Gastkommentar: Unsere Chance auf goldene Zwanzigerjahre

Holger Schmieding ist Chefvolkswirt bei Berenberg und Autor des Buchs „Unser gutes Geld: Warum wir den Euro brauchen“.
Vor 100 Jahren begannen nach Weltkrieg und Spanischer Grippe die wilden Zwanzigerjahre. Die Verzweiflung und Lebenslust der Überlebenden entlud sich in einem langen Boom mit vielerlei Exzessen, der schließlich in einer neuen Katastrophe endete.
Kann sich die Geschichte wiederholen? Ja und nein. Ja, wir haben die große Chance auf einen kräftigen und lang anhaltenden Aufschwung nach der Pandemie. Nein, aus heutiger Sicht gibt es keinen Grund, ein Ende mit Schrecken vergleichbar der Großen Depression ab 1929 zu befürchten. Wenn die Wirtschaftspolitik keine groben Fehler macht, können es diesmal goldene Zwanzigerjahre werden.
Noch hält die Pandemie unser Leben im Würgegriff. Aber Besserung ist in Sicht. Impffortschritte und geeignete Notbremsen können helfen. Wie im Vorjahr werden wir die Einschränkungen des öffentlichen Lebens vermutlich bald spürbar lockern können. Dank vieler Impfstoffe wird Covid-19 im Herbst hoffentlich seine Schrecken weitgehend verloren haben.
Im Frühjahr und Sommer 2020 hat sich bereits gezeigt, wie schnell die Konjunktur wieder anspringen kann. Von Mai bis November haben nahezu alle Wirtschaftsdaten positiv überrascht. Mehr noch als im Vorjahr möchten die Menschen heute wieder zurück in Restaurants und Biergärten, Konzerthallen und Museen, in die Berge und an die Strände. Sobald es wieder erlaubt und hinreichend sicher ist, wird sich die aufgestaute Nachfrage entladen.





