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Handelsblatt on TourDie Lehren der Pioniere

Erfolgsrezepte in Fernost: Im Vergleich zwischen gestern und heute zeigt sich, was auf dem Auslandsmarkt wirklich funktioniert – und warum China bei Innovationen bald nicht mehr zu schlagen sein wird.Finn Mayer-Kuckuk 02.06.2014 - 08:09 Uhr Artikel anhören

Im Gespräch: Handelsblatt-Korrespondent Finn Mayer Kuckuck mit den Reiseteilnehmern Alexander Jentsch, Tobias Hauser, Gabriele Wolff und Heiko Zimmer (v.l.).

Foto: Matthias Magg

Shanghai. Wer als Deutscher seit mehreren Jahrzehnten in China eine Firma leitet, kennt den Unterschied zwischen den Führungsstilen der beiden Länder. „Der chinesische ist liebevoll-autoritär, der deutsche dumm-demokratisch“, sagt der Unternehmer Ulrich Maeder, der hier 1980 den Textilhersteller Polymax gegründet hat. Chinesische Mitarbeiter erwarten nach seiner Einschätzung einen „richtigen Chef“, der sagt, wo es langgeht, der aber auch konsequent Verantwortung für seine Mitarbeiter übernimmt – sogar im privaten Bereich. Deutsche Gedanken wie den Aufbau gleichberechtigter Teams verstehen chinesische Untergebene dagegen oft nicht.

Die Mitreisenden von „Handelsblatt on Tour“ konnten am Sonntag in Shanghai am Wissen mehrerer China-Veteranen teilhaben. Ein Gründer, zwei Top-Manager und ein Anwalt erzählten am letzten Tag der Reise offen aus der Praxis. Neben dem Personalwesen waren Schwierigkeiten beim Markteinstieg und die zunehmende Konkurrenz durch einheimische Firmen brennende Fragen. Auch Fallen und Stolpersteine nahmen einen großen Teil der Diskussion ein.

Ein wichtiges Thema war die Frage nach dem Umgang mit der Korruption im Land. Deutsche Firmen sollten sich von jeder Form von Bestechung fernhalten, lautete das Fazit der China-Pioniere. Auch wenn sie in Praxis kurzfristig den Umsatz hochtreiben kann, überwiegen langfristig die Gefahren. Gerade die Landeschefs geraten durch die Anforderungen der Zentrale zuweilen in die Zwickmühle. „Frontmanager haben zwei widersprüchliche Aufgaben: den Gesetzen zu entsprechen und zugleich Resultate zu erzielen“, beobachtet der Anwalt Bernd Uwe Stucken von der Kanzlei Pinsent Masons in Shanghai.

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Wer schmiert, verschafft sich oft kurzfristige Vorteile, riskiert langfristig aber seinen Ruf, sein Geld und seine Freiheit. Gerade jetzt ist es wichtig, sich nicht verführen zu lassen: Der amtierende Präsident Xi Jinping setzt ein Programm gegen Korruption durch. „Es kommt zum ersten Mal das Gefühl auf, dass hart durchgegriffen wird, von oben bis nach ganz unten“, sagt Christian Sommer, Leiter des German Centre in Shanghai, einer angesehenen Institution, die Mittelständler mit Büroraum und zahlreichen Dienstleistungen versorgt.

Die Teilnehmer an „Handelsblatt on Tour“ hatten auf der Reise auch die schnelle technische Aufholjagd chinesischer Unternehmen registriert und fragten die China-Pioniere, wie lange deutsche Produkte überhaupt noch gebraucht werden. „Die Existenz von immer mehr chinesischen Technikführern zeigt, dass China langfristig nicht immer durch Innovation zu schlagen ist“, beobachtet Reise-Teilnehmer Nikolaus Fremery von der Nähmaschinenfabrik Emil Stutznäcker.

Die China-Veteranen können hier Entwarnung geben: Es bleibt auf jeden Fall noch Raum für deutsche Firmen. Natürlich habe China inzwischen starke Spieler und Weltmarktführer in zahlreichen Branchen von Kühltechnik bis zur DNA-Analyse, sagt Peter Legner, Chef des Maschinenbauers Schenck Shanghai Machinery. Doch die Qualität aus Deutschland werde weiterhin geschätzt. Außerdem sei das Image der von „Made in Germany“ auf lange Sicht ein gewaltiger Vorteil. „Deutsche Präzision und komplexe Prozesse lassen sich nicht einfach kopieren“, ergänzt Sommer.

Als Spitzenbeispiel für Angreifer aus China gilt der chinesische Technikkonzern Huawei, dessen Forschungszentrum in Shanghai die Handelsblatt-Gruppe am Tag zuvor besucht hat. Erst 1988 gegründet, steht Huawei auf dem Sprung, zum Weltmarktführer für Netzwerktechnik zu werden. Zu den Produkten gehören Internetrechner oder Mobilfunkantennen. Huawei hat den europäischen Wettbewerber Nokia Solutions and Networks (NSN) bereits weit hinter sich gelassen, in dem einst die entsprechende Sparte von Siemens aufgegangen war.

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Inzwischen hat sich Deutschland damit von diesem Zukunftsgeschäft weitgehend verabschiedet. „Was Huawei hier macht, wirkt ziemlich überzeugend“, sagt nach der Besichtigung Franz Dorfner, der als Gründer des Mittelständlers Heiden Power in der Elektrobranche vom Fach ist.

Als Ursache für die schnelle Entwicklung der hochwertigen Branchen machen die Reiseteilnehmer die Lernbereitschaft in China aus. „Die Qualität der Ausbildung ist offenbar hervorragend“, sagt Frank Dopheide von der Agentur Deutsche Markenarbeit in Düsseldorf. Bisher konzentrieren sich die chinesischen Tüftler dabei auf die konsequente Weiterentwicklung von Produkten – „so gesehen sind sie zwar innovativ, aber noch geistig noch nicht so kreativ“, beobachtet Dopheide. „Doch eines ist klar: Die Welt hat von diesem Land noch einiges zu erwarten.“

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