Entspannung: Was bringt uns Meditation? Hier lernen Sie die ersten Schritte

Meditation scheint für manche Menschen zu sein wie Kryptowährungen oder KI: eher ein Rätsel als eine Lösung. Daran ändert auch nichts, dass zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen die Vorteile der Meditation belegen, seriöse Medien darüber berichten und mittlerweile viele Unternehmen Meditationskurse als Teil ihres Gesundheitsmanagements anbieten.
Hartnäckig halten sich die Klischeebilder von im Lotussitz verknoteten Asketen, den strengen Zen-Meistern mit finsterer Miene und monoton sprechenden Meditationslehrern. Bei aller Popularität kämpft Meditation folglich noch immer mit einem ziemlichen Imageproblem.
Das fehlende Wissen bescherte mir unlängst eine überraschende Situation: Mein HNO-Arzt fragte mich beim Veröden eines Nasenpolypen, ob er durch Meditation seine Leistung noch mehr steigern könne?
In eingeweihten Meditationskreisen wird eine solche Frage gewöhnlich nicht gestellt. Denn im Kern geht es nicht um Selbstoptimierung. Es geht vielmehr darum, dass man ganz im gegenwärtigen Moment ankommt, sich selbst inklusive aller Befindlichkeiten begegnet.
Trotzdem fand ich die Frage meines Arztes berechtigt. Und das hat gute Gründe. Meditation bietet jedem Menschen die Möglichkeit, sich aus dem Getriebe der Welt herauszunehmen, um sich auf das Wesentliche zu besinnen. Für den einen mag das tatsächlich bedeuten, seinem spirituellen Grund auf die Spur zu gehen. Aber für jemand anderes kann es genauso gut heißen, mit dem nötigen inneren Abstand auf eine konfliktgeladene Gemengelage in einem beruflichen Kontext zu schauen oder die beste Version seiner selbst zu werden.
In einer Ära, in der die Komplexität des Lebens exponentiell wächst und die mentalen Anforderungen steigen, erweist sich Meditation als herausragendes Instrument für geistige Fitness. Sie ermöglicht es uns, inmitten der Informationsflut einen festen Boden unter den Füßen zu behalten. Sie schärft unser Bewusstsein für das Wesentliche und verbessert unsere Fähigkeit, komplexe Herausforderungen mit Klarheit und Gelassenheit zu meistern.
Meditation fördert die Entscheidungsfindung und kreative Problemlösungen sowie die Fähigkeit, die Dinge aus einer neuen Perspektive zu sehen – ein unschätzbarer Vorteil in einer innovations- und flexibilitätsorientierten Welt.
Sie ist auch kein Mindfuck, also ein Gedankenmuster, mit dem wir uns selbst im Wege stehen. Sie ist ein Übungsweg, der mindestens viel Disziplin und Kontinuität erfordert, wie die Steigerung der Kondition oder die Stärkung der Bauchmuskulatur.
Wenn Sie sich nun mit Meditation beschäftigen wollen, wo fangen Sie an? Klären Sie Ihre Zielsetzung. Meditation ist ein weites Feld. Welches Ergebnis soll sich in den kommenden drei Monaten einstellen?
Möchten Sie Ihre Konzentration verbessern, präsenter werden, mehr bei sich sein, Ihre Kreativität fördern, positive Emotionen kultivieren, Stress abbauen oder gelassener werden? Eine klare Zielsetzung ist bei der Meditationspraxis sinnvoll, um sich selbst eine klare Orientierung zu geben.
So lange sollten Sie meditieren
Sie sollten dann aber nicht täglich am Grashalm ziehen, um zu sehen, ob der Erfolg sich schon eingestellt hat, sondern sich einfach und bewusst Ihrer täglichen Praxis hingeben. Diese sollte 20 Minuten lang sein. Natürlich können Sie auch kürzer oder länger meditieren, aber 20 Minuten sind für fast jeden machbar und effektiv.
In der klassischen Literatur zum Thema Meditation wird empfohlen, in den frühen Morgenstunden oder vor dem Schlafengehen zu meditieren.
Schauen Sie für sich selbst, wann es am besten in Ihren Tagesablauf passt, und schaffen Sie sich bewusst Zeit für Ihre Meditationspraxis. Wählen Sie einen ruhigen Ort – am besten immer denselben –, denn dadurch entsteht eine Verknüpfung mit dem meditativen Zustand. Lieber nicht draußen auf einer Wiese im Park, denn dort könnte plötzlich ein Hund an Ihnen schnüffeln, oder das Brummen einer Hornisse wird zur unnötigen zusätzlichen Herausforderung.
