Lars Felds Ordnungsruf: Der Rüstungs- und Energiedeal ist gut für Europa

Die Grundsatzeinigung zwischen den USA und der Europäischen Union (EU) kommt rechtzeitig vor der gesetzten Frist vom 1. August zustande. So lautet die wichtigste wirtschaftspolitische Nachricht des Wochenendes. Die allgemeine Einschätzung steht ebenfalls fest: Die EU geht als Verliererin aus den Verhandlungen hervor.
Sie hat ein asymmetrisches Abkommen akzeptiert – mit 15 Prozent Zoll auf Waren und Dienstleistungen, die aus der EU in die USA exportiert werden, und keinen Zöllen auf eine Vielzahl von Importgütern aus den USA.
Hinzu kommt die Vereinbarung, Rüstungsgüter sowie Flüssiggas, Öl und Kernbrennstoffe in größerem Umfang – Donald Trump spricht von 750 Milliarden US-Dollar – zu kaufen und zusätzliche Investitionen in den USA von 600 Milliarden US-Dollar zu realisieren.
Der volle Effekt ist noch nicht absehbar
Die Details des Abkommens stehen aber noch aus. Für eine vollständige Einschätzung bleibt daher abzuwarten, wie diese Details aussehen. Verlautet wurde, dass die EU ebenfalls Zollfreiheit für eine Reihe ihrer Exporte in die USA erhält, darunter Luftfahrtkomponenten, Chemikalien, Generika, Halbleiterausrüstung, Agrarprodukte und einige kritische Rohstoffe. Hingegen bestehen die deutlich höheren Zölle auf Stahl und Aluminium fort, und die Belastung für Exporte von Medikamenten in die USA ist noch unklar.
Für die Wirtschaft, vor allem für die exportorientierten deutschen Unternehmen, bedeutet dieser Deal zuallererst eine deutlich höhere Zollbelastung als vor Trumps Ankündigung am sogenannten „Liberation Day“. Dies belastet den Export. Unklar ist indes, wie sich die Zölle auf die Wertschöpfungsketten der in den USA produzierenden europäischen Unternehmen, nicht zuletzt der deutschen Automobilindustrie, auswirken werden.
Der volle Effekt, der den amerikanischen Konsumenten durch damit verursachte Preiserhöhungen entsteht, ist also noch offen. Gleichwohl könnte das Handelsvolumen zwischen den USA und der EU insgesamt zurückgehen. Die verbleibende Unsicherheit belastet die Konjunktur jedenfalls.
Wie damit die Zahlungsbilanzungleichgewichte der USA abgebaut werden sollen, erschließt sich nicht. Geringere Exporte in die USA zusammen mit den vereinbarten höheren Importen aus den USA in die EU zielen auf einen Abbau des Leistungsbilanzdefizits ab.
Hingegen führen höhere Investitionen von europäischen Firmen in den USA in Verbindung mit der steigenden Staatsverschuldung, die aus den geringeren Steuereinnahmen aufgrund der „One Big Beautiful Bill“ resultiert, zu einem stärkeren Kapitalimport. Einem höheren Nettokapitalimport muss zwingend ein höheres Leistungsbilanzdefizit entsprechen.
Für sich genommen sind die höheren Importe von Energieträgern aus den USA in die EU im Geflecht der bestehenden geostrategischen Rivalitäten eher positiv zu bewerten. Der EU wird es dadurch gelingen, russische Öl- und Gasimporte stärker zu reduzieren als derzeit. Zusätzliche Rüstungsimporte aus den USA sind ebenfalls weniger kritisch zu sehen.
Die europäische Rüstungsindustrie arbeitet an der Kapazitätsgrenze. Kapazitätsausweitungen gehen langsam vonstatten. Wollen die Mitgliedstaaten aufrüsten, benötigen sie militärisches Gerät aus den USA.
Wir müssen die richtigen Schlüsse daraus ziehen
Dies trifft vor allem für Deutschland zu, das seine Verteidigungsfähigkeit in kurzer Zeit wiederherstellen will. Gleichwohl gilt für die Rüstungsindustrie wie für andere Branchen: Die Wertschöpfungsketten sind internationalisiert, im Rüstungsbereich verstärkt unter den Staaten des Westens.
Zölle in Höhe von 15 Prozent können hier genauso wie im zivilen Bereich zu Kostensteigerungen und Ineffizienzen führen. So bleibt für die Entwicklung einer größeren Eigenständigkeit der Europäer im Rüstungsbereich genügend Potenzial.
Die Botschaft höherer Rüstungs- und Energieimporte aus den USA ist überhaupt eine andere: In dieser Hinsicht rücken die USA und die EU enger zusammen. Das militärische Bündnis wird eher gestärkt.
Die Zollpolitik Trumps trägt den Kern der Spaltung des Westens in sich, der Rüstungs- und Energiedeal ist der Kitt für einen weiteren Zusammenhalt. China und Russland werden dieses Signal wahrnehmen.
Der EU ist wohl kaum etwas anderes als die Akzeptanz dieser Handelsvereinbarung übrig geblieben. Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen nun die richtigen Schlüsse daraus ziehen. Es gilt, möglichst rasch das Handelsabkommen mit den Staaten des Mercosur zu ratifizieren. Hinzukommen müssen weitere Handelsverträge.






Die Verhandlungen der EU mit Australien, Indien, Indonesien und weiteren Staaten müssen zu einem guten Abschluss gebracht werden. Vor allem aber sollten die Handelsbarrieren innerhalb der EU, nicht zuletzt im Dienstleistungsbereich, abgebaut und die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft durch marktwirtschaftliche Reformen gestärkt werden.








