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KonsumDer Luxus von heute ist ein Alptraum für die Luxus-Industrie

Der Firmenwagen lockt keinen mehr. Bling-Bling ist auf dem Rückzug. Dabei geben auch die neuen Luxus-Konsumenten viel Geld aus – nur für etwas ganz anderes, erklärt Frank Dopheide. 24.01.2025 - 08:30 Uhr Artikel anhören
Frank Dopheide ist Gründer und Geschäftsführer der Unternehmensberatung human unlimited, die sich auf das Thema „Purpose“ spezialisiert hat. Zuvor war er unter anderem Sprecher der Geschäftsführung der Handelsblatt Media Group und Chairman von Grey Worldwide. Foto: Klawe Rzezcy, Getty Images

Mark Zuckerberg trägt jetzt Goldkettchen und Armbanduhr – genau genommen die „Greubel Forsey Hand Made 1“ im Wert von fast einer Million Dollar. Das Foto führt zu weltweitem Kopfschütteln und beweist, dass US-amerikanische Multimilliardäre, Gangster-Rapper und Basketballstars auf einem anderen Planeten leben.

Bling-Bling und Show-off ist in der realen Welt eher auf dem Rückzug. Dematerialisierung heißt das neue Schreckenswort, das die Lebens-, Arbeits- und Luxuswelt aus ihren gewohnten Bahnen wirft.

Auslöser ist die digitale Technologie, die sich wie Isolierschaum zwischen uns und unser Leben drängt und zu realen Auflösungserscheinungen führt. All das, was früher unser Büro veredelte, ob Schreibmaschine, Terminplaner, Telefon, Bilderrahmen oder Wiedervorlagemappe, ist längst vom Smartphone geschluckt worden: praktisch, handlich, gut. Kein Wunder, das niemand mehr ins Büro kommt, wenn wir das Büro doch jederzeit griffbereit in der Hosentasche haben.

Wohin wir auch blicken, das Leben ist in Nullen und Einsen durchprogrammiert und hinter der Bezahlschranke entmonetarisiert: einkaufen, produzieren, informieren, konsumieren, selbst erotisieren. Alles ist digital möglich, günstiger, bequemer und virtueller als je zuvor. Die Welt löst sich auf.

Die Technologiesprünge haben wahrscheinlich diese fundamentale menschliche Einstellungsveränderung befeuert, die nun unser Leben auf den Kopf stellt. Die US-Psychotherapeutin Esther Perel formuliert diesen „Systemwechsel“ in unseren Breitengraden so: „Früher lebten Menschen privat und beruflich in einer Produktionsgesellschaft. Sie mussten Dinge und Kinder produzieren, um zu überleben. Scheidung oder Sabbatical waren in diesem System undenkbar.“

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Mit der Zeit und der Industrialisierung sei der Wohlstand gewachsen und habe die Servicegesellschaft geformt. „Man baute sich ein Leben auf und gönnte sich was, heiratete aus Liebe, setzte Kinder in die Welt und baute sich ein schönes Leben mit schönen Dingen auf.

Auch die Partnerschaft veränderte sich – „Sex as a Service statt Überlebensmotiv“, sagt die Psychologin. Doch nun seien wir auf dem Weg in die Identifikationsgesellschaft. Das Freiheitsmotiv, das Generationen antrieb, sei auserzählt und werde als gegeben genommen. Die Selbstentfaltung werde zum neuen Treibstoff.

Kommt Ihnen das bekannt vor? Mitarbeitende kündigen ohne konkrete Schmerzpunkte und ohne neuen Job, weil sie etwas Neues probieren wollen. Dasselbe Argument finden wir auch in Partnerschaften. Ohne Streit, Affäre und aus heiterem Himmel trennt sich ein Partner, geleitet durch die innere Sehnsucht, etwas Neues und sich selbst neu auszuprobieren. Dabei haben Work und Life mittlerweile denselben Anforderungskatalog.

Konsum: Neue Werte, neuer Luxus

Die Anspruchshaltung gegenüber dem eigenen Lebenspartner und dem Arbeitgeber sind deckungsgleich. Man will alles: Vertrauen und Sicherheit, Empathie und Sinnhaftigkeit, genauso wie Inspiration und Veränderungsfähigkeit. Die beste Version seiner selbst zu werden, ist die propagierte Aufgabe des modernen Lebens.

Und das verändert Privat- und Berufsleben sowie die Konsum- und Luxusindustrie. Schritt für Schritt wechselt das Interesse von außen nach innen, von Bling-Bling zu Sinn-Sinn, von Illusion zu Identifikation, von Haben zu Erleben. Der Firmenwagen lockt heute keinen mehr hinterm Ofen hervor, die Aussicht auf ein Sabbatical nach drei Jahren solider Arbeit bewegt da mehr.

Während die Ikonen der Luxusindustrie wie Gucci, Burberry und Porsche erstmals den kalten Gegenwind nachlassender Kundenliebe spüren, steigt die weltweite Sehnsucht nach persönlichen Erlebnissen. Die „Experience-Economy“ klettert in neue Dimensionen und damit auch die Ticketpreise für Konzerte. Adele war in Las Vegas für 2000 bis 4000 Dollar die Karte zu sehen. Eine Studie der Ticketverkaufsplattform Eventbrite ermittelte: 78 Prozent der Millennials geben ihr Geld lieber für ein Erlebnis aus als für ein Produkt.

Die beste Version seiner selbst zu werden, ist die propagierte Aufgabe des modernen Lebens.
Frank Dopheide
Unternehmensberater

Das zieht sich bis zu den Babyboomern durch. Gestandene Manager sind längst zur Kernzielgruppe für das Wellnessresort Lanserhof oder die Buchinger-Wilhelmi-Heilfastenkliniken geworden. Was einst ein Kurort für wohlhabende Menschen im Rentenalter war, ist heute eine internationale Pilgerstätte der Selbstfindung und Selbstentfaltung. Ein Luxusarrangement inklusive Suite mit Seeblick kostet da schon mal so viel wie ein Porsche Macan.

Das „Ich“ als Luxusgut. In einer Welt, die aus den Fugen geraten ist, konzentrieren sich die Menschen mehr und mehr auf das Entscheidende – sich selbst. Mit großer Hingabe und Investments sorgt man dafür, dass das „Ich“ bestens ausgestattet und gepflegt ist.

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So ist das neueste Must-have im Silicon Valley eine einstündige Ganzkörper-MRT ohne jede medizinische Indikation. Zum Preis eines Cartier-Rings bekommt man farbige Bilder tief aus seinem Inneren und das gute Gefühl, das eigene „Ich“ sichtbar unter Kontrolle zu haben. Probieren Sie es mal aus.

Mehr: Deutschland braucht einen Reset statt ein Update

Erstpublikation: 21.01.2025, 18:52 Uhr.

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