Gastkommentar: Coronakrise – der Beginn der großen Transformation

Joschka Fischer war in den Jahren von 1998 bis 2005 Bundesaußenminister und Vizekanzler.
Die Weltwirtschaft steht nach wie vor unter dem Schock der Corona-Pandemie. Die technikaffine Moderne, gleich ob freiheitlich liberal verfasst oder autoritär, ob Asien, Amerika oder Europa, hatte etwas Vergleichbares in tiefsten Friedenszeiten noch nicht erlebt.
Wird es eine zweite oder gar noch mehr Wellen geben? Diese bange Frage treibt Milliarden von Menschen, ihre Staaten und deren Führungskräfte um. Man weiß es einfach nicht. Ein mikroskopisch kleines, sehr ansteckendes Virus zwingt die hochtechnologisierte und globalisierte Weltwirtschaft mit all ihren internationalen Lieferketten in die Knie.
Die kurzfristige, pragmatische Perspektive reicht nicht
Es wäre ein Fehler, die Folgen dieser abrupten Vollbremsung der Weltwirtschaft nur aus kurzfristig pragmatischer Perspektive zu analysieren, so wichtig diese kurzfristige Perspektive auch immer sein mag und in naher Zukunft auch sein wird: die Bekämpfung der Pandemie, die ökonomischen und sozialen Folgen für Milliarden von Menschen und auch die mit der Pandemie einhergehenden Machtverschiebungen im globalen politischen und wirtschaftlichen System.
Aber die Covid-19-Krise weist auch weit darüber hinaus und verfügt über eine viel grundsätzlichere Dimension. Rückblickend wird diese Krise im Jahr 2020 vielleicht einmal als der Beginn der „großen Transformation“ der globalen Industriegesellschaft hin zu einer Gesellschaft der Nachhaltigkeit und der Verantwortungsübernahme der Menschen für ihr Tun bezeichnet werden, soweit sie sich in Industriegesellschaften organisieren.





