Kommentar Harte Ausgangssperre: Spanien braucht ein Exit-Szenario

In Spanien gelten besonders drastische Maßnahmen gegen das Coronavirus.
Die spanischen Behörden haben die Gefahr des Coronavirus erst unterschätzt und dann eine der härtesten Ausgangssperren verhängt, die es gibt: Aus dem Haus darf man nur allein und nur, um einkaufen zu gehen. Polizei und Drohnen überwachen die Einhaltung. Diese Sperre ist ein tief greifender Eingriff in die Freiheitsrechte und stellt eine enorme psychische Belastung dar.
Über drei Wochen sind Familien mit Kindern nun zum Teil auf engstem Raum in ihren Wohnungen eingesperrt, während andere Länder wie Deutschland oder Frankreich Spaziergänge oder Radfahren im Freien erlauben – und zwar zu zweit oder mit der ganzen Familie.
Die kommenden Monate werden zeigen, wie sehr das Eingeschlossensein der spanischen Psyche zugesetzt hat. Gerade für ein Volk, das viel mehr als das deutsche ein Leben in der Gruppe zelebriert, ist die Sperre hart.
Wahrscheinlich gab es anfangs keine Alternative zu diesen drastischen Maßnahmen. Für massenhafte Tests fehlte schlicht das Material. Das Gesundheitssystem stand vor dem Kollaps, täglich starben Hunderte Menschen. Wahrscheinlich war es auch zu spät, mit Appellen an die Vernunft oder einem Trial-and-Error-Ansatz die exponentielle Ausbreitung des Virus unter Kontrolle zu bringen.
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Jetzt aber, wo die Einschnitte greifen – die Zahl der Infektionen steigt inzwischen um weniger als fünf Prozent täglich –, brauchen die Spanier dringend ein Signal der Hoffnung. Ein Signal, dass auf absehbare Zeit so etwas wie ein normales Leben überhaupt wieder denkbar ist.
Wenn es auch noch zu früh für den umfassenden Exit ist, zumindest ein Szenario für den Exit sollte die Regierung liefern. Es ist die Zeit für weniger pauschale und mehr zielgerichtete Maßnahmen.
So sollten Bewohner von Seniorenheimen, die zu Hunderten dort sterben, getestet und in verschiedenen Gebäuden in Infizierte und nicht Infizierte getrennt werden. Jüngst sind eine Million Tests in Spanien angekommen, das ist ein Anfang.
Mehr: Coronakrise in Spanien: „Es herrschen Zustände wie im Krieg“.
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