Gastkommentar: Russland und Deutschland sollten beim Atommüll kooperieren

Der Autor ist Vizegeneraldirektor des russischen Staatskonzerns Rosatom. Er ist dort zuständig für die internationale Zusammenarbeit. Nach Stationen im russischen Außenministerium war er von 1997 bis 2004 russischer Botschafter in Italien.
Wenn Deutsche und Russen auf die Kernenergie schauen, tun sie das aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln. In Russland haben wir kürzlich den 75. Jahrestag der Atomindustrie gefeiert und entwickeln die Kerntechnik aktiv weiter. Deutschland steigt 2022 aus der Produktion von Nuklearenergie aus. Was auch in Deutschland mit Begeisterung für eine Technik begann, die bezahlbare Energie in unbegrenzter Menge versprach, scheiterte am gesellschaftlichen Widerstand.
In Russland bedauern wir den deutschen Atomausstieg, aber wir akzeptieren ihn natürlich. Unabhängig davon bleibt uns allen die Stromerzeugung aus Kernenergie noch lange erhalten. Angesichts eines Kernkraftanteils an der globalen Stromerzeugung von 10,5 Prozent aus 443 laufenden Reaktoren und über 50 weiteren, die weltweit im Bau sind, erscheint der deutsche Atomausstieg vielen als Sonderweg.
Das gilt umso mehr, als gerade in der Klimaschutzbewegung wichtige Kräfte die Stromgewinnung aus Kernkraft als letztlich unabdingbar im Kampf gegen die Erderwärmung ansehen. Einer von ihnen ist der große britische Forscher und ökologische Vordenker James Lovelock. Der Begründer der Gaia-Theorie geht davon aus, dass der Planet Erde als eine Art riesiger Superorganismus begriffen werden kann. Lovelock wird nicht müde, die Kernkraft als Teil der Lösung des Klimaproblems zu preisen.





