt es in Finanzkreisen, an neuen externen Aufträgen für BCB sei die Deutsche Bank strategisch nicht mehr interessiert.
Um die Anforderungen von Unicredit zu erfüllen, hätte die Deutsche Bank investieren müssen, berichten die Insider. Das hätte sich für das Geldhaus letztlich nicht gerechnet. Die Übertragung des Zahlungsverkehrsgeschäfts auf Equens könnte Mitte des Jahres stattfinden, heißt es. Die Deutsche Bank will im Zahlungsverkehr zwar wachsen, doch das gilt insbesondere für großvolumige Zahlungsabwicklungen im Firmenkundenbereich sowie in wachsenden, margenstärkeren Märkten wie Asien. Der deutsche Markt gilt dagegen gerade im kleinteiligen Privatkundensegment als enorm hart umkämpft. Entsprechend gering sind die erzielbaren Gewinnspannen.
Wie die Zusammenarbeit zwischen Unicredit und Equens-Worldline genau aussehen soll, ist unklar. Branchenexperten halten es für wahrscheinlich, dass sich die Italiener mittelfristig eine gemeinsame Plattform für ihren weltweiten Zahlungsverkehr bauen lassen wollen. Diese könnte von den Niederländern betrieben werden.
Equens-Worldline übernimmt bereits für mehrere deutsche Banken bestimmte Dienstleistungen im Zahlungsverkehr. So wurde im Sommer 2018 bekannt, dass die Commerzbank die Abwicklung im Zahlungsverkehr im Wesentlichen an Equens-Worldline auslagert. Die Übertragung erfolgt schrittweise bis zum Jahr 2023. Dabei geht es um sogenannte Sepa-Überweisungen, Echtzeitzahlungen, Inlandszahlungen sowie Zahlungen in anderen Währungen.
DZ Bank trennte sich von Equens-Anteilen
Auch das genossenschaftliche Spitzeninstitut, die DZ Bank, zählt zu den großen deutschen Kunden von Equens-Worldline. Das hat historische Gründe: Ein Teil der Gesellschaft ist aus der Zahlungsverkehrssparte der DZ Bank hervorgegangen. Das Geldhaus hielt bis vor kurzem auch noch Anteile an Equens-Worldline, verkaufte seine Anteile aber zum 30. September 2019 an die Equens-Mutter Worldline, wie die DZ Bank auf Anfrage bestätigte. Dasselbe gilt für vier weitere Alteigentümer. Bei der DZ Bank gebe es aber keine Veränderung bei der Kundenbeziehung zu Equens, so eine Sprecherin der Bank.
Es ist umstritten, ob es für Banken sinnvoll ist, große Teile des Zahlungsverkehrs auszulagern oder nicht. Als Vorteil einer Auslagerung gilt, dass das Geschäft immer standardisierter wird, zugleich aber Investitionen erforderlich sind – zum Beispiel für Echtzeitzahlungen. Solche Investitionen kann ein Dienstleister, der enorm viele Zahlungen abwickelt, effizienter umsetzen als einzelne Banken.
Als Nachteil gilt unter Experten allerdings, dass Geldhäuser auf diesem Wege zu abhängig von ihren Zahlungsdienstleistern werden könnten. Diese werden durch Fusionen immer größer.
Auch Equens-Worldline ist aus etlichen Zusammenschlüssen hervorgegangen. FIS und Fiserv hatten 2019 sogar Übernahmen über 35 Milliarden Dollar sowie 22 Milliarden Dollar angekündigt.
Je nach Ausgestaltung der Verträge verzichten Banken bei einer Auslagerung auch auf interessante Informationen über Zahlungsströme und das Verhalten der Kunden. Die Deutsche Bank betrachtet die Informationen, die sie aus ihren Dateien im Zahlungsverkehr gewinnt, längst als wertvollen Rohstoff für weitere Geschäfte. Auch Unicredit will daraus nun offenbar größeren Nutzen ziehen.
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