Versicherer Axa verdient mehr – doch Analysten sind enttäuscht

Die Übernahme des Rivalen XL hinterlässt auch zwei Jahre später noch Spuren.
Paris, Frankfurt Es war eine Megafusion: Für mehr als 15 Milliarden Dollar übernahm Axa-Boss Thomas Buberl 2018 den US-Konkurrenten XL. Mit dem Deal wollte der französische Versicherer zum weltweiten Branchenführer im Sachversicherungsgeschäft aufsteigen.
Doch knapp zwei Jahre später belastet die Großübernahme das Zahlenwerk des wichtigsten Rivalen der deutschen Allianz noch immer. Wie der Konzern bei der Vorlage der vorläufigen Jahreszahlen am Donnerstag einräumte, verzeichnete das Axa-XL-Geschäft 2019 überdurchschnittlich hohe Belastungen durch Naturkatastrophen – was die Gewinnaussichten auch im laufenden Jahr belastet.
„Die Integration ist mittlerweile abgeschlossen, wir gehen über in eine neue Phase, mit einem neuen Direktor“, sagte Buberl bei der Vorstellung der Bilanz. Axa gab am Morgen bekannt, dass Scott Gunter neuer Chef von Axa XL wird. Das Ergebnis von XL blieb 2019 mit 0,5 Milliarden Euro hinter den Erwartungen zurück. Axa habe aber durch Preiserhöhungen von rund zehn Prozent gegengesteuert. Zudem werde die Absicherung über zusätzliche Rückversicherungen verstärkt.
Der Konzern habe des Weiteren Schritte unternommen, um die Ertragsvolatilität von Axa XL zu reduzieren, kündigte das Management an. Die Maßnahmen dürften jedoch das Ergebnis der Sparte im laufenden Jahr um 200 Millionen Euro schmälern. Das bereinigte Ergebnis von Axa XL werde demnach 2020 nur rund 1,2 Milliarden Euro betragen, hieß es. Viele Investoren reagierten verschnupft auf die Nachricht.
Die Experten von JP Morgan Cazenove bezeichneten die Prognosesenkung als enttäuschend. So stieg der Nettogewinn im abgelaufenen Jahr zwar auf 3,86 Milliarden von 2,14 Milliarden Euro im Jahr 2018, wie die französische Versicherung mitteilte. Analysten hatten im Durchschnitt jedoch 4,35 Milliarden Euro erwartet.
Dennoch werden die Aktionäre eine um sieben Prozent auf 1,43 Euro erhöhte Dividende je Papier erhalten. „Wir sind deutlich vorangekommen bei der Veränderung unseres Risikoprofils“, sagte Vorstandschef Buberl in Paris. Durch den Abschluss des Verkaufs von Axa Equitable Holdings hänge das Unternehmen deutlich weniger von finanziellen und mehr von technischen Risiken ab. „Wir sind dabei, unsere Ziele des strategischen Plans 'Ambition 2020' zu erreichen“, fügte Buberl hinzu.
Der Verkauf der restlichen Beteiligung von 51 Prozent an Equitable Holdings brachte 5,7 Milliarden Euro ein, die Verschuldung konnte damit von 32 auf 29 Prozent gesenkt werden. Das Eigenkapital steigt von 62,4 auf 69,9 Milliarden Euro, die Eigenkapital-Rendite steigt auf 16 Prozent. „Das ist ein extrem hoher Wert, die Rendite kann nicht in den Himmel steigen“, kommentierte Finanzchef Etienne Bouas-Laurent. Die Verschuldung hatte sich durch den XL-Zukauf vorübergehend stark erhöht.
Die Frage der zusätzlichen Kosten durch die Anpassung an den Klimawandel stelle sich auch an die Politik, sagte Buberl. Das Regelwerk von Solvency II müsse angepasst werden, die Frage wie und wer die Folgen des Klimawandels trage, müsse geklärt werden. Axa sei sehr engagiert bei dieser Diskussion, wisse aber noch nicht, welche Änderungen sich ergeben werden. Erst wenn man über die Bescheid wisse, könne man quantitative Berechnungen anstellen, welche Folgen diese für Axa haben.
