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Beyond the obviousGefangen zwischen Rezession und Resignation

Man braucht keine Staatsschulden, um eine wettbewerbsfähige Wirtschaft mit guter Infrastruktur zu haben. Man braucht einfach eine bessere Politik, meint Daniel Stelter. 24.08.2025 - 08:46 Uhr Artikel anhören
Der Autor: Daniel Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Diskussionsforums beyond the obvious, Unternehmensberater und Autor. Jeden Sonntag geht auf www.think-bto.com sein Podcast online. Foto: Privat

Wenig beachtet von der breiten Öffentlichkeit hat das Statistische Bundesamt die Wachstumszahlen der vergangenen Jahre korrigiert. Deutschland stagniert demnach nicht, es schrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist 2023 gegenüber dem Vorjahr um 0,9 Prozent gesunken, 2024 ging es um 0,5 Prozent zurück. Gut möglich, dass auch 2025 die Wirtschaftsleistung weiter schrumpft, erwarten doch Wirtschaftsforscher wenn überhaupt nur ein kleines Plus.

» Lesen Sie auch: Wirtschaftsstatistik in Deutschland steht kopf – „Das BIP funktioniert jetzt nicht mehr“

Die Bürger spüren, dass es nicht rundläuft im Land. Gemäß einer aktuellen Forsa-Umfrage erwarten 62 Prozent der Deutschen eine weitere Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, 22 Prozent rechnen mit Stagnation, und nur 14 Prozent hegen Hoffnung auf Besserung.

Überraschen kann dies angesichts der Politik der Bundesregierung nicht. Union und SPD stehen nicht nur für die heutige Stagnation, sondern auch für die Politik der vergangenen Jahrzehnte, die die Grundlagen des deutschen Wohlstands erodiert hat. Die SPD regiert im Bund seit 1998 mit nur einer Unterbrechung, insgesamt also 23 Jahre. Die Union stellte im selben Zeitraum immerhin 17 Jahre die Kanzlerin bzw. jetzt den Kanzler.

Unter ihrer Führung ist die Infrastruktur verfallen, hat die Bundeswehr die Verteidigungsfähigkeit verloren und das Bildungswesen einen massiven Niedergang erlebt. Der Sozialstaat wurde immer größer, nicht zuletzt durch eine Politik, die behauptete, ein Schutz der Grenzen sei weder möglich noch sinnvoll. Auf Drängen der Grünen und mit Unterstützung der FDP wurde zugleich der Versuch gestartet, ein Industrieland mit Wind- und Sonnenenergie zu versorgen und auf Kern- und demnächst auch auf Kohlekraftwerke zu verzichten.

Das Scheitern dieser Politik kann man an internationalen Vergleichsstudien ablesen. Beim IMD World Competitiveness Index liegt Deutschland abgeschlagen auf Platz 24, während Länder wie die Schweiz (aktuell auf Platz zwei), Dänemark (Platz drei) und die Niederlande (Platz neun) vorführen, dass man keine Sondervermögen oder ähnliche Tricks zum Schuldenaufbau braucht, um eine wettbewerbsfähige Wirtschaft mit guter Infrastruktur zu haben. Man braucht einfach eine bessere Politik.

Die Probleme mit Schulden zu kaschieren, ist gefährlich

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat zu Beginn der aktuellen Regierung gesagt, dass diese die „letzte Patrone der Demokratie“ sei. Das glaube ich nicht. Es kann aber gut sein, dass es die letzte Patrone für Union und SPD ist. Andere Parteien haben schon erlebt, was passieren kann. Man denke an die Democrazia Cristiana in Italien und die Sozialisten in Frankreich. Blickt man auf die Wahlergebnisse der letzten Jahre und die aktuellen Umfragen, kann man nur feststellen, dass die SPD auf dem Weg schon sehr weit ist und die Union in atemberaubender Geschwindigkeit aufholt.

Doch wie kann das sein? Eigentlich sollten Parteien doch daran interessiert sein, möglichst viel Zustimmung zu erfahren und Wähler für sich zu mobilisieren. Eine denkbare Erklärung wäre, dass die Funktionäre der Parteien sich von ihren Wählern weit entfernt haben. Eine gerade bei der SPD naheliegende Vermutung. Eine andere ist, dass die Parteien Angst vor den Wählern haben. Das Wahlvolk mag zwar den Verlust an Wohlstand im Land wahrnehmen, verschließt aber die Augen vor den notwendigen Reformen!

Beyond the obvious

Den Verstand verloren

24.08.2025
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In der Tat ist es bezeichnend, dass die Notwendigkeit von Reformen in der öffentlichen Diskussion durchaus Erwähnung findet, im Unterschied zur Diskussion zur Zeit der Hartz-IV-Reformen jedoch eher defensiv. Man könne den Älteren keine längere Lebensarbeitszeit zumuten, es wäre nicht wahr, dass wir im Vergleich zu anderen Ländern zu wenig arbeiteten.

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Der Verlust an industrieller Wertschöpfung wäre nicht so dramatisch und wenn, nur ein Zeichen normalen Strukturwandels. Talkshows beschäftigen sich mehr mit Verteilungsfragen als mit der Frage, wie denn Wohlstand erwirtschaftet wird. Kein Wunder also, dass die Bürger die Lage zwar kritisch sehen, aber nicht die Bereitschaft entwickeln, unangenehme Reformen mitzutragen.

So gesehen ist der Versuch der Politik, die Probleme mit Schulden zu kaschieren, nachvollziehbar, aber gefährlich. Denn er muss scheitern.

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