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Prüfers Kolumne Alkohol im Arbeitsumfeld ist heute out – dabei war er historisch nicht unwichtig

Alkohol wirkt auf fast alle menschlichen Fähigkeiten negativ – und doch sind Kulturen, in denen Alkohol getrunken wird, langfristig erfolgreicher.
18.09.2021 - 08:58 Uhr Kommentieren
Handelsblatt: Prüfers Kolumne
Der Autor

Tillmann Prüfer ist Mitglied der Chefredaktion des „Zeit-Magazins“.

Ich erinnere mich, dass es früher einen sehr viel unbefangeneren Umgang mit Alkohol am Arbeitsplatz gab. Es war zum Beispiel sehr üblich, bei Geschäftsessen ein Glas Wein zu trinken, und wenn es ein gutes Geschäftsessen war, auch drei. Und manchmal wurde auch gleich Champagner gereicht.

Wenn man heute ein Glas Wein in Anwesenheit von Geschäftspartnern ordern würde, würde man sich sofort dem Verdacht aussetzen, harter Alkoholiker zu sein. So hart, dass man nicht einmal ein Geschäftsessen durchhält, ohne dabei zu picheln. Früher rühmten sich CEOs, dafür gesorgt zu haben, dass bestimmte Weinsorten in der Betriebskantine ausgeschenkt werden. Das wäre heute Körperverletzung.

Dabei haben wir dem Alkohol vermutlich einiges zu verdanken. Ich habe mal gelesen, dass schon in prähistorischer Zeit die Ackerflächen keineswegs nur genutzt wurden, um Getreide für Brot anzubauen, sondern der Anbau von Hirse zum Bierbrauen ein wichtiges Motiv war. Denn nur, wenn die Menschen angetrunken waren, konnten sie mit Gegnern, etwa Führern anderer Clans, verhandeln, ohne einander gleich umzubringen.

Der Alkohol war in diesem Sinne der Friedensbringer, der die ersten Geschäftsessen der Menschheit überhaupt erst möglich machte. So erst wurde es möglich, dass größere Allianzen geschaffen wurden und komplexere Gesellschaftsstrukturen. Alkohol war in diesem Sinne der Sprit der Kultur.

In der „Welt am Sonntag“ habe ich über das neue Buch des Philosophieprofessors Edward Slingerland gelesen. Es heißt „Drunk – How We Sipped, Danced and Stumbled Our Way to Civilization“ und handelt davon, dass wir betrunken in die Zivilisation gestolpert und getanzt sind. Es beinhaltet eine kleine Kulturgeschichte des Trinkens und untersucht die These, warum Alkohol als eine Substanz, die sich auf fast alle menschlichen Fähigkeiten negativ auswirkt, trotzdem jahrtausendelang die Menschheit begleiten konnte.

Nun gibt es viele Dinge, die schon eine ganze Weile die Menschheit begleiten, obwohl sie schlecht sind, wie zum Beispiel das Privatfernsehen oder Cupcakes. Aber beim Alkohol ist es so, dass die Kulturen, in denen Alkohol getrunken wurde, langfristig erfolgreicher waren als jene, die nüchtern blieben. Letztlich, so Slingerland, helfe der Alkohol, Kreativität, Kultur und Gemeinschaft zu aktivieren.

Nur angetrunken konnte der Homo sapiens freundlich zu Fremden sein. Denn im Grunde sei schon eine Situation wie ein Flug in einem Linienflugzeug eine, die das Sozialvermögen der meisten Lebewesen überfordern müsste. Wenn wir aber leicht alkoholisiert in unseren Sitzen schlummern, fühlen wir weniger Stress und bringen auch niemanden um. Fragt sich dann nur, wie lange es dauern wird, bis man sich bei Geschäftsterminen wieder gegenseitig an die Gurgel geht, wenn es weiter nichts zu trinken gibt.

Mehr: Motivationssprüche stimmen immer – oder?

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