Quartalszahlen Munich Re erwartet höhere Schäden – und höhere Beiträge

Die Flutkatastrophe hat das Unternehmen etwa eine halbe Milliarde Euro gekostet.
München Bei der Munich Re richten sich die Planungen nach dem überraschend starken ersten Halbjahr bereits auf die erheblichen finanziellen Konsequenzen, die bis zum Jahresende folgen könnten. Die Flutkatastrophen im Juli in Teilen Deutschlands und der angrenzenden Länder, die verheerenden Waldbrände im Süden Europas sowie in Kalifornien, dazu die Aussicht auf schwere Stürme in der in Kürze beginnenden Hurrikan-Saison in der Karibik und den USA dürften die Schadensbelastungen nach einem eher ruhigen zweiten Quartal deutlich steigen lassen.
Derzeit rechnet der Konzern mit Belastungen aus der Flutkatastrophe in Höhe eines mittleren dreistelligen Millionenbetrags. Präzise Aussagen seien dazu zum jetzigen Zeitpunkt, an dem vielerorts noch die Aufräumarbeiten laufen, jedoch nicht möglich.
Hinzu kommen Schäden durch die Pandemie, die sich allein im zweiten Quartal auf 241 Millionen Euro beliefen. Im Teilsegment der Rückversicherung für die Lebens- und Krankenversicherung verdoppelte das Unternehmen deshalb die Summe der erwarteten Schäden auf 400 Millionen Euro.
Auf der Gegenseite erwartet der Konzern durch die starken Unwetter in vielen Teilen der Welt in der nächsten großen Vertragserneuerungsrunde im Januar bereits jetzt steigende Preise. „Angesichts der Herausforderungen wie Pandemien, Fluten und Hitzewellen bleibt unser Anspruch, als Versicherer auch in Zukunft ein Teil der Lösung zu sein“, sagte Konzernchef Joachim Wenning.
Bereits seit Monaten zeichnet sich eine steigende Nachfrage nach Versicherungslösungen ab. Bei der jüngsten Vertragserneuerung im Juli konnte der Rückversicherer so Preiserhöhungen um zwei Prozent durchsetzen. Die Beitragseinnahmen stiegen sogar um 11,1 Prozent.
Analystenerwartungen deutlich übertroffen
Die Unwetterkatastrophen der vergangenen Wochen in Europa und Amerika dürften den Trend weiter verstärken. Der Konzern hat deshalb seine Prognose für die Beitragseinnahmen noch einmal um eine Milliarde Euro auf 58 Milliarden Euro nach oben gesetzt. Erst im Frühjahr wurden die Planungen von 55 auf 57 Milliarden Euro angehoben.
Den größten Beitrag dazu hatte zuletzt der US-Markt geliefert, aber auch in Lateinamerika und in Asien stiegen die Raten. In Zukunft erwartet der Konzern weiteres Wachstum, eine nochmalige Beschleunigung gilt jedoch als unwahrscheinlich.
Die steigende Zahl an Naturkatastrophen in vielen Teilen der Welt braucht nach Ansicht des Chefs der Munich Re einen internationalen Ansatz. Das gelte auch für die Bepreisung von Kohlendioxid (CO2). „Wenn nur Deutschland den CO2-Preis markant erhöht und die anderen Länder nicht, dann wäre niemandem gedient“, sagte Wenning.
Er rät deshalb dazu, den CO2-Preis „in einem Verbund der Willigen“ zu erhöhen. „Der neue US-Präsident Joe Biden macht mir große Hoffnung“, so Wenning. Eine Pflichtversicherung für Elementarschäden, wie sie in Teilen der Politik nach den starken Überschwemmungen im Juli gefordert wurde, empfiehlt er nicht. „Wenn der Staat aber eine solche Lösung für den besten Weg hält, dann könnte das die private Versicherungswirtschaft abbilden“, signalisiert er Unterstützung.
Nachdem der Konzern schon Ende Juli überraschend starke vorläufige Zahlen für das zweite Quartal bekanntgegeben hatte, präsentierte er am Dienstag nun die Ergebnisse im Detail. Das Nettoergebnis lag bei 1,1 Milliarden Euro, 14 Analysten hatten im Vorfeld im Mittelwert lediglich mit 808 Millionen Euro gerechnet. Treiber dieser Entwicklung waren in den Monaten von April bis Juni noch die niedrigen Schäden durch Naturkatastrophen.
Ansonsten liegt der Konzern nach sechs Monaten bestens auf Kurs. Mit einem Nettoergebnis von 1,7 Milliarden Euro seit Januar erscheint das Erreichen der Ganzjahresprognose von 2,8 Milliarden Euro realistisch. „Wir sind unverändert der Ansicht, dass wir mit dem wachsenden Geschäft unser Jahresziel erreichen können“, blickt Vorstandschef Wenning weiter optimistisch nach vorn. Die Basis für die Gewinnprognose habe man bereits im ersten Halbjahr gelegt.
Allerdings dürften hohe Gewinne in der zweiten Jahreshälfte deutlich schwerer zu erzielen sein als davor. Der Branchenverband GDV erwartet beispielsweise allein für die Flutkatastrophe im Juli in Teilen Deutschlands versicherte Schäden zwischen 4,5 und 5,5 Milliarden Euro.
Munich-Re-Tochter Ergo bleibt auf Wachstumskurs
Weiterhin auf Wachstumskurs ist die Erstversicherungstochter Ergo – auch wenn der Gewinn im zweiten Quartal wegen Großschäden im Baltikum, Naturkatastrophen in Österreich und pandemiebedingten Schäden in Indien leicht rückläufig war.
Für das Halbjahr stand wegen des starken ersten Quartals trotzdem ein Gewinn von 334 Millionen Euro, rund ein Drittel mehr als im Vorjahr. Auch bei der Düsseldorfer Erstversicherungstochter stieg die Nachfrage nach Versicherungslösungen wegen der deutlich gewachsenen Zahl an Gefahren in den vergangenen Monaten deutlich.
Insgesamt zeigte sich die gesamte Rückversicherungsbranche nach dem spürbaren Einbruch im Corona-Jahr 2020 deutlich erholt. Die Swiss Re als größter Konkurrent der Münchener erzielte in den ersten sechs Monaten einen Überschuss von 1,05 Milliarden Euro, im Vorjahreszeitraum hatte an dieser Stelle noch ein Verlust in ähnlicher Höhe gestanden.
Auch die Hannover Rück als Nummer drei der Branche erreichte ein starkes Ergebnis. Der Nettokonzerngewinn von über 670 Millionen Euro lag um 66 Prozent über dem Vorjahreswert.
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