Wirtschaftswarntag: Bei einem rot-grün eingefärbten Kanzler Merz wird sich nicht viel ändern

Heute rufen Deutschlands Wirtschaftsverbände sowie zahlreiche Betriebe aller Branchen und Regionen einen deutschlandweiten Wirtschaftswarntag aus. Das hat es noch nie gegeben. Trotz all ihrer Unterschiedlichkeit sind sie heute in ihrer Sorge um den Standort Deutschland vereint. Was der Jahreswirtschaftsbericht in Zahlen zeigt, bekommt heute das Gesicht Hunderter Unternehmerinnen und Unternehmer im ganzen Land.
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Deutschland befindet sich in einer Wachstumskrise. Das Bruttoinlandsprodukt ist zwei Jahre in Folge geschrumpft, und für das laufende Jahr prognostiziert der Internationale Währungsfonds Deutschland das geringste Wachstum unter allen wichtigen Volkswirtschaften der Welt. Die deutsche Industrie schrumpft bereits seit 2017, seit 2019 wächst in Deutschland nur noch der Staat.
Geringere Steuern, weniger Bürokratie, niedrigere Energiekosten und ein flexibleres Arbeitsrecht
Mit meinem Wirtschaftswendepapier habe ich, noch als Bundesfinanzminister, eine angebotsorientierte Antwort zur Überwindung dieser tiefen Krise gegeben. Die Initiatoren des Wirtschaftswarntages verlangen heute nicht weniger.
Richtig bleibt: Deutschland braucht geringere Steuern, weniger Bürokratie, niedrigere Energiekosten, ein flexibleres Arbeitsrecht und einen Stopp für steigende Sozialabgaben. Olaf Scholz und Robert Habeck waren nicht bereit, diesen anstrengenden Weg mitzugehen. Das konnte und wollte ich nicht verantworten.
Die angesprochenen Handlungsfelder sind die drängendsten Missstände, auf die sich Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Branchen und Regionen verständigen können. Sie sind zugleich, zusammen mit soliden Staatsfinanzen und stabilen Preisen, der Kern der angebotspolitischen Wirtschaftswende, für die ich werbe.
Während von den selektiven Subventionen rot-grüner Industriepolitik nur politisch definierte Betriebe profitieren, kommen diese ordnungspolitischen Maßnahmen dem gesamten Wirtschaftsstandort zugute. Der Bundeskanzler spricht gern davon, dass er nicht diese gegen jene Gruppe ausspielen wolle, und doch bewirkt er mit seiner gönnerhaften Wirtschaftspolitik genau das.
Der Wirtschaftswarntag zeigt, dass es ein mutloses „Weiter-so“ nicht mehr geben darf
Der Warntag ist symbolisch auch deshalb so bedeutsam, weil er zwar ausdrücklich parteipolitisch neutral angelegt ist, zugleich aber klarmacht, was die Vertreter der deutschen Wirtschaft besorgt: ein mutloses „Weiter-so“ in einer Koalition der Union mit einer der linken Parteien SPD und Grüne. Denn beim Noch-Bundeskanzler treffen die Unternehmen mit ihren berechtigten Reformaufrufen auf taube Ohren und zynische Sprüche. („Die Klage ist des Kaufmanns Gruß.“)
Unsere Unternehmerinnen und Unternehmer sehen bereits voraus, dass sich daran auch bei einem rot-grün eingefärbten Kanzler Friedrich Merz nicht viel ändern würde. Wie CDU-Wirtschaftspolitik in der Praxis aussieht, kann man seit 2019 an Ursula von der Leyens Regulierungs-Tsunami namens „European Green Deal“ studieren. Damit haben die Unternehmen leidvolle Erfahrungen gemacht.
Deshalb ist der Wirtschaftswarntag ein Misstrauensvotum nicht nur gegen den amtierenden, sondern bereits jetzt auch gegen den künftigen Kanzler. Wäre es anders, würde sich die deutsche Wirtschaft in freudiger Erwartung eines neuen Regierungschefs einfach zurücklehnen.
Der Wirtschaftswarntag bestätigt genau das, was ich im ganzen Land von unzähligen Handwerkern, Gründerinnen, Freiberuflern, Managerinnen und Facharbeitern höre: Die Lage der Wirtschaft ist ernst wie nie, die Sorge um die Zukunftsfähigkeit des eigenen Unternehmens, um die Sicherheit des eigenen Arbeitsplatzes nimmt zu. Eine Politik der bequemen Reformverweigerung wird nicht mehr akzeptiert.
Eine Wirtschaftswende geht nur mit bewusst herbeigeführten Veränderungen, sie fällt nicht unbemerkt vom Himmel. Sie setzt einen Bewusstseinswandel voraus. In der Wirtschaft, das ist die positive Botschaft dieses Tages, hat dieser Wandel bereits stattgefunden. Jetzt ist es an den politischen Parteien, die Wirtschaftswende zu liefern: unternehmerische Freiheit statt Regelungswut, breite Steuersenkungen statt Förderantragsbürokratie, marktwirtschaftliche Energie- und Klimapolitik statt EEG-Dauersubventionen, Infrastrukturinvestitionen statt Sozialstaatsausbau, Einwanderung in den Arbeitsmarkt statt in die Sozialsysteme.






Der Warntag der Wirtschaft kommt gerade rechtzeitig vor der Bundestagswahl am 23. Februar. Wer per Schlafwagen ins Kanzleramt fahren möchte, stärkt nur die politischen Ränder. Die nächste Bundesregierung muss liefern – für unseren Wohlstand, aber auch für unsere freiheitliche Demokratie. Der heutige Tag beweist: Alles lässt sich ändern. Die Unternehmer sind schon viel weiter als so mancher in der Politik.
Der Autor: Christian Lindner ist Bundesvorsitzender der FDP und war von 2021 bis 2024 Bundesfinanzminister.
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