Gastkommentar: Wir brauchen ein europäisches FBI
Boris Pistorius ist niedersächsischer Innenminister und Co-Vorsitzender der Europol-Kontrollgruppe JPSG.
Foto: imago images/Future ImageDie Bedrohungen dieses Jahrhunderts sind so global, komplex und hybrid wie niemals zuvor. Rund 20 Jahre nach 9/11 und zehn Jahre nach der globalen Finanzkrise haben wir es aktuell mit der schwersten Pandemie seit über 100 Jahren zu tun.
Besorgniserregende Entwicklungen beobachte ich auch im Bereich der inneren Sicherheit: Rechtsradikale stiften sich gegenseitig auf digitalen Plattformen zu schwersten Straftaten an. Mitglieder von Terrororganisationen bewegen sich über Ländergrenzen hinweg und hinterlassen ihre Blutspur weltweit, und die organisierte Kriminalität hat ein eigenes, teilweise weltumspannendes Handels- und Finanzsystem aufgebaut.
Populisten und Nationalisten haben auf diese Herausforderungen immer dieselbe simple Antwort: Grenzen zu und zurück hinter die scheinbar sicheren Mauern des Nationalstaats! Eine rückwärtsgewandte Antwort, die vor allem Hilflosigkeit offenbart, aber keine Lösung aufzeigt.
Kriminelle und Terroristen sind mittlerweile so gut vernetzt, dass man ihrer nur habhaft werden kann, wenn die Sicherheitsbehörden ebenso agil, kooperativ und grenzübergreifend handeln können.
Hinzu kommt eine klare Erkenntnis aus den vergangenen Monaten: Die dauerhafte Schließung von Grenzen – gerade zwischen den Ländern Europas – wäre eine Katastrophe für unsere Bürgerinnen und Bürger. Sie reißt binationale Paare auseinander, trennt Pendler von ihren Arbeitsplätzen und zerstört die eng verwobenen Wirtschaftsbeziehungen unserer Unternehmen. Ich sage ganz klar: Schengen ist ein Segen für Europa.