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BahnWarum in Südeuropa Züge pünktlicher und Tickets billiger sind

Weniger Verspätungen und niedrigere Kosten: In Italien und Spanien können Bahnkunden oft entspannt reisen. Warum das so ist – und wie es auch in Deutschland besser ginge.Thomas Hanke 08.05.2025 - 15:33 Uhr Artikel anhören
Hochgeschwindigkeitszug von Trenitalia: Im italienischen Schienennetz herrscht Wettbewerb – zum Vorteil der Kundinnen und Kunden. Foto: REUTERS

Die neue Bundesregierung will den Klimaschutz voranbringen, ohne die Einkommen der Bürger zu belasten. Kaum eine Rolle spielt dabei jedoch ein Instrument, das bei der Wende zu klimafreundlicherem Verkehr helfen und gleichzeitig die Kaufkraft der Bürger steigern könnte: mehr Wettbewerb im Personenfernverkehr auf der Schiene.

Im Koalitionsvertrag kommt er nicht vor. Dabei machen andere Länder wie Spanien, Italien und Schweden vor, dass ein intensiver Wettbewerb im Personenfernverkehr auf der Schiene einen doppelten Effekt hat.

So gibt es neben der italienischen Staatsbahn Trenitalia seit 2012 auch privatwirtschaftliche Züge des Anbieters Italo, außerdem bedienen die Schweizer SBB und die österreichische ÖBB Strecken in Italien. „Im Durchschnitt sank der Fahrkartenpreis unmittelbar nach Beginn des Wettbewerbs um 28 Prozent“, schreibt die EU-Kommission in einer Studie vom vergangenen Jahr. Zudem stiegen die Passagiere um vom Flugzeug auf die Bahn.

„Italien ist die Benchmark“, sagt der Ticketvermarkter Trainline: „Der Wettbewerb führte zu durchschnittlichen Preissenkungen von 40 Prozent und einer Verdoppelung der Zahl der Fahrgäste auf den wichtigsten Hochgeschwindigkeitsstrecken.“ Auf der viel genutzten Strecke zwischen Rom und Mailand habe die Bahn den Flugverkehr überholt, der Anteil des Schienenverkehrs sei von 36 Prozent auf 75 Prozent gesprungen.

Ähnlich läuft es in Spanien, wo seit 2022 zwei Anbieter dem Ex-Monopolisten RENFE Konkurrenz machen: die französische SNCF-Tochter Ouigo und Iryo, ein Unternehmen, das mehrheitlich der italienischen Bahngesellschaft gehört. Sie sind mit eigenen Zügen auf den Hochgeschwindigkeitsstrecken von Madrid in andere Metropolen unterwegs.

Handelsblatt-Autor Thomas Hanke analysiert in der Kolumne interessante Daten und Trends aus aller Welt. Foto: Klawe Rzeczy

Laut Trainline hat sich auch auf diesen Strecken das Fahrgastaufkommen verdoppelt. Die Schiene trage jetzt 85 Prozent des Verkehrs, das Flugzeug nur noch 15 Prozent.

Kaum Verspätungen in Spanien

Nicht nur die stark gesunkenen Preise, auch die hohe Servicequalität trägt zu dieser Entwicklung in Spanien bei: Die Hochgeschwindigkeitszüge legen beispielsweise die 600 Kilometer zwischen den Stadtzentren von Madrid und Barcelona in zweieinhalb Stunden zurück, Verspätungen sind die absolute Ausnahme.

2024 mussten die Fahrgäste für diese Strecke im Schnitt knapp 60 Prozent weniger bezahlen als 2021, vor Beginn des Wettbewerbs. Der Marktanteil des früheren Alleinanbieters ist je nach Route auf 55 bis 80 Prozent gefallen, schreibt die spanische Wettbewerbsbehörde.

Das sind Zahlen, von denen man in Deutschland nur träumen kann: Laut Aussage der Deutschen Bahn kommen Wettbewerber im Fernverkehr – praktisch ausschließlich Flixtrain – nur auf einen Marktanteil von fünf Prozent. In Frankreich ist er noch niedriger, dort dominiert die staatliche SNCF. Stärker ist der Wettbewerb in Deutschland nur bei Cargo und im Regionalverkehr.

Immerhin: Der bescheidene Konkurrenzdruck hat die Bahn dazu bewogen, im Fernverkehr vermehrt Schnäppchenpreise anzubieten. Doch insgesamt hat sie den Erlös pro Fahrgast 2024 noch erhöht, obwohl Rekordverspätungen die Kundenzahl im Fernverkehr um fünf Prozent einbrechen ließen.

Hohe Gebühren für Trassennutzung

Auch Jahre nach der Öffnung des Marktes bleibt die DB im Fernverkehr fast ein Monopolist. Den Grund dafür sieht Mofair, die Interessenvertretung aller neuen Bahn-Anbieter, in Barrieren für den Markteintritt: Investments in das rollende Material seien teuer und die Trassenpreise, also die Maut, die für die Nutzung des Netzes zu zahlen ist, hoch.

Fehlende Planungssicherheit kommt hinzu. Die Trassennutzung muss jedes Jahr neu beantragt werden. Wer investiert Millionen Euro in Züge, wenn er nicht weiß, ob er sie in einem Jahr noch nutzen kann?

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Flixtrain zufolge liegen die Trassengebühren in Deutschland dreimal so hoch wie in Italien und sogar achtmal so hoch wie in Spanien. Sie muss allerdings auch der DB Fernverkehr entrichten und sähe sie gern gesenkt. Die Bahn unterliegt nicht denselben Zwängen wie ein Privatunternehmen und kann Jahr um Jahr Verluste einfahren.

Die Trassenpreise will die neue Regierung laut Koalitionsvertrag nun reformieren. Wie, das erfährt man nicht. Deutschland bleibt Nachzügler beim Wettbewerb auf der Schiene, zum Schaden der Verbraucher und des Klimas.

Mehr: Staatskonzern mit Problemen – Warum Geld allein der Deutschen Bahn nicht hilft

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