Emotionale Intelligenz: So machen uns Gefühle im Job effektiver

Viele meiner Klienten kommen mit einem ähnlichen Anliegen zu mir: Sie wünschen sich, dass die Arbeit keine Emotionen in ihnen auslöst – oder zumindest, dass sie es schaffen, ihre Gefühle am Arbeitsplatz nicht zu zeigen.
Der Wunsch, im Job rational und professionell zu agieren, ohne von Emotionen beeinflusst zu werden, ist verständlich. Schließlich gelten Gefühle oft als Hindernis für sachliche Entscheidungen und effizientes Arbeiten. Doch dieser Wunsch führt zu einem inneren Konflikt. Denn wir sind keine Maschinen, sondern Menschen. Wir bringen unser gesamtes Selbst – einschließlich unserer Gefühle – mit zur Arbeit. Emotionen lassen sich nicht einfach an der Bürotür ablegen. Im Gegenteil: Sie begleiten uns in Verhandlungen, Teammeetings und Entscheidungsprozessen.
Gefühle liefern wichtige Hinweise über unsere Umwelt und unsere inneren Zustände. Sie helfen uns, Situationen einzuschätzen und angemessen zu reagieren. Positive Emotionen wie Freude oder Zufriedenheit können Motivation und Kreativität steigern. Negative Gefühle wie Ärger oder Frustration weisen dagegen auf Missstände hin, die Aufmerksamkeit erfordern.
Emotionale Intelligenz heißt, Gefühle bewusst wahrzunehmen
Wissenschaftliche Studien bestätigen, dass Emotionen wie Liebe, Ärger, Unsicherheit und Mitgefühl unsere Wahrnehmung von Situationen beeinflussen und Entscheidungen prägen. Gefühle können also nicht nur stören, sondern auch als wertvolle Informationsquellen dienen. Sie signalisieren uns, was wichtig ist, und helfen, Situationen schneller zu bewerten. Wer lernt, Emotionen bewusst wahrzunehmen und zu verstehen, trifft fundiertere Entscheidungen und handelt effektiver.
In vielen Unternehmen herrscht noch die Auffassung, dass Emotionen im Arbeitsumfeld keinen Platz haben. Dies führt oft dazu, dass Mitarbeitende ihre Gefühle unterdrücken – mit langfristig negativen Folgen wie Stress und Unzufriedenheit. Gleichzeitig kann ein ungefilterter Ausdruck von Emotionen als unprofessionell wahrgenommen werden und Konflikte auslösen.
Deshalb ist es entscheidend, einen Mittelweg zu finden: Emotionen sollten authentisch ausgedrückt werden dürfen, ohne die professionelle Atmosphäre zu beeinträchtigen. Der bewusste Umgang mit eigenen und fremden Emotionen – häufig als „emotionale Intelligenz“ bezeichnet – ist entscheidend für den beruflichen Erfolg.
Emotionale Intelligenz umfasst Fähigkeiten wie Selbstwahrnehmung, Selbstregulation, Empathie und soziale Kompetenz. Personen mit hoher emotionaler Intelligenz können ihre eigenen Gefühle besser steuern und die Emotionen anderer gezielt wahrnehmen und einordnen. Dies erleichtert nicht nur die Kommunikation, sondern stärkt auch die Zusammenarbeit im Team und fördert konstruktive Lösungen in Konfliktsituationen.
So werden Sie im Büro emotional intelligenter:
Vier Tipps, emotionale Intelligenz zu stärken
Indem wir Emotionen nicht als Störfaktor, sondern als wertvolle Ressource betrachten, schaffen wir ein authentischeres und produktiveres Arbeitsumfeld. Ein bewusster Umgang mit Gefühlen stärkt die menschliche Komponente im Berufsleben und steigert sowohl das individuelle Wohlbefinden als auch den Unternehmenserfolg.
Emotionen sind kein Zeichen von Schwäche – sie sind ein Zeichen von Menschlichkeit. Und genau das brauchen wir in einer zunehmend komplexen und dynamischen Arbeitswelt.
Nese Oktay-Gür ist Psychologin, schreibt über arbeitspsychologische Themen und berät zahlreiche Unternehmen. Im Handelsblatt Wochenende schreibt sie alle zwei Wochen über Themen aus ihrer Praxis.




Erstpublikation: 09.01.2025, 09:47 Uhr.








