Gastkommentar: Albtraum-Abstimmung – Merz ist schwer beschädigt
Es ist der zweite Akt eines beispiellosen Dramas. Genau sechs Monate nach dem unnötigen Crash der Ampelkoalition hat der Bundestag am Dienstag erstmals seit 1949 einem Bundeskanzler, der noch gar nicht im Amt ist, das Misstrauen ausgesprochen.
Ein Donnerschlag, Schockstarre im Reichstagsgebäude, Scherben, wohin man blickt. Friedrich Merz – ein schwer beschädigter Bundeskanzler – das ist eine massive Belastung für die Koalition aus Union und SPD. Und ein Chaos, das man in diesem Ausmaß gerade in Deutschland wohl kaum je für möglich gehalten hatte.
Auch wenn Merz im zweiten Durchgang schließlich die notwendige Mehrheit knapp erreicht hat: Der Schaden ist angerichtet. Und er wird lang anhaltende und weitreichende Folgen haben. Da hilft auch keine Gesundbeterei – so verständlich der Wunsch auch ist, den Albtraum so schnell wie möglich zu vergessen oder zumindest zu verdrängen.
Mit der kühlen Distanz des Beobachters könnte man von einem besorgniserregenden Vorgang sprechen, der die Grundfeste der Republik erschüttert hat. Denn auf dem Spiel stand natürlich nicht nur die Wahl eines Regierungschefs, sondern die politische Stabilität der größten Volkswirtschaft Europas und die Frage, wann es in Berlin wieder eine handlungsfähige Bundesregierung gibt.