Asia Techonomics: Die Schweiz macht's vor: So können Europäer von Tech-Partnerschaften mit Japan profitieren

In der wöchentlichen Kolumne schreiben Handelsblatt-Korrespondenten im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in Asien.
Tokio. Wenn Olaf Scholz kommende Woche auf seiner ersten Asienreise nach Japan kommt, vertritt er nicht nur Deutschland als Bundeskanzler sondern auch die G7-Staaten als deren derzeitiger Präsident. Entsprechend stehen vor allem die großen Fragen der internationalen Politik im Vordergrund: Wie umgehen mit Russland? Was ist der Plan für die künftigen Beziehungen zu China?
Der Schweizer Bundesratspräsident Ignazio Cassis hatte es da diese Woche einfacher. Er konnte sich vor allem auf den Tech-Standort Japan konzentrieren. Die Schweiz hat allerdings insgesamt auch mehr in Japan investiert als Deutschland.
Die Eidgenossen wollen diese Stellung nun noch ausbauen: So hat Cassis die Förderung von Start-ups und Forschungspolitik in den Mittelpunkt der Reise gestellt. Als einen seiner technologischen Höhepunkte hat er am Mittwoch in der Millionenmetropole Osaka das erste Hightech-Konsulat der Schweiz in der drittgrößten Volkswirtschaft der Welt eröffnet.
Swissnex lautet der Name. „Es ist der Technikhub der Schweiz“, sagte Cassis am Dienstag in kleiner Runde in Tokio. Anders gesagt, Swissnex ist ein Zeichen der noch jungen Schweizer Strategie, Wissenschaft, Innovation und Diplomatie zu verbinden. Die Büros, die es schon in Boston, dem Silicon Valley, Schanghai, Indien und Brasilien gibt, sind für Cassis „die treibende Kraft“ der Außenwirtschaftspolitik, die Schweizer Start-ups im Ausland fördern soll. „Das Stichwort ist Innovation, nicht nur von Produkten, sondern auch von Prozessen“, so Cassis.

„Das Stichwort ist Innovation, nicht nur von Produkten, sondern auch von Prozessen“, sagt Cassis.
Die Idee der Start-up-Förderung ist natürlich auch Deutschland nicht neu. Als viertgrößte Volkswirtschaft kann sich Deutschland auch mehr Durchlauferhitzer und Vermittlungsinstitute leisten als die Schweiz. Neben der Auslandshandelskammer gibt es unter anderem den vom Wirtschaftsministerium mitfinanzierten German Accelerator, der weltweit bereits mehr als 500 Start-ups unterstützt hat.
Vielversprechender Standort
In Asien gibt es dabei aber einen Haken: Es gibt zwar laut der Homepage ein Büro in Tokio, bei Fragen wird man aber an die asiatische Zentrale in Singapur verwiesen. Die Schweiz signalisiert der Japan AG mit dem Swissnex-Büro hingegen, dass das Land Japan tatsächlich als wichtig für die eigene Wirtschaft ansieht. Japan ist eins von acht Schwerpunktländern, auf die sich die Schweizer Regierung in ihrer kombinierten Außen- und Wirtschaftspolitik konzentriert.
Für den neuen Swissnex-Chef Felix Moesner, der zuvor die Büros in Boston und Schanghai geleitet hat, ist das ostasiatische Inselreich einer der vielversprechendsten Standorte. „Es ist, als ob man vor einer vollen Badewanne an technischen Entwicklungen sitzt und versucht, die mit einem kleinen Teelöffel auszulöffeln und ein bisschen in die Schweiz zu übertragen“, erklärt er dem Handelsblatt seine tägliche Arbeit.
Der einstige Glanz japanischer Firmen in Computertechnik und Unterhaltungselektronik ist zwar verblasst. Technologisch ist Japan aber noch immer mit einer breiten Palette an Produkten in der Weltspitze dabei. Selbst die asiatische Industrie erkennt das an. Der weltgrößte Auftragsfertiger von Computerchips, TSMC aus Taiwan, baut nicht nur sein erstes Halbleiterwerk außerhalb des Großraums China in Japan. Die Taiwaner nutzen die Expertise des einstigen Weltmarktführers bei Halbleitern auch für die Entwicklung der neuen Chipgeneration.
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Der Standort Osaka ist für Moesner, der in seiner Karriere bereits in der Tokioter Botschaft der Schweiz gedient hat, ein idealer Standort. Nicht nur findet in Japans zweitgrößter Metropole 2025 die Weltausstellung statt. Auch stammen zudem viele Technikkonzerne aus der Region.
Moesner hat beispielsweise schon den Elektronikriesen Panasonic, den Videogame-Entwickler Nintendo und den Pharmakonzern Shionigi besucht. Und die Konzernzentralen der Autohersteller Toyota und Mazda sind in zwei Stunden Fahrt zu erreichen, bis in die Hauptstadt Tokio dauert die Fahrt weitere 30 Minuten.
Und überall stehen die Türen inzwischen offener denn je, da Japan innovativer und globaler werden will. „Schweizer Start-ups werden uns fast aus den Händen gerissen“, berichtet der Schweizer Technikkonsul. Ursprünglich wollte er im ersten Jahr sechs Start-ups nach Japan bringen. „Aber das Interesse ist so groß, dass wir wahrscheinlich schon auf 20 Vermittlungen kommen werden.“ Deutschlands Regierung und Unternehmen sollten dieses Potenzial ebenfalls stärker nutzen.





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