Nicht der Schneidersitz ist entscheidend, die Haltung ist es.
Wählen Sie einen bequemen, aufrechten Sitz, der einer wachsamen Grundhaltung förderlich ist. Quälen Sie sich also um Himmels willen nicht in einen Lotussitz, nur um dem äußeren Bild eines perfekten Meditierenden gerecht zu werden.
Wenn Sie im Schneidersitz sitzen möchten, empfiehlt es sich, auf einem oder vielleicht sogar zwei übereinander gestapelten, festen Kissen zu sitzen. Auf jeden Fall sollte sich Ihr Becken im Schneidersitz oberhalb Ihrer Knie befinden, denn nur dann wird es Ihnen möglich sein, würdevoll und mühelos aufrecht zu sitzen.
Sie können aber genauso gut auch im Fersensitz meditieren. Dafür gibt es kleine, speziell für diesen Zweck gefertigte Meditationsbänkchen – sogar als Reiseversion mit einklappbaren Beinen. Es ist auch überhaupt kein Armutszeugnis, wenn Sie auf einem Stuhl oder einem Hocker sitzend meditieren. Wenn Sie sich dafür entscheiden, sitzen Sie auf der vorderen Kante der Sitzfläche, um auch hier Ihre Wirbelsäule bestmöglich aufzurichten.
Theoretisch können Sie auch liegend meditieren. Diese Variante sollten Sie aber nur wählen, wenn Sie dabei nicht ständig wegdämmern, sondern präsent bleiben können. Als Faustregel gilt, dass der Meditationssitz stabil und angenehm zugleich sein sollte – weder einfach in den Sessel lümmeln noch so, als hätten Sie einen Stock verschluckt.
Sie sitzen – was nun?
Es ist recht unwahrscheinlich, dass Sie in der Meditation in einen fortwährenden Glückseligkeitszustand eintauchen. Wahrscheinlich ist das Gegenteil der Fall, und Ihr inneres Gedankenkarussell nimmt volle Fahrt auf.
Es ist also ein Trugschluss zu glauben, dass Sie willentlich Ihre Gedanken, Emotionen und Empfindungen einfach anhalten können. Was Sie aber lernen können, ist, das Feld all Ihrer Befindlichkeiten wohlwollend wahrzunehmen – ohne sich in ihnen zu verstricken. Meditation bietet Ihnen die Chance, Ihre Aufmerksamkeit systematisch zu trainieren.
Beobachten Sie schlicht und einfach, wie die Luft durch die Nase ein- und ausströmt, ohne dies zu verbessern oder zu verändern. Einfach wahrnehmen. Natürlich wird Ihr Geist immer wieder abwandern, das bringt die Sache so mit sich. Jedes Mal, wenn Sie merken, dass Sie gedanklich abwandern, kommen Sie einfach wieder zurück in den gegenwärtigen Moment und lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit jedes Mal wieder treu zurück zum Atem.
Ich fand diese Lektion in Demut früher grottenlangweilig, weil mir der Sinn und Zweck dieser Sisyphusarbeit nicht einleuchtete. Warum sollte ich meine kostbare Zeit damit verbringen, immer wieder nur den Atemvorgang wahrzunehmen, wenn ich ohnehin ständig das Gefühl hatte, dass die Tage viel zu kurz sind, um alle Aufgaben zufriedenstellend zu erledigen?

Erst mit der Zeit konnte ich erkennen, dass ich in meinem grundsätzlichen Getriebensein immer noch etwas draufgepackt habe, weil auf die Errungenschaften sofort der Wunsch nach noch höheren Zielen aufkam. Mich nervten die Müßiggänger, die jeglichen Gestaltungswillen herabwürdigten und vehement behaupteten, dass es einzig und allein im Leben darauf ankommt, den Augenblick zu genießen.
Ehrlich gesagt, nerven mich solche Einbremser mit erhobenem Zeigefinger immer noch, aber ich habe trotzdem etwas Wichtiges durch das regelmäßige Meditieren gelernt – nämlich, dass ein gewisses Maß an Souveränität und ein höheres Leistungsniveau geistige Sammlung und genügend Gelassenheit erfordern.