Schwieriges Deutschland-Geschäft
Mit Blick auf die Folgen der Coronavirus-Epidemie sprach Buberl von vorübergehenden Effekten, die sich vor allem aus den Maßnahmen der chinesischen Regierung zur Einschränkung der Mobilität der Bevölkerung ergäben. Die Ansprache und Unterstützung der Kunden in der Volksrepublik habe sich weitgehend auf das Internet verlagert. Bei der Krankenversicherung zeige sich bislang keine gravierende Steigerung der Schadensfälle.
Auf dem wichtigen deutschen Markt verlor die Axa an Boden gegenüber den Konkurrenten. So blieb der Versicherungskonzern abermals hinter dem Marktwachstum zurück. Während die Branche ein starkes Beitragsplus von 6,7 Prozent verzeichnete, konnte die deutsche Tochtergesellschaft des französischen Axa-Konzerns ihren Umsatz lediglich um 3,4 Prozent auf 10,86 Milliarden Euro steigern.
Verantwortlich dafür sei vor allem der weitgehende Verzicht auf das Geschäft mit Einmalbeträgen in der Lebensversicherung sowie der Verkauf der Pro-bAV-Pensionskasse gewesen, sagte Axa-Deutschlandchef Alexander Vollert am Donnerstag dem Handelsblatt.
Das Geschäft der Versicherungen mit sogenannten Einmalbeiträgen war laut Branchenverband in Deutschland 2019 kräftig um 37 Prozent angezogen. Die Axa hat sich jedoch seit 2018 aus strategischen Gründen weitgehend aus diesem Sektor zurückgezogen, weil es sich bei den Policen meist um klassische Garantieprodukte handelt, die die Franzosen wegen der anhaltenden Niedrigzinsen nicht mehr anbieten wollen. In Zeiten, in denen Banken Strafzinsen erheben, sind solche Policen für Anleger inzwischen jedoch häufig attraktiver als schlecht verzinste Bankgeschäfte.
So legte das Geschäft in der Lebensversicherung – ohne die verkaufte Pro-bAV-Pensionskasse – bei Axa Deutschland lediglich um 0,9 Prozent zu. Zum Vergleich: Bundesweit stieg das Geschäft mit Lebensversicherungen 2019 insgesamt um 11,3 Prozent auf 102,5 Milliarden Euro und damit so stark wie seit 20 Jahren nicht mehr, wie aus Zahlen des Branchenverbandes GDV hervorgeht.
Dennoch zeigte sich Vollert zufrieden mit den vorgelegten Zahlen. „Wir haben einen klaren Fokus gesetzt und in den strategisch wichtigen Geschäftsfeldern geliefert“, sagte er. Denn bei den von Axa als strategisch auserkorenen Geschäftsfeldern wie der Sachversicherung, der Krankenversicherung sowie der Firmenversicherung lagen die Franzosen in Deutschland teilweise deutlich über dem Branchenschnitt. „Wir haben gezeigt, dass Axa Deutschland auch mit anspruchsvollen Bedingungen sehr gut umgehen kann“, sagte Vollert. „Durch unsere finanzielle Stärke sind wir weiterhin in der Lage, nachhaltig in unsere Transformation zu investieren.“
Die Zahl der Mitarbeiter in Deutschland sank 2019 um vier Prozent auf 8687 Mitarbeiter – und soll dieses Jahr weiter sinken. Der Stellenabbau werde aber sozialverträglich und unter Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen vollzogen, betonte Vollert.
Vollert hat der deutschen Tochter einen grundlegenden Umbau verordnet. Schon vor drei Jahren hatte er angekündigt, mit seiner Assekuranz im Leben seiner Kunden relevanter werden zu wollen. Inzwischen macht Vollert immer mehr deutlich wie: Der Versicherer will demnach in drei Themenfeldern – Gesundheit, kleine und mittlere Unternehmen sowie Haus und Wohnen – sogenannte Ökosysteme aufbauen.
Datengetriebenen Ökosystemen – also offenen, digitalen Plattformen – schreiben Experten in der Zukunft eine Schlüsselrolle zu. Laut der Unternehmensberatung McKinsey soll über diese Ökosysteme wie Amazon und Co. bis 2025 bis zu einem Drittel des weltweiten Umsatzvolumens der Versicherer generiert werden. Axa zählt in Deutschland zu den fünf größten Erstversicherern.
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