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EU-KolumneDie EU sollte als Antwort auf den IRA die Kapitalmarktunion beschleunigen

Für den grünen Umbau der Wirtschaft muss die EU Hunderte Milliarden Euro mobilisieren. Am besten wäre es, die Kapitalmarktunion zu beschleunigen. Es gibt nur ein Problem.Carsten Volkery 31.01.2023 - 12:32 Uhr Artikel anhören

Die Kommission hatte bereits 2015 einen Aktionsplan vorgelegt, um aus den 27 Märkten schrittweise einen Binnenmarkt zu machen.

Foto: dpa

Wie sollte die EU auf das gewaltige US-Subventionspaket für grüne Technologien reagieren? Die Frage wird diese Woche an Fahrt aufnehmen, wenn die Brüsseler Kommission am Mittwoch einen ersten Vorschlag vorlegt.

In einem Gastbeitrag der „Financial Times“ haben die drei Kommissionsvizes Margrethe Vestager, Valdis Dombrovskis und Frans Timmermans bereits einen Akzent gesetzt, der in der Debatte bisher untergeht.

Sie weisen darauf hin, dass die EU statt Subventionen vielmehr dringend private Investitionen benötige, um beim Rennen um die Schlüsseltechnologien der Zukunft mithalten zu können. Das Trio empfiehlt daher, die Kapitalmarktunion voranzutreiben.

Die Idee ist richtig: Ein EU-weiter Kapitalmarkt wäre nicht nur attraktiver für internationale Unternehmen und Investoren. Deutsche Anleger könnten beispielsweise auch vom Wachstum lettischer Softwareschmieden profitieren, italienische Sparer den deutschen Windkraftausbau finanzieren.

Das Problem: Mit der Kapitalmarktunion verhält es sich ähnlich wie mit dem Bürokratieabbau. Sie wird in Sonntagsreden und Positionspapieren von Ministerien gern gefordert. Wenn es jedoch an die Umsetzung geht, tauchen immer viele Gründe auf, warum dieses oder jenes doch nicht geht.

Genauer gesagt sind es 27 Gründe. Denn so viele nationale Kapitalmärkte gibt es in der EU. Regierungen, Aufseher, Verbände und Unternehmen verteidigen bei dem Thema vehement nationale Besitzstände.

Reformen wirken wie Stückwerk

So ist es kein Wunder, dass die europäischen Kapitalmärkte im internationalen Vergleich unterentwickelt sind. Laut einer Studie des Thinktanks New Financial finanzieren sich europäische Unternehmen weiterhin zu 75 Prozent über Bankkredite. Nur ein Viertel des Finanzierungsbedarfs wird durch Anleihen am Kapitalmarkt gedeckt. In den USA ist das Verhältnis zwischen Krediten und Anleihen umgekehrt.

Jede Woche analysiert Carsten Volkery, Handelsblatt-Korrespondent in Brüssel, im Wechsel mit seinen Kollegen des Brüsseler Handelsblatt-Büros Trends und Konflikte, Regulierungsvorhaben und Strategiekonzepte aus dem Innenleben der EU. Denn wer sich für Wirtschaft interessiert, muss wissen, was in Brüssel läuft. Sie erreichen ihn unter: volkery@handelsblatt.com

Foto: Klawe Rzeczy

Die Kommission hatte daher bereits 2015 einen Aktionsplan vorgelegt, um aus den 27 Märkten schrittweise einen Binnenmarkt zu machen. Doch geht die Integration nur sehr schleppend voran. Zuletzt hat EU-Finanzkommissarin Mairead McGuinness im Dezember drei Gesetzesvorschläge vorgelegt, um das Insolvenzrecht zu harmonisieren, also alle Regeln anzugleichen, Börsengänge zu erleichtern und mehr Euro-Clearing-Geschäfte aus London in die EU zu locken. Ein Clearinghaus steht zwischen Käufer und Verkäufer und wickelt Wertpapiergeschäfte ab.

Alle drei Reformen sind wichtige Bausteine einer Kapitalmarktunion. Im Moment schwankt die Länge der Insolvenzverfahren je nach Land zwischen sieben Monaten und sieben Jahren. Diese Unsicherheit schreckt Investoren ab. Eine Harmonisierung ist also dringend nötig.

Auch dass die Kommission Börsengänge erleichtern will, ist überfällig. So lassen sich europäische Gründer vielleicht künftig davon abhalten, in den USA an die Börse zu gehen. Der Aufbau funktionierender Clearingmärkte ist ebenfalls wichtig.

Und doch wirken diese Reformen wie Stückwerk. Denn an den Grundstrukturen der nationalen Kapitalmärkte wird nicht gerüttelt. Risikokapitalgeber arbeiten häufig nur in ihrem eigenen Land und haben wenig Ahnung von Unternehmen im Nachbarland.

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Börsenbetreiber wehren sich gegen zentrale Datenbanken, die Anlegern aktuelle Informationen aus ganz Europa zugänglich machen. Regierungen lehnen eine einheitliche Quellensteuer für Kapitalerträge ab. Nationale Finanzaufsichten verteidigen ihren Einflussbereich. Die Liste ließe sich endlos fortsetzen.

Schon 2020 kam eine EU-Arbeitsgruppe unter Leitung von Thomas Wieser zu dem Schluss, die Kapitalmarktunion sei „dringender denn je“. Doch eine neue „Europa-Geschwindigkeit“ bei dem Thema vermisst man bis heute. Vergangenes Jahr erst ist die Bankenunion am Widerstand der deutschen Sparkassen gescheitert. Deshalb wirkt es immer etwas ratlos, wenn Politiker fordern, die Kapitalmarktunion zu beschleunigen.

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