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Kolumne „Out of the box“Management: Der Erfolg liebt den Zufall

Unternehmen sollten weniger planen und mehr dem Zufall überlassen. So können Mitarbeiter ungeplante Potenziale entdecken: durch Intuition, Aufmerksamkeit und Sensibilität.Frank Dopheide 04.04.2023 - 18:45 Uhr Artikel anhören

Frank Dopheide ist Gründer und Geschäftsführer der Unternehmensberatung Human Unlimited, die sich auf das Thema „Purpose“ spezialisiert hat. Zuvor war er unter anderem Sprecher der Geschäftsführung der Handelsblatt Media Group und Chairman von Grey Worldwide.

Foto: Klawe Rzezcy, Getty Images

Manager lieben Pläne. Sie sind der Ankerpunkt unternehmerischer Führung. Ein Plan macht die große Vision portionierbar und ist der erste Schritt zur Umsetzung. Wer einen Plan hat, der hat erst einmal Ruhe vor den lästigen Fragen von Mitarbeitenden, Börse und Medien. Damit kann man arbeiten. Doch ein Plan muss geschmiedet werden und das ist ein echter Knochenjob. Abermillionen Arbeitsstunden lang schwitzt die Organisation, bis dieser abgestimmt und freigegeben ist.

Ist der Plan erst einmal in der Welt, verlangen der Erfolg und der Vorstand, dass sich jeder an diese Vorgabe hält. Das führt möglicherweise in eine Falle. Fokussiert macht sich das Unternehmen ans Werk und wird betriebsblind für Dinge, die außerhalb der Handlungsanweisung liegen. Das Unternehmen trägt Scheuklappen.

Jede Handlung ist vorprogrammiert. Nichts wird dem Zufall überlassen. Das ist der entscheidende Fehler im System. Denn Dr. Zufall ist der erfolgreichste Mitarbeiter aller Zeiten – weltweit.

„Nie habe ich eine meiner großen Entdeckungen durch den Prozess des rationalen Denkens gemacht“, ließ uns schon Albert Einstein wissen. Die besten Ideen fallen uns nicht ein, sondern auf – wir kennen die Geschichten von Penicillin, Porzellan, Teebeutel und Post-it.

Der Zufall eröffnet Unternehmen Chancen über Nacht. Öffnet man ihm die Tür, dann können aus Freundschaft, aus Liebe oder aus purer Wut weltbewegende Dinge geschehen. Der Musiker Mike Oldfield war am Boden zerstört, weil kein Verlag sein Erstlingswerk herausbringen wollte. Sein Freund und Besitzer eines Schaltplattenladens Richard Branson nahm die Dinge in die Hand. 15 Millionen verkaufte „Tubular Bells“-Platten später freuen sich die beiden noch immer über diesen Zufall. Und über das neue Unternehmen Virgin Records, schließlich war es wie die Jungfrau zum Kind dazu gekommen. Heute setzt die Virgin Group knapp 17 Milliarden mit 70.000 Beschäftigten um.

Frank Dopheide: Radikal Neues lässt sich nicht mit vorgefertigten Parametern greifen.

Als Branson Jahre später auf dem Flughafen festsaß und nicht zu seiner neuen Freundin auf die Virgin Islands konnte, rechnete er, was es kostete, einen Jet zu mieten. Er bot allen anderen „Festsitzern“ einen Sitzplatz für 39 Dollar an. In Minuten war der Flug ausgebucht. Der Start von Virgin Atlantic.

Steve Jobs liebte seine Plattensammlung mehr als Computer. Was ihn dazu brachte, ein portables Gerät zu entwickeln, um tausend Songs immer in Reich- und Hörweite zu haben. Der iPod verkaufte sich knapp 500 Millionen Mal.

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Manchmal hilft aber auch eine gehörige Portion Wut dem Zufall auf die Sprünge. George Crum war Koch am Hudson in New York, als sich einer der Stammgäste wiederholt über die Dicke der Bratkartoffeln beschwerte – Cornelius Vanderbilt, der damals reichste Mensch der Welt. Dem Chefkoch platze der Kragen, er schnitt die Kartoffel in hauchdünne Scheiben, frittierte sie, dass sie mit der Gabel nicht mehr aufzuspießen waren, um sie dann gehörig zu versalzen. Der Gast fand es köstlich und die Kartoffelchips waren erfunden.

Das Nationalgericht der Amerikaner – jeder verschlingt im Schnitt neun Kilo und sorgt damit für 30 Milliarden Dollar Umsatz jährlich. Das lässt sich nicht planen. Vermutlich hatte auch Jeff Bezos andere Pläne für Amazon, als Videofilme zu drehen und Computerspeicherplatz zu vermieten. Aber die Web Services liefern heute schon den größten Teil des Profits. Wer hätte das gedacht.

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Darum ist es zukunftsentscheidend, in Ihrer Organisation dem Zufall eine Tür zu öffnen. Radikal Neues lässt sich nicht mit vorgefertigten Parametern greifen. Die Welt steht kopf, geben Sie ihr eine Chance, sich selbst zu erfinden, und sorgen Sie dafür, dass die Mitarbeitenden ungeplante Potenziale entdecken: durch Intuition, Aufmerksamkeit und Sensibilität.

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Effectuation ist der neue Begriff für ein altes Phänomen. Statt auf große Planung setzt es auf große Handlungsfähigkeit. Statt Fokussierung ist die Aufgeschlossenheit die Kernvoraussetzung. Ein Denkmodell, das dem Zufall und dem Unternehmen auf die Sprünge hilft. Nennen wir es aktives Glück.

Planen Sie also das Ungeplante unbedingt mit ein. Es rechnet sich.

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