Gastkommentar – Global Challenges: Wie wichtig sind US-Aktienkurse für Trump?

Das Ergebnis der US-Wahl im November könnte als klares Votum für Veränderung gesehen werden – mit einem republikanischen Durchmarsch sowohl im Weißen Haus als auch im Kongress. Dabei hatten die USA verglichen mit anderen großen Industrienationen wie China, der Euro-Zone oder dem Vereinigen Königreich eigentlich den geringsten Bedarf an grundlegenden Veränderungen, wenn man die Entwicklung des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Kopf betrachtet.
Doch welche wirtschaftspolitischen Ziele verfolgt Präsident Donald Trump in seiner neuen Amtszeit?
Basierend auf den öffentlichen Äußerungen von Trump und führenden Wirtschaftspolitikern seiner Administration gehen wir davon aus, dass er drei langfristige Ungleichgewichte adressieren könnte: das Handelsbilanzdefizit der USA, das Haushaltsdefizit der USA und die ungleiche Verteilung von Einkommen zwischen Arbeit und Kapital – der Anteil der Arbeit ist in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen.
Die Korrektur solcher über Jahrzehnte entstandenen Ungleichgewichte könnte wirtschaftlich schmerzhaft sein. Daraus ergibt sich eine zentrale Frage für Trumps zweite Amtszeit: Wie viel Underperformance des US-Aktienmarktes wird Trump bereit sein zu akzeptieren?
Viele Investoren glauben, dass die Antwort „nicht viel“ lautet – denn die Aktienmärkte könnten das wichtigste Barometer für den Erfolg seiner Politik sein. Daher bleibt fraglich, ob Trump 2025 mit mutigen, aggressiveren Maßnahmen überraschen wird.
Globale Ungleichgewichte
Einige Analysten argumentieren, dass das Handelsdefizit der USA das Ergebnis der Industriepolitik anderer Länder ist, die ihre verarbeitende Industrie mit Subventionen stützen und damit die heimische Sparquote antreiben.
Dazu gehört insbesondere China, aber auch Deutschland, Japan und andere Staaten. Sollten Länder mit Handelsüberschüssen keine Anpassungen vornehmen können oder wollen, bleibt den USA nur die Option, Maßnahmen zu ergreifen, die diese Anpassungen erzwingen.
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Dazu gehören etwa höhere universelle Zölle (und nicht nur Zölle auf Produkte aus China oder anderen konkreten Regionen) oder eine Steuer auf ausländische Investitionen. Beide müssten mit einer Begrenzung des Aufwertungsdrucks auf den Dollar einhergehen.
Dieser gewinnt normalerweise nach der Einführung von Zöllen an Wert, da die Nachfrage der USA nach Importen zurückgeht. Mit anderen Worten: Die USA müssten eine effektive Abwertung des Dollars herbeiführen, um diese Anpassungen zu erzwingen.
Wenn die USA Maßnahmen ergreifen, um den Zufluss ausländischer Ersparnisse zu begrenzen, müssten sie gleichzeitig die inländische Ersparnis erhöhen – höchstwahrscheinlich durch eine erhebliche Reduzierung des US-Staatsdefizits.
Zinsentwicklung ist entscheidend
Sollte es solche großen Veränderungen geben, könnten wir in Ländern mit anhaltenden Handelsüberschüssen gegenüber den USA steilere Zinskurven beobachten. In einem solchen Szenario würden die langfristigen Zinsen im Verhältnis zu den kurzfristigen Zinsen steigen, da die Überschussländer wahrscheinlich eine Kombination aus einer lockereren Geldpolitik und einer expansiveren Fiskalpolitik verfolgen, um ihre Binnennachfrage zu stützen.
In den USA wiederum könnten höhere Preise – sei es durch Zölle oder einen schwächeren Dollar – das Tempo von Zinssenkungen der Federal Reserve verlangsamen. Gleichzeitig könnten niedrigere Preise in anderen Regionen die Zentralbanken dort zu schnelleren Zinssenkungen veranlassen.
Sinkt das US-Haushaltsdefizit relativ zu den expansiven fiskalpolitischen Maßnahmen in den Überschussländern, würde das die langfristigen US-Zinsen in die Höhe treiben, da die Sorgen wegen einer Verschärfung der US-Fiskalsituation damit weniger akut würden.
Falls die politischen Rahmenbedingungen in Washington – insbesondere die knappen Mehrheiten der Republikaner im Kongress – die Möglichkeit einschränken, das US-Haushaltsdefizit zu senken, während gleichzeitig ausländische Kapitalzuflüsse beschränkt werden, könnten höhere Anleiherenditen für US-Staatsanleihen die Folge sein.
Dies würde höhere private Sparquoten (oder geringere Investitionen) erfordern, um die ausbleibenden ausländischen Kapitalzuflüsse auszugleichen – ein Szenario, das die US-Wirtschaft in eine Rezession treiben könnte.
Risikoprämien für Aktien dürften steigen
Die Auswirkungen auf die Aktienmärkte dürften weitestgehend negativ sein. Während lang laufende Anleihen wahrscheinlich eine Outperformance zeigen würden, würden die Risikoprämien für Aktien steigen.
Eine Verschiebung der Einkommensverteilung zugunsten von Arbeitnehmern würde die Margen und Gewinne der Unternehmen verringern. Gleichzeitig würde eine Begrenzung ausländischer Kapitalzuflüsse die Kapitalkosten der Unternehmen in die Höhe treiben.
Die Prognose von Trumps Wirtschaftspolitik bleibt schwierig. Sollte Trumps Toleranz für Kursverluste an den Aktienmärkten gering sein, dürften seine Maßnahmen in den Bereichen Zölle, Handel und Haushaltsdefizit begrenzt, symbolisch und wirtschaftlich tragbar bleiben.
Falls er jedoch bereit ist, mutige Schritte zu wagen, könnte dies zu einem gerechteren langfristigen Wirtschaftswachstum in den USA führen – allerdings mit geringeren Renditen für Kapitalanleger.




Die Autorin: Tiffany Wilding ist Managing Director und Ökonomin beim Investmentfonds Pimco in Newport Beach.
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