Gastkommentar: Das neue EU-Rohstoff-Gesetz braucht Biss

Jakob Kullik (l.) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand an der Professur für Internationale Politik der Technischen Universität Chemnitz. Jens Gutzmer ist Direktor des Helmholtz-Instituts Freiberg für Ressourcentechnologie.
Nach 14 Jahren überarbeitet die EU dieses Jahr ihre alten rohstoffpolitischen Leitlinien. Die 2008 auf den Weg gebrachte Raw Materials Initiative war noch für eine andere Welt mit starken Handelsregeln konzipiert worden.
Sie fußte auf drei Säulen: dem gesicherten Zugang zu Rohstoffen, der Erschließung der heimischen Vorkommen in der EU und der Verringerung des allgemeinen Rohstoffverbrauchs. Alle drei Ansätze sind im Kern bis heute richtig. Das Problem ist nur, dass die EU ihren eigenen Zielen nie gerecht wurde.
Zwar wurden seither viele Gesetze und Initiativen auf den Weg gebracht: 2017 die Konfliktmineralienverordnung, 2019 der European Green Deal, 2020 die European Raw Materials Alliance und die Resilient Supply Chains Initiative. Bald folgt noch ein europäisches Lieferkettengesetz. Alle diese Maßnahmen sind von der Philosophie getragen, Märkte und Mächte durch starke Regeln zu bändigen und im europäischen Sinn zu lenken.
Die EU sollte sich Fristen setzen, bis wann sie ihre Rohstoffabhängigkeiten reduzieren will
Der Abgleich mit der Realität ist jedoch ernüchternd. In zehn Jahren ist es nicht gelungen, die teils dramatisch hohen Abhängigkeiten Europas von der Rohstoffmacht China zu senken. Die Recyclingraten der meisten kritischen Rohstoffe wie den Seltenen Erden, Indium oder Germanium liegen nach wie vor im einstelligen Prozentbereich. Von einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, die diesen Namen verdient, sind wir noch weit entfernt.